Meeresschutz Adria und Mittelmeer

Adria und Mittelmeer gehören zu den am stärksten überfischten, am meisten befahrenen, verlärmten und vermüllten Meeresgebieten.

Zusätzlich stehen sie durch Übertourismus unter immensem Nutzungsdruck. Hinzu kommen invasive Arten wie die gefürchteten Blaukrabben. Überhitzung und Versauerung des Meerwassers sind hier besonders ausgeprägt.

Das Mare Nostrum ist heutzutage ein Klima-Hotspot. Im Sommer 2022 und 2023 wurden an vielen Stellen entlang der 46.000 km langen Küste mehr als 30 Grad Celsius an der Wasseroberfläche gemessen. Rekordwerte. Marine Hitzewellen führen zu wiederholten Massensterben unter sesshaften (sessilen) Meerestieren (Großalgen, Seegraswiesen, Korallen). Gleichzeitig gibt es immer mehr Quallen. Wahrscheinlich profitieren sie von steigenden Meerestemperaturen, wie die Meerwalnuss in der Ostsee.

Project Manaia maß die bislang höchsten Temperaturen zwischen Mitte Juli und Mitte August 2023, mit 30 bis 32 Grad zwischen Olbia und Cagliari an der Ostseite von Sardinien. Wobei häufig die höchsten Temperaturen nicht an der Wasseroberfläche, sondern in etwa 8 m Tiefe gemessen wurden.

Aufgrund stark verschmutzter Küstengebiete gilt das Mittelmeer als ein Hotspot der Plastikvermüllung. Dies ist das Ergebnis eines Berichts von UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) von 2020 zum Zustand des Mittelmeerraums: Jeden Tag landen rund 730 Tonnen Plastikmüll im Mittelmeer!

Dieser Müll wird Meerestieren zum Verhängnis, nicht nur, weil sie sich darin verfangen oder ihn als vermeintliche Beute verspeisen. Plastikmüll zerfällt im Ozean langsam in immer kleinere Fragmente und verschwindet wahrscheinlich nie ganz. Und so verwandelt sich das Mittelmeer in eine regelrechte Plastiksuppe, deren kleine Bestandteile (Mikro- und Nanoplastik) Meerestiere unabsichtlich mit der Beute aufnehmen.

Dabei ist Mikroplastik für Filtrierer wie Bartenwale oder Riesenhaie besonders gefährlich. Denn sie nehmen Unmengen dieser Plastiksuppe mit der Nahrung auf.

Um die toxischen Auswirkungen von Mikroplastik zu bestimmen, untersuchten Forscher um Maria Cristina Fossi1 im Mittelmeer lebende Finnwale und Riesenhaie. Die großen Filtrierer nehmen Unmengen Wasser auf, aus dem sie sich ihre Nahrung – Plankton und Kleingetier – herausseihen. Auf diese Weise verschlucken sie mit der Plastiksuppe auch jede Menge kleinteiliges Plastik, sowohl direkt als auch über das Zooplankton.

Bei Finnwalen entspricht ein „Mundvoll“ rund 70.000 Litern Wasser, das sie dann durch ihre Barten wieder herauspressen. Die Beute bleibt an den Barten hängen und wird verschluckt. Bei Riesenhaien dienen Kiemenreusen als Filter.

Die Forscher untersuchten Gewebeproben der Tiere auf Phthalate (Kunststoff-Weichmacher) und chlororganische Verbindungen wie DDT und PCBs. Dabei stammten die Proben der Riesenhaie von Beifangopfern in der Fischerei. Während die der Finnwale gestrandeten Tieren entnommen wurden, die man zwischen 2007 und 2012 an unterschiedlichen Orten der italienischen Küste fand.

Das Ergebnis war niederschmetternd: Im Mittelmeer besteht grundsätzlich eine hohe Konzentration an Mikroplastik. Die geschätzte durchschnittliche Menge der Plastiksuppe im Meer im Schutzgebiet des Pelagos Sanctuary entspricht schätzungsweise sogar der des großen Müllstrudels im Nordpazifik!

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten in vielen Regionen des Mittelmeers noch große Bestände von Grünen Meeresschildkröten, Unechten Karettschildkröten und Lederschildkröten.

Heute sind sie wegen des massiven Ausbaus des Küsten-Tourismus und der damit verbundenen Zerstörung von Lebensräumen (Seegraswiesen, Korallenriffe, strukturierte Küstensäume) für Hafenanlagen, touristische Resorts und Hotels selten geworden.

In dem 2020 veröffentlichten Bericht „Conservation of Sea Turtles in the Mediterranean Sea“ spricht die Weltnaturschutzorganisation IUCN von jährlich zwischen 33.000 bis 39.000 durch verschiedene Fischereitätigkeiten getöteten Schildkröten im Mittelmeer.

Grüne Meeresschildkröte frisst Seegras. Die Art kommt im Mittelmeer selten vor.
Foto: P. Lindgren, CC BY-SA 3.0

Im Mittelmeer nisten etwa 1.822 Weibchen und legen jedes Jahr etwa 8.000 Nester. Die Population wächst. Auf der Roten Liste ist die Mittelmeer-Population von Caretta caretta als „ungefährdet“ (least concern) gelistet.

Die Zahl der im Mittelmeer brütenden Weibchen soll 2014 laut IUCN bei etwa 10.000 gelegen haben. Sie graben jährlich zwischen 1.164 und 2.674 Nester in 12 größeren und 53 kleineren Niststränden in Zypern, Syrien und der Türkei. Wobei sich allein an der türkischen Akyatan Lagune etwa 20 % der Gesamtzahl der Nester im Mittelmeerraum befinden. Es ist der größte bekannte Niststrand in der Region.

Die Mittelmeer-Population der Grünen Meeresschildkröte gilt als potenziell gefährdet (near threatened). Nach Jahrzehnten des Rückgangs beginnt sich die Population zu erholen. Neue Daten zeigen eine Zunahme der Nistaktivität und eine Zunahme der Anzahl geschlechtsreifer Weibchen.

Lederschildkröten sind die pelagischsten Meeresschildkröten. Während ihrer langen Wanderungen kommen Individuen aus dem Atlantik auch ins Mare Nostrum nisten hier jedoch nicht. Wie viele es sind, ist nicht bekannt.

Es gibt etwa 40 Rettungszentren und Erste-Hilfe-Einrichtungen im Mittelmeerraum, die auf die Bergung und tierärztliche Versorgung verletzter Meeresschildkröten spezialisiert sind. Die Initiative MEDASSET listet alle Stationen.


Titelfoto: PublicDomainPictures from Pixabay


  1. Fossi, M.C., et al., Large filter feeding marine organisms as indicators of microplastic in the pelagic environment: The case studies of the Mediterranean basking shark (Cetorhinus maximus) and fin whale (Balaenoptera physalus), Marine Environmental Research (2014), http://dx.doi.org/10.1016/j.marenvres.2014.02.002 ↩︎