Renaturierung von Seegraswiesen, Ocean Clean-ups, Citizen Science

Das Mittelmeer ist beliebt – und in großer Not. Deshalb unterstützen wir seit Anfang 2022 Project Manaia. Ins Leben gerufen hat es der österreichische Meeresbiologe Manuel Marinelli. Die Schwerpunkte seiner Arbeit sind Schutz und Erhalt von Seegraswiesen, Meeressäuberungen, Erfassung der Artenvielfalt, Erforschung invasiver Arten sowie des Zustands der marinen Ökosysteme.

Auf den Forschungsfahrten mit der 21 m langen SY Waya Waya, dem Projektschiff, dokumentiert und kartiert Manuel Marinelli das Mittelmeer. Die so gesammelten Daten bilden wichtige Grundlagen für den Meeresschutz im Mittelmeer. An den Forschungsfahrten kann jeder teilnehmen.

Außerdem bietet Project Manaia im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit diverse Workshops an. Alle Daten stellt Manuel öffentlich zur freien Verfügung, um Schutzbemühungen zu beschleunigen: „Wenn wir alle zusammenarbeiten und im selben Team spielen, können wir mit unseren Bemühungen viel mehr erreichen“, erklärt er. 

Weltweit sind Seegraswiesen aufgrund von Umweltverschmutzung und Küstenentwicklungsmaßnahmen auf dem Rückzug. Die Verluste sind teilweise dramatisch. Dadurch gehen wichtige marine Lebensräume verloren, zahlreiche Arten verlieren ihre Habitate. Posidonia oceanica (Neptungras) ist eine endemische Seegrasart, die im Mittelmeer beheimatet ist: Man nennt sie auch die Lunge des Mittelmeers.

Seit 2018 führte Project Manaia eine großflächige Kartierung von Neptungraswiesen im Mittelmeer durch. Dabei zeigte sich ein flächendeckender Rückgang dieser wertvollen Meeresökosysteme. „Was die Seegraswiesen in der Adria angeht, sieht es leider nicht so rosig aus. Wir hatten durchwegs ungefähr zwanzig Prozent Verlust bei den Wiesen, sowohl in der Ausbreitung als auch in der Dichte der Wiesen selbst“, sagt Manuel Marinelli.

Das ist eine ernsthafte Bedrohung für unzählige Arten von Meerestieren, die zum Überleben auf Seegraswiesen angewiesen sind. Außerdem verliert das Mittelmeer dadurch zunehmend die Fähigkeit, Kohlendioxid zu speichern.

Das Projekt „Die Meeresgärtner“ ist als Cititzen-Science-Projekt angelegt.

Urlauber und Einheimische können bei den Meeresgärtner-Netzwerkstationen intakte, abgerissene Seegrasbüschel und Seegrassamen abgeben. Hier lagert man die abgelieferten Pflänzchen und Samen, um sie später in bestehende Seegraswiesen einzusetzen.

Die Überprüfung von 2022 durchgeführten Renaturierungsmaßnahmen ergab ein heterogenes Ergebnis. Wegen ungewöhnlicher Unwetter gingen an einzelnen Standorten alle Samen und auch eingesetzte Pflanzen verloren. Die Überlebensrate von im Aquarium herangezogenen Samen betrug dagegen an anderen Standorten (Meeresschule Pula) zwischen 95 und 100 Prozent (je nach Methode). Die durchschnittliche Überlebensrate der 2022 eingepflanzten Setzlinge lag bei etwa 50 Prozent.

Aufgrund stark verschmutzter Küstengebiete gilt das Mittelmeer als ein Hotspot mariner Plastikvermüllung. Dies ist das Ergebnis eines Berichts von UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) von 2020 zum Zustand des Mittelmeerraums: Jeden Tag landen rund 730 Tonnen Plastikmüll im Mittelmeer!

Upcycling beim Projekt Meeresschutz im Mittelmeer: aus Plastikmüll wird ein Anhänger in Form einer Meeresschildkröte.

Gemeinsam mit Partnern vor Ort, wie Tauchbasen, Schulen oder Gemeinden, führt Project Manaia auf den Forschungsfahrten Meeres- und Strandsäuberungen durch. Mithilfe eines PetBot-Geräts werden die gesammelten PET-Flaschen zerkleinert und zu Kunststofffäden verarbeitet (Recycling/Upcycling).

Aus dem Plastikfilament stellt das Team dann auf einem 3D-Drucker Gegenstände her und gibt diese gegen Spende an Unterstützer ab.

Da die Recyclingkapazitäten an Bord begrenzt sind, wird der Großteil der gesammelten Kunststoffe über das lokale Abfallmanagement in den Häfen entsorgt. Aber die Suche nach alternativen Lösungen läuft.

Zudem bietet Project Manaia Online-Workshops für Schulen, Vereine oder Gemeinden an. Dort wird das Recyclingprinzip mit PetBot und 3D-Drucker erklärt.

Invasive Arten (Neobioten) sind Tiere oder Pflanzen, die in eine neue Umgebung geraten. Derartige Bioinvasoren können sich negativ auf die heimische Flora und Fauna auswirken und diese verdrängen. Das Mittelmeer ist hier besonders anfällig für Eindringlinge aus weiter südlich beheimateten Lebensgemeinschaften. Sie dringen durch den Suezkanal fast ungehindert vor.

In Zusammenarbeit mit Kollegen hat Manuel Marinelli eine Liste von Schwerpunktarten erstellt. Anhand dieser Arten wollen sie die Auswirkungen auf die heimische Flora und Fauna untersuchen. Dies sind insbesondere: Feuerfisch, Kugelfisch, Kaninchenfisch sowie Glatter Flötenfisch.

Meeresschutz im Mittelmeer: Kampf gegen Bioinvasoren wie Kugelfischen der Gattung Torquineger

Kugelfische der Gattung Torquineger gehören im Mittelmeer zu den invasiven Arten: Sie können zur Gefahr für die heimische Flora und Fauna werden. Foto: Martijn Klijnstra

Invasive Species in the Mediterranean Sea ↗

Fotos und Beschreibungen invasiver Fischarten im Mittelmeer bei Project Manaia.

Invasive Species Report Form ↗

Sichtungen invasiver Arten melden.

2025 beginnen die Expeditionen am 21. April in Licata auf Sizilien. Von dort geht es die italienische Küste entlang nach Crotone, bevor mehrere Stationen entlang der griechischen Westküste, bei den Ionischen Inseln, auf dem Programm stehen. Die letzte Etappe ist vom 15. September von Malta bis zum 27. September geplant. Dann soll die SY Waya Waya wieder im Hafen von Licata festmachen.

Im Jahr 2025 konnten wir mit Project Mania erstmals zwei Stipendien anbieten. Damit ging ein langgehegter Wunsch in Erfüllung. Das Angebot richtete sich ausschließlich an Studierende und Hochschulabsolventen aus den Ländern des östlichen und südlichen Mittelmeerraums. Idealerweise sollten sie in der Meeresbiologie, Umweltwissenschaften, Ozeanografie oder in einer verwandten Disziplin beheimatet sein. Die Resonanz war überwältigend und die Auswahl entsprechend schwer.

Ein Stipendium umfasst eine einmonatige, kostenfreie Teilnahme an einer Forschungsexpedition an Bord der SY Waya Waya sowie einen kleinen Reisekostenzuschuss.

Als erste Stipendiatin kam die syrische Meeresbiologin Rawan Al Jamal gleich zu Beginn der Expeditionsfahrten 2025 an Bord. Ihre Teilnahme wurde durch eine großzügige Förderung der Gert-Riedel-Stiftung ermöglicht.

Rawan Al Jamal aus dem Libanon, Stipendiatin bei Project Manaia an Bord der SY Waya Waya.

Ich bin syrische Staatsbürgerin, geboren und aufgewachsen im Libanon, wo ich lebe und als Meeresbiologin arbeite. Ich hatte das Glück, mit meinem Seegraswiesen-Projekt bei Project Manaia als Stipendiatin angenommen zu werden.

In meinem Projekt Kartierung, Überwachung und Wiederherstellung von Seegrashabitaten: Ein Modell für den Meeresschutz im Mittelmeerraumkonzentriere ich mich auf die Auswirkungen von Stressfaktoren auf Posidonia-oceanica-Seegraswiesen.

Im Rahmen dieser Arbeit helfe ich bei der Erstellung einer Stressfaktoren-Karte (stress-level map). Sie wird als Leitfaden Entscheidungsträger bei der Festlegung von Prioritäten für Managementmaßnahmen und den Schutz von Seegraswiesen unterstützen.

Hierbei nehme ich auch an den Unterwasser-Transekten1 von Project Manaia teil. Wir bewerten Posidonia-Seegraswiesen und führen Erhebungen zur Artenvielfalt durch.

Eine Transekte besteht aus Mess- und Beobachtungspunkten entlang einer geraden Linie.
© Project Manaia

Dabei untersuchen wir auch die Auswirkungen von Seegraskonsumenten (Grüne Meeresschildkröten, Goldstriemen, barschartige Kaninchenfische und andere Arten) sowie anthropogenen Stressfaktoren wie Verschmutzung auf Seegraswiesen.

Außerdem mache ich mit bei der Dateneingabe und helfe, genaue und detaillierte Protokolle zu erstellen. Wenn ich nach Hause zurückkehre, möchte ich die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten anwenden, um Cymodocea-nodosa-Seegraswiesen an der libanesischen Küste wiederherzustellen. Posidonia kommt dort nicht vor.

Im Libanon bedrohen Küstenerosion und unkontrollierte Küstenbaumaßnahmen die marinen Ökosysteme in erheblichem Maße, sodass Wiederherstellungsmaßnahmen eine umso wichtigere Bedeutung haben. Die mit dem Stipendium gewonnenen Erfahrungen mit Project Manaia werden entscheidend sein für meinen Weg, die Welt zu verändern. Zunächst in meinem Heimatland und später hoffentlich in der ganzen Welt.

Dank eines großzügigen Spenders, der ungenannt bleiben möchte, kann Project Manaia im Rahmen der Saison 2025 ein Stipendium für eine einmonatige Forschungsexpedition in den atemberaubenden griechischen/italienischen/maltesischen Gewässern anbieten. Diese Möglichkeit steht ausschließlich Studierenden und Hochschulabsolventen aus den Ländern des östlichen und südlichen Mittelmeerraums offen, die Meeresbiologie, Umweltwissenschaften, Ozeanografie oder eine eng verwandte Disziplin studieren.
⇒ Weitere Informationen.

  1. Transsekte: Mess- und Beobachtungspunkte entlang einer definierten, geraden Linie. ↩︎

Stand: Januar 2025

2024 nahmen 62 Volontäre an den vom 21. April bis zum 29. September dauernden Forschungsfahrten von Sizilien durch die gesamte Ägäis und zurück teil. Viele von ihnen blieben einen Monat und länger. Unter den Volontären waren 49 Studierende der Biologie. Ihre Forschungsarbeiten umfassten Untersuchungen zu Mikroplastik, Seevögeln, Seegraswiesen und Meeressäugern.

Seegras-Renaturierung

  • Ausbau des Meeresgärtner-Netzwerks im Mittelmeer durch fünf neue auf nunmehr 23 Partnerbasen. Jede der beteiligten Netzwerk-Stationen erhält eine Schulung sowie einige Neptungrassamen, soweit verfügbar.

    2024 gab es keine Posidonia-Samen. Das ist nicht außergewöhnlich, weil diese Seegrasart nur alle 7 Jahre blüht. Die Schulung und Integration ins Netzwerk von Divewise Malta soll 2025 nachgeholt werden.
  • Mindestens 1.500 Seegraspflanzen konnten durch Neueinpflanzungen von den Netzwerk-Stationen gerettet werden. Hier fehlten zum Jahresende allerdings noch Berichte von einigen Stationen.
  • An Bord des Forschungsschiffs SY Waya Waya wurden ca. 300 durch Anker, Netze usw. aus Seegraswiesen herausgerissene Pflanzen gesammelt und an strategischen Stellen wieder in den Meeresboden gesteckt, in der Hoffnung, dass sie nachwachsen (minimalinvasive Methode).

Seascaping the Med

  • Auf dem Weg von Sizilien, durch die gesamte Ägäis, entlang des südlichen Peloponnes, Malta und zurück nach Sizilien erfasste das Projekt 140 Transekt-Sätze (Mess- und Beobachtungspunkte entlang einer geraden Linie – der Transekte).

    Jeder Satz besteht aus drei Transekten mit jeweils drei Wiederholungen. Insgesamt wurden somit 1220 Transekt-Leinen ausgemessen.
  • 12 dieser Transekte fanden an Standorten vor Malta statt, die das Projekt bereits im Vorjahr erfasst hatte. Dabei wurde eine leichte Abnahme bei der Seegras-Flächendeckung um ca. 10 Prozent festgestellt.
  • Seit 2022 stößt Project Manaia wiederholt auf Quallen-Massenansammlungen. Umfangreiche Teppiche von Segelquallen, Massen von Leucht- oder Feuerquallen sowie von Spiegeleiquallen.

    „Während der Überfahrt von Sardinien nach Sizilien im August 2023 sind wir gewissermaßen durch Spiegeleiquallen-Gelee gesegelt. Es waren Unmengen. Wir reden von hunderten innerhalb einer Minute, teilweise. Das hielt den ganzen September über an, auch rund um Messina und Malta“, berichtet Manuel Marinelli.

Garbage Heatmap 2023

Garbage Heatmap (Erfassung der Plastikmüll-Verteilung) entlang der Route von 2023.

Garbage heatmaps entlang der Route von 2023: die Spitzen sind ganz klar im Norden von Korsika.

Die Spitzen sind ganz klar im Norden von Korsika, was in dem Fall 200 Plastikteile pro 10-Minuten-Intervall bedeutet. Eine beträchtliche Menge! Karte © TomTom/Grafikerstellung: Project Manaia

Clean-ups

  • 2024 fanden Schulungen, Vorträge und Unterwasser Clean-ups statt.
  • In der Saison 2024 kamen bei den Aktionen mehr als 560 kg Müll zusammen. Davon 120 kg bei unter Wasser Säuberungsarbeiten. Von den abgesuchten 181.112qm Flächen befanden sich 99.355 qm unter und 81.756 qm über Wasser.
  • 68 % der gesammelten Abfälle bestanden aus Kunststoffen, 19,3 % der Abfälle stammten aus der Fischerei (Netze, Seile usw.).

Ein Teil des bei Clean-ups gesammelten Mülls recycelt Project Manaia mit einer an Bord der SY Waya Waya befindlichen Anlage. Da deren Kapazität jedoch begrenzt ist, landet der Großteil noch auf Recyclinghöfen der angesteuerten Häfen.

Beeindruckendes Ergebnis einer Strandreinigungsaktion des Projekts Meeresschutz im Mittelmeer.
Strandreinigungsaktion von Project Manaia.

Artenbestimmungen – Invasive Arten

Dokumentation von mehr als 200 verschiedenen Arten von Meerestieren bei den Transekten, was einen guten Überblick über die lokale Meeresfauna gibt.

  • Die bis zu 1,2 m große Edle Steckmuschel (Pinna nobilis) ist die größte europäische Muschel. Sie ist eine ikonische Meerestierart, die nur im Mittelmeer vorkommt und ist akut vom Aussterben bedroht ist. Nachdem 2022 drei lebende Exemplare an verschiedenen Standorten entdeckt wurden, kamen 2023 sieben und 2024 fünf Standorte in der Ägäis hinzu. Dies ist bemerkenswert, da diese ikonische Art in der Ägäis als ausgestorben galt. Die Standorte werden nicht öffentlich bekannt gemacht!
  • Mit der Route weiter im Osten gab es auch verstärkt Sichtungen von Rotfeuerfischen (Pterios miles). Besonders in griechischen Gewässern traf man fast überall auf die invasive Art. An manchen Orten, speziell im Süden des Peloponnes in großen Mengen. Während einer Stunde im Wasser konnte man hier auf gut 30 Rotfeuerfische treffen.
  • Der Langstachelige Diademseeigel (Diadema setosum) hat sich im Mittelmeer erfolgreich etabliert. Noch vor fünf Jahren sah man ihn nur vereinzelt. Lokale Taucher bestätigten jetzt, dass die Seeigel innerhalb von nur zwei Jahren ganze Riffe kahl gefressen haben und zu einer erheblichen Belastung für betroffene Ökosysteme geworden sind.
  • Während der Forschungsfahrten findet eine ständige Beobachtung und Dokumentation mariner Megafauna, wie Delfinen, Walen, aber auch Schildkröten, Mondfischen etc. statt.

UN-Nachhaltigkeitsziele des Projekts

Preise und Auszeichnungen

Wir wurden für den „boot dive award 2024“ als eine von drei Organisationen in der Kategorie „Klima/Climate“ nominiert.
Auszeichnung für „Die Meeresgärtner“ als hervorragendes Beispiel durch die UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen.

Unterstützer

Netzwerke

Logo Mediterranean Posidonia Network (MPN).

Berichterstattung in den Medien

Eine Auswahl:

Interview auf euronews zu Blue Carbon Credits

Unter „Blauem Kohlenstoff“ oder „Blue Carbon“ versteht man Kohlenstoff, den marine Ökosysteme, wie Seegraswiesen, Mangroven oder Salzwiesen, speichern. Diese Ökosysteme spielen also nicht nur eine wichtige Rolle beim Erhalt der Artenvielfalt in den Meeren, sondern sind auch wichtige Verbündete beim Klimaschutz.

Kurz vor Beginn der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai im Dezember 2023 ging der Nachrichtensender Euronews der Frage nach, was sind Blue Carbon Credits und können sie ein geeignetes Instrument sein, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen?

Das Thema Blue Carbon Credits dreht sich dabei um die hochumstrittenen CO₂-Kompensationsprogramme für verursachte Emissionen. Aufgrund ihrer enormen Kapazität als natürliche CO₂-Senken, ist die Verlockung groß, derartige Programme in Form von Blue Carbon Credits auch auf marine CO₂-Speichersysteme auszudehnen. Experte in der Sendung war Manuel Marinelli.

Nach Informationen von Project Manaia
Titelfoto: Forschungsschiff SY Waya Waya ankert im Mittelmeer


Artenvielfalt im Mittelmeer