Meeresschutz Adria und Mittelmeer

Adria und Mittelmeer gehören zu den am stärksten überfischten, am meisten befahrenen, verlärmten und vermüllten Meeresgebieten.

Zusätzlich stehen sie durch Übertourismus unter immensem Nutzungsdruck. Hinzu kommen invasive Arten wie die gefürchteten Blaukrabben, Kugelfische, Feuerwürmer, Rotfeuerfische und der Langstachelige Seeigel. Überhitzung und Versauerung des Meerwassers sind im Mittlemeer besonders ausgeprägt.

Aufgrund stark verschmutzter Küstengebiete gilt das Mittelmeer als ein Hotspot der Plastikvermüllung. Dies ist das Ergebnis eines Berichts von UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) von 2020 zum Zustand des Mittelmeerraums: Jeden Tag geraten entlang der 46.000 km langen Mittelmeerküste rund 730 Tonnen Plastikmüll ins Meer.

Dieser Müll wird Meerestieren zum Verhängnis, nicht nur, weil sie sich darin verfangen oder ihn als vermeintliche Beute verspeisen. Plastikmüll zerfällt im Ozean langsam in immer kleinere Fragmente und verschwindet wahrscheinlich nie ganz. Und so verwandelt sich das Mittelmeer in eine regelrechte Plastiksuppe, deren kleine Bestandteile (Mikro- und Nanoplastik) Meerestiere unabsichtlich mit der Beute aufnehmen.

Dabei ist Mikroplastik für Filtrierer wie Bartenwale oder Riesenhaie besonders gefährlich. Denn sie nehmen Unmengen dieser Plastiksuppe mit der Nahrung auf.

Um die toxischen Auswirkungen von Mikroplastik zu bestimmen, untersuchten Forscher um Maria Cristina Fossi1 im Mittelmeer lebende Finnwale und Riesenhaie. Die großen Filtrierer nehmen Unmengen Wasser auf, aus dem sie sich ihre Nahrung – Plankton und Kleingetier – herausseihen. Auf diese Weise verschlucken sie mit der Plastiksuppe auch jede Menge kleinteiliges Plastik, sowohl direkt als auch über das Zooplankton.

Mikroplastik an Frankreichs Atlantikküste.
Mikroplastik, © Fraunhofer UMSICHT/Leandra Hamann

Bei Finnwalen entspricht ein „Mundvoll“ rund 70.000 Litern Wasser, das sie dann durch ihre Barten wieder herauspressen. Die Beute bleibt an den Barten hängen und wird verschluckt. Bei Riesenhaien dienen Kiemenreusen als Filter.

Die Forscher untersuchten Gewebeproben der Tiere auf Phthalate (Kunststoff-Weichmacher) und chlororganische Verbindungen wie DDT und PCBs. Dabei stammten die Proben der Riesenhaie von Beifangopfern in der Fischerei. Die Proben der Finnwale stammten dagegen von zwischen 2007 und 2012 an unterschiedlichen Orten der italienischen Küste gestrandeten Tieren.

Das Ergebnis war niederschmetternd: Im Mittelmeer besteht grundsätzlich eine hohe Konzentration an Mikroplastik. Die geschätzte durchschnittliche Menge der Plastiksuppe im Meer im Schutzgebiet des Pelagos Sanctuary entspricht schätzungsweise sogar der des großen Müllstrudels im Nordpazifik!

Seit Langem ist bekannt, dass die Tiefsee eine bedeutende Senke für Müll jeglicher Art, insbesondere für Plastikmüll, ist. Und doch weiß man nur wenig darüber, denn immer noch gehört die Tiefsee zu den am wenigsten bekannten Regionen der Erde. Studien in mehreren tausend Metern Tiefe sind teuer und können nur von Spezialisten durchgeführt werden.

Im Februar 2025 veröffentlichten Georg Hanke von der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der EU-Kommission und Kollegen eine erste detaillierte Auswertung2 über Makroabfälle am Meeresboden an der tiefsten Stelle des Mittelmeers, dem 5.122 m tiefen Calypsotief im Ionischen Meer.

Für die 2020 durchgeführten Untersuchungen kam das berühmte HOV-Tiefseetauchboot (Human Occupied Vehicle) Limiting Factor3 von Caladan Oceanic zum Einsatz.

Die Resultate sind erschreckend, denn im Calypsotief stießen die Forscher auf die höchsten Müllmengen, die jemals in einer Tiefseeumgebung dokumentiert wurden. Nach ihren Berechnungen aus der Bildanalyse beträgt die Müllmenge am Meeresboden im Calypsotief 26.715 Gegenstände/km2.

Auf den mit Limiting Factor aufgezeichneten Videos konnten die Forscher 148 Müll-Objekte eindeutig identifizieren. Hinzu kommen 19 weitere Objekte, bei denen die Wissenschaftler nicht sicher sind, ob sie anthropogenen Ursprungs sind oder nicht.

Makroabfälle am Meeresboden im Calypsotief, dem tiefsten Punkt des Mittelmeers.
Beispiele für identifizierte Abfallartikel aus Plastik (A bis H), Tetra-Pak (I), Metall (J), und Glas (K und L),
© https://doi.org/10.1016/j.marpolbul.2025.117610

Von den identifizierbaren Objekten am Meeresboden im Calypsotief waren 88 % aus Plastik (Flaschen, Becher, Seile, Folien oder Tüten). Der übrige Müll bestand aus Glas, Papier, Tetra Paks und Metall.

Das Mare Nostrum ist ein Klima-Hotspot. Für GEOMAR4 ist das Mittelmeer ein „natürliches Labor“, ein „Frühwarnsystem“, denn es erwärmt sich schneller und stärker als offene Ozeane. Seit dem Sommer 2022 werden hier fast kontinuierlich und flächendeckend um ca. 5 Grad zu hohe Temperaturen an der Wasseroberfläche gemessen. An vielen Stellen liegen sie oberhalb von 30 Grad. Laut Daten des Erdbeobachtungsdienstes Copernicus war der Juli 2025 mit einer durchschnittlichen Wassertemperatur von 26,9 Grad der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen für das Mittelmeer.

In der Folge führen marine Hitzewellen zu wiederholtem Massensterben unter sesshaften (sessilen) Meerestieren (Großalgen, Seegraswiesen, Korallen). Gleichzeitig gibt es immer mehr Quallen. Denn sie profitieren von steigenden Meerestemperaturen, wie die Feuerqualle Pelagia noctiluca, auch Nachtleuchtende genannt.

Die Folgen sind verheerend: andauernde Hitzeblasen mit Temperaturen an Land von über 45 Grad in fast allen beliebten Urlaubsländern, von Spanien über die Balkanländer bis in die Türkei. Die extremen Temperaturen begünstigen die Ausbreitung von massiven Waldbränden im Sommer und Starkregenereignisse im Herbst.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten in vielen Regionen des Mittelmeers noch große Bestände von Grünen Meeresschildkröten, Unechten Karettschildkröten und Lederschildkröten.

Heute stehen die Meeresreptilien wegen des starken Ausbaus des Küstentourismus und der damit verbundenen Zerstörung von Lebensräumen (Seegraswiesen, Korallenriffe, strukturierte Küstensäume) für Hafenanlagen, touristische Resorts und Hotels unter Druck.

In dem 2020 veröffentlichten Bericht „Conservation of Sea Turtles in the Mediterranean Sea“ spricht die Weltnaturschutzorganisation IUCN von jährlich zwischen 33.000 bis 39.000 durch verschiedene Fischereitätigkeiten getöteten Schildkröten im Mittelmeer.

Im Mittelmeer nisten etwa 1.822 Weibchen und legen jedes Jahr etwa 8.000 Nester. Die Population wächst. Auf der Roten Liste ist die Mittelmeer-Population als „ungefährdet“ (least concern) gelistet.

Unechte Karettschildkröte unter Wasser
© Lewis Burnett/Ocean Image Bank

Seit Oktober 2025 gilt die Grüne Meeresschildkröte (Chelonia mydas) laut Roter Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN als nicht mehr gefährdet. Ein großartiger Erfolg im internationalen Artenschutz!

Die Zahl der Nester an Stränden im Mittelmeerraum liegt laut Schätzungen von 2024 bei ca. 6.000. Wobei sich allein an der türkischen Akyatan-Lagune etwa 20 % der Gesamtzahl der Nester im Mittelmeerraum befinden. Es ist der größte bekannte Niststrand in der Region.

Grüne Meeresschildkröte frisst Seegras.
© P. Lindgren, CC BY-SA 3.0

Lederschildkröten sind die pelagischsten Meeresschildkröten. Während ihrer langen Wanderungen kommen Individuen aus dem Atlantik auch ins Mare Nostrum nisten hier jedoch nicht. Wie viele es sind, ist nicht bekannt.

Schwimmende Lederschildkröte in Begleitung eines Schwarms Fische.
© Emilie Ledwidge/Ocean Image Bank

Es gibt etwa 40 Rettungszentren und Erste-Hilfe-Einrichtungen im Mittelmeerraum, die auf die Bergung und tierärztliche Versorgung verletzter Meeresschildkröten spezialisiert sind. Die Initiative MEDASSET listet alle Stationen.

Laut einer Studie5 französischer und belgischer Wissenschaftler aus dem Jahr 2020 sind 6,01 Prozent der Fläche des Mittelmeers formal als Meeresschutzgebiete (MPAs) ausgewiesen.

Damit liegt das von der Biodiversitätskonvention 2022 verabschiedete 30-×-30-Ziel in weiter Ferne. Doch nicht nur das. In 95 % der 1.062 Mittelmeer-MPAs gibt es keine Beschränkung für menschliche Nutzungen wie Fischerei, Schifffahrt oder Tourismus. Es sind nutzlose Paper-Parks.

Meeresschutzgebiete wirken sich im Mittelmeer lediglich auf 0,23 Prozent der Fläche (oder 3,42 Prozent von allen geschützten Gebieten) positiv für den Erhalt der Artenvielfalt aus.

Die Studie zeigte auch, dass sich fast alle Mittelmeer-MPAs in Gewässern der EU befinden. Darunter 80 Prozent mit vollem (fully protected) und 63 Prozent mit hohem (highly protected) Schutzniveau. Die größten voll geschützten MPAs hat Griechenland ausgewiesen.

Grafik: Übersicht Meeresschutzgebiete im Mittelmeer und ihr jeweiliger Schutzstatus.
© Underprotected Marine Protected Areas in a Global Biodiversity Hotspot

Logo von MareMundi.
Logo Project Manaia
Logo von Delphis.

Titelfoto: PublicDomainPictures from Pixabay



  1. Fossi, M.C., et al., Large filter feeding marine organisms as indicators of microplastic in the pelagic environment: The case studies of the Mediterranean basking shark (Cetorhinus maximus) and fin whale (Balaenoptera physalus), Marine Environmental Research (2014), http://dx.doi.org/10.1016/j.marenvres.2014.02.002 ↩︎
  2. Georg Hanke, Miquel Canals, Victor Vescovo, Tim MacDonald, Eirini Martini, Luis F. Ruiz-Orejón, Francois Galgani, Marco Palma, George Papatheodorou, Christos Ioakeimidis, Dimitris Sakellariou, Paraskevi Drakopoulou, Elias Fakiris, Marine litter in the deepest site of the Mediterranean Sea, Marine Pollution Bulletin, Volume 213, 2025, 117610, ISSN 0025-326X, https://doi.org/10.1016/j.marpolbul.2025.117610 ↩︎
  3. Limiting Factor kann mit 2 Mann Besatzung bis zu 11.000 m tief tauchen. Im Mai 2019 erreichte das Tauchboot während fünf Tauchgängen im Marianengraben Tiefen zwischen 10.714 m und 10.925 m. Damit übertraf Limiting Factor den bisherigen, fast 60 Jahre alten Tieftauchrekord der Pioniere der Tiefseeforschung Jacques Piccard und Don Walsh vom 23. Januar 1960. Sie erreichten damals mit ihrem legendären Tiefsee-U-Boot, dem Bathyscaph Trieste im Challengertief im Marianengraben 10.911 m. ↩︎
  4. Was der Klimawandel für das Mittelmeer bedeutet: GEOMAR-Studie macht dringenden Handlungsbedarf deutlich ↩︎
  5. Claudet, J., Loiseau, C., Sostres, M., & Zupan, M. (2020). Underprotected Marine Protected Areas in a Global Biodiversity Hotspot. One Earth, 2(4), 380-384, https://doi.org/10.1016/j.oneear.2020.03.008 ↩︎

Zuletzt aktualisiert: