Renaturierung von Seegraswiesen, Ocean CleanUp, Citizen Science

9 Minuten

Das Mittelmeer ist beliebt – und in großer Not. Deshalb unterstützen wir seit Anfang 2022 Project Manaia. Ins Leben gerufen hat es der österreichische Meeresbiologe Manuel Marinelli. Die Schwerpunkte seiner Arbeit sind Schutz und Erhalt von Seegraswiesen, Meeressäuberungen, Erfassung der Artenvielfalt, Erforschung invasiver Arten sowie des Zustands lokaler Ökosysteme.

Mit Forschungsfahrten dokumentiert und kartiert Manuel Marinelli das Mittelmeer. Die so gesammelten Daten bilden wichtige Grundlagen für den Meeresschutz im Mittelmeer. Bei den Forschungsfahrten kann jeder mitmachen.

Außerdem bietet Project Manaia im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit diverse Workshops an. Alle Daten stellt Manuel öffentlich zur freien Verfügung, um Schutzbemühungen zu beschleunigen: „Wenn wir alle zusammenarbeiten und im selben Team spielen, können wir mit unseren Bemühungen viel mehr erreichen“, erklärt er. 

Seegraswiesen im Mittelmeer – „Die Meeresgärtner“

Weltweit sind Seegraswiesen aufgrund von Umweltverschmutzung und Küstenentwicklungsmaßnahmen auf dem Rückzug. Die Verluste sind teilweise dramatisch. Dadurch gehen wichtige marine Lebensräume verloren, zahlreiche Arten verlieren ihre Habitate. Posidonia oceanica (Neptungras) ist eine endemische Seegrasart, die im Mittelmeer beheimatet ist: Man nennt sie auch die Lunge des Mittelmeers.

Seit 2018 führte Project Manaia eine großflächige Kartierung von Neptungraswiesen im Mittelmeer durch. Dabei zeigte sich ein flächendeckender Rückgang dieser wertvollen Meeresökosysteme. „Was die Seegraswiesen in der Adria angeht, sieht es leider nicht so rosig aus. Wir hatten durchwegs ungefähr zwanzig Prozent Verlust bei den Wiesen, sowohl in der Ausbreitung als auch in der Dichte der Wiesen selbst“, sagt Manuel Marinelli.

Das ist eine ernsthafte Bedrohung für unzählige Arten von Meerestieren, die zum Überleben auf Seegraswiesen angewiesen sind. Außerdem verliert das Mittelmeer dadurch zunehmend die Fähigkeit, Kohlendioxid zu speichern.

Das Projekt „Die Meeresgärtner“ ist als Cititzen-Science-Projekt angelegt. Urlauber und Einheimische können bei den Meeresgärtner-Netzwerkstationen intakte, abgerissene Seegrasbüschel und Seegrassamen abgeben. Hier lagert man die abgelieferten Pflänzchen und Samen, um sie später in bestehende Seegraswiesen einzusetzen.

Beseitigung von Plastikmüll

Gemeinsam mit Partnern vor Ort, wie Tauchbasen, Schulen oder Gemeinden, führt Project Manaia auf den Forschungsfahrten Meeres- und Strandsäuberungen durch. Mithilfe eines PetBot-Geräts werden die gesammelten PET-Flaschen zerkleinert und zu Kunststofffäden verarbeitet (Recycling/Upcycling).

Aus dem Plastikfilament stellt das Team dann auf einem 3D-Drucker Gegenstände her und gibt diese gegen Spende an Unterstützer ab. Da die Recyclingkapazitäten an Bord begrenzt sind, wird der Großteil der gesammelten Kunststoffe über das lokale Abfallmanagement in den Häfen entsorgt. Aber die Suche nach alternativen Lösungen läuft.

Zudem bietet Project Manaia Online-Workshops für Schulen, Vereine oder Gemeinden an. Dort wird das Recyclingprinzip mit PetBot und 3D-Drucker erklärt.

Invasive Arten

Invasive Arten (Neobioten) sind Tiere oder Pflanzen, die in eine neue Umgebung geraten. Derartige Bioinvasoren können sich negativ auf die heimische Flora und Fauna auswirken und diese verdrängen. Das Mittelmeer ist hier besonders anfällig für Eindringlinge aus weiter südlich beheimateten Lebensgemeinschaften. Sie dringen durch den Suezkanal fast ungehindert vor.

In Zusammenarbeit mit Kollegen hat Manuel Marinelli eine Liste von Schwerpunktarten erstellt. Anhand dieser Arten wollen sie die Auswirkungen auf die heimische Flora und Fauna untersuchen. Dies sind insbesondere: Feuerfisch, Kugelfisch, Kaninchenfisch, Glatter Flötenfisch.

Meeresschutz im Mittelmeer: Kampf gegen Bioinvasoren wie Kugelfischen der Gattung Torquineger

Kugelfische der Gattung Torquineger gehören im Mittelmeer zu den invasiven Arten: Sie können zur Gefahr für die heimische Flora und Fauna werden. Foto: Martijn Klijnstra

Invasive Species in the Mediterranean Sea ↗

Fotos und Beschreibungen invasiver Fischarten im Mittelmeer bei Project Manaia.

Invasive Species Report Form ↗

Sichtungen invasiver Arten melden.

Forschungsfahrten 2024

2024 beginnen die Expeditionen am 21. April in Licata auf Sizilien. Von dort geht es zum ersten Griechenland-Stopp in Porto Cheli. Weitere Stationen sind die Inseln Ios, Samos und Skyros. Die letzte Etappe beginnt am 15. September auf Malta. Am 28. September wird die SY Waya Waya dann wieder im Hafen von Licata festmachen.

Alle Informationen zum Terminplan 2024 und eine Anmeldemöglichkeit direkt auf der Webseite von Project Manaia.

Project Manaia – Erfolge

Stand: Oktober 2023

Seegras-Renaturierung (Posidonia oceanica)

  • 18 Partner-Tauchbasen im Meeresgärtner-Netzwerk in drei Mittelmeeranrainerländern.
  • 2023 erhielt jede neue Tauchbasis, für die Renaturierungs-Schulung 20 Neptungrassamen (Posidonia oceanica).
  • Bei der Nachkontrolle der im Jahr 2022 durchgeführten Seegras-Renaturierungen ergab sich ein heterogenes Ergebnis. Wegen ungewöhnlicher Unwetter gingen an einzelnen Standorten alle Samen und auch eingesetzten Pflänzchen verloren. Die Überlebensrate von im Aquarium herangezogen Samen betrug dagegen an anderen Standorten (Meeresschule Pula) zwischen 95 und 100 % (je nach Methode). Die durchschnittliche Überlebensrate der 2022 eingepflanzten Setzlinge lag bei den Nachkontrollen bei etwa 50 %.
  • 250 durch Anker, Netze usw. zerrissene Seegraspflanzen wurden auf dem Forschungsschiff SY Waya Waya gesammelt und an strategisch geeigneten Orten erneut in den Meeresboden gepflanzt (minimalinvasive Methode)

Meeresmüll / Plastikmüll

  • Etwa 1,5 Tonnen Plastikmüll und andere Abfälle wurden aus dem Meer geholt oder an Stränden gesammelt.

Garbage Heatmap 2023

Garbage Heatmap (Erfassung der Plastikmüll-Verteilung) entlang der Route von 2023.

Garbage heatmaps entlang der Route von 2023: die Spitzen sind ganz klar im Norden von Korsika.

Die Spitzen sind ganz klar im Norden von Korsika, was in dem Fall 200 Plastikteile pro 10-Minuten-Intervall bedeutet. Eine beträchtliche Menge! Karte © TomTom/Grafikerstellung: Project Manaia

Ein Teil des bei CleanUps gesammelten Mülls recycelt Project Manaia mit einer an Bord der SY Waya Waya befindlichen Anlage. Da deren Kapazität jedoch begrenzt ist, landet der Großteil noch auf Recyclinghöfen der angesteuerten Häfen.

Beeindruckendes Ergebnis einer Strandreinigungsaktion des Projekts Meeresschutz im Mittelmeer.
Strandreinigungsaktion von Project Manaia.

Seascaping the Med

  • 147 neue Transekt-Orte (Satz von Mess- und
    Beobachtungspunkten entlang einer geraden Linie) auf dem Weg von Frankreich, über Norditalien, Elba, Korsika und Sardinien bis nach Sizilien, Malta und zurück nach Sizilien.
  • 17 dieser Transekte fanden an Standorten statt, die bereits im Vorjahr besucht wurden. In zwei Schutzgebieten konnten wir ein positives Seegraswiesen-Wachstum von etwa 5 % verzeichnen. Bei allen anderen ausgemessenen Standorten ergaben sich Verluste (Schrumpfen, Ausdünnung) von 5 bis 20 Prozent. Und das, innerhalb von nur einem Jahr!
  • Angesichts des Rückgangs von Posidonia und hochwachsender Braunalgen (Cystoseira) ist es von entscheidender Bedeutung, die Entwicklung dieser Lebensräume langfristig zu verfolgen.
  • Seit 2022 stößt Project Manaia wiederholt auf Quallen-Massenansammlungen. Umfangreiche Teppiche von Segelquallen (Velella velella) – eine koloniebildende Art. Massen von Leucht- oder Feuerquallen (Pelagia noctiluca) sowie die zu den Wurzelmundquallen gehörenden Spiegeleiquallen (Cotylorhiza tuberculata). „Während der Überfahrt von Sardinien nach Sizilien im August 2023 sind wir gewissermaßen durch Spiegeleiquallen-Gelee gesegelt. Es waren Unmengen. Wir reden von hunderten innerhalb einer Minute, teilweise. Das hielt den ganzen September über an, auch rund um Messina und Malta“, berichtet Manuel Marinelli.

Artenbestimmungen – Invasive Arten

Dokumentation von mehr als 200 verschiedenen Arten von Meerestieren an denselben Orten wie die Transekte, was einen guten Überblick über die lokale Meeresfauna gibt.

  • Die bis zu 1,2 m große Edle Steckmuschel (Pinna nobilis) ist die größte europäische Muschel. Sie ist eine ikonische Meerestierart, die nur im Mittelmeer vorkommt und ist akut vom Aussterben bedroht ist. Nachdem 2022 drei lebende Exemplare an verschiedenen Standorten entdeckt wurden, kamen 2023 vier weitere hinzu. Die Standorte werden nicht öffentlich bekannt gemacht! Die sieben Steckmuscheln sollen 2024 besucht und ihr Wohlergehen überprüft werden.
  • Die invasive Blaukrabbe (Callinectes sapidus) hat sich im Mittelmeer erfolgreich etabliert. Sie war während der gesamten Saison an nahezu allen Standorten präsent. Im Jahr 2022 gab es nur wenige Sichtungen. Aber 2023 waren sie fast überall zu sehen.
  • 2023 wurden mehr Quallen gesichtet, als jemals zuvor. Insbesondere Leuchtquallen (Pelagia noctiluca), auch als Feuerquallen bekannt, und Spiegeleiquallen (Cotylorhiza tuberculata). 

Interview auf euronews zu Blue Carbon Credits zur COP28

Unter „Blauem Kohlenstoff“ oder „Blue Carbon“ versteht man Kohlenstoff, den marine Ökosysteme, wie Seegraswiesen, Mangroven oder Salzwiesen, speichern. Diese Ökosysteme spielen also nicht nur eine wichtige Rolle beim Erhalt der Artenvielfalt in den Meeren, sondern sind auch wichtige Verbündete beim Klimaschutz.

Kurz vor Beginn der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai ging der Nachrichtensender Euronews der Frage nach, was sind Blue Carbon Credits und können sie ein geeignetes Instrument sein, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen?

Das Thema Blue Carbon Credits dreht sich dabei um die hochumstrittenen CO₂-Kompensationsprogramme für verursachte Emissionen. Aufgrund ihrer enormen Kapazität als natürliche CO₂-Senken, ist die Verlockung groß, derartige Programme in Form von Blue Carbon Credits auch auf marine CO₂-Speichersysteme auszudehnen. Experte in der Sendung war Manuel Marinelli.

UN-Nachhaltigkeitsziele des Projekts

Unterstützer

Klimalotterie ClimaClic

Nach Informationen von Project Manaia
Titelfoto: Forschungsschiff SY Waya Waya ankert im Mittelmeer



Artenvielfalt im Mittelmeer