Nachhaltige Fischerei

Wir setzen uns in vielfältiger Weise für nachhaltige Fischerei ein. Mit Projekten zum Schutz von Haien, Meeresschildkröten, Meeressäugern oder zu nachhaltigem Fischfang in Mangrovenwäldern. Flankiert wird dies von Kampagnen zur Verbraucheraufklärung sowie Lobbyarbeit in der ICCAT und der IOTC, zwei großen regionalen Organisationen für das Fischereimanagement (RFMOs).

Nachhaltige Fischerei ist der einzige Ausweg aus der globalen Fischerei- und Ernährungskrise!

Nachhaltige Fischerei fördern!

Unsere Unterstützung für nachhaltige Fischerei

Fischer vor Malapascua

Insel Malapascua, Philippinen
mit People and the sea

Fisch ist unverzichtbar

Überfischte Meere, leere Ozeane – Überfischung ist hauptsächlich eine Folge der Industriefischerei und ihrer technischen Aufrüstung: Supertrawler, Fischfinder, satellitengestützte Informationen, Helikopter oder Fischsammler (FADs). Etwa 4,6 Millionen Fischfangboote sind weltweit im Einsatz. Doch nur von einem Prozent geht der hauptsächliche Überfischungsdruck aus. Denn etwa 35.000 Industrieschiffe fangen rund 80 Prozent des weltweit jährlich gehandelten Fischs. Dennoch stagniert die globale Fangmenge bei ca. 80 Millionen Tonnen Fisch.

Fisch ist für fast eine Milliarde Menschen unverzichtbar als Nahrungs- und Einkommensquelle. Meeresfisch ist meist gesünder, nahrhafter und erschwinglicher im Vergleich zu konventionell erzeugten Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs und verursacht einen kleineren CO₂-Fußabdruck. Hiervon ausgenommen sind Fischprodukte, die aus der industriellen Fischerei stammen. Theoretisch könnten wir uns unendlich lange von Fisch ernähren, … wenn die Fischerei nachhaltig geschähe.

Gier ohne Ende?

Viele Fischbestände sind bereits so stark dezimiert, dass eine fischereiliche Nutzung aus biologischer Sicht nicht mehr zu verantworten ist. Laut FAO (Welternährungsorganisation) sind 33,1 % (in Europa 41 %) der Bestände kommerzieller Fischarten überfischt. Weitere 59,8 % werden maximal befischt. Lediglich 7,1 % der weltweiten Bestände werden moderat oder nur wenig befischt. Weltweite Überfischung ist eine der größten Bedrohungen für das Leben in den Meeren.

In ganz erheblichem Umfang trägt die Piratenfischerei (IUU-Fischerei – illegal, undokumentiert und unreguliert) zur weltweiten Überfischung bei. IUU-Fischer plündern jährlich zwischen acht und 14 Millionen Tonnen Fisch.

Der weitgehend unregulierte und undokumentierte Bereich der Freizeit- und sogenannten Sportfischerei, insbesondere das Big-Game-Fischen, verursacht erhebliche Bestandsverluste bei Arten wie Marlin, Blauhai, Weißer Hai, Makohai oder Segelfisch. Die Folgen sind nicht nur für den Menschen gravierend, sondern für alles Leben in den Meeren.

Kurzflossen-Makohai.
Makohaie sind bei Sportfischern wegen ihrer Ausdauer und Wehrhaftigkeit sehr „beliebt“. © Fred Buyle

Alternative: nachhaltige Fischerei

Nachhaltige Fischerei sichert die Reproduktionsfähigkeit der Zielfischarten, die Bestände können wachsen. Fangquoten orientieren sich grundsätzlich an wissenschaftlichen Empfehlungen. Hierbei muss die zulässige Gesamtfangmenge einer Fischart in einem definierten Fanggebiet kleiner als der maximal nachhaltige Ertrag (MSY/maximum sustainable yield) sein.

Zudem gibt es keine Schädigungen des Ökosystems, wie bei der Grundschleppnetzfischerei. Hinzu kommt, dass es kaum bis keine Beifänge gibt. Dabei werden zu kleine Exemplare der Zielfischart nicht mitgefangen oder können unverletzt wieder freigelassen werden. Nachhaltige Fischereien sind verantwortungsbewusst, sozial und ökonomisch gerecht.

Es gibt eine Reihe ermutigender Beispiele, wie nachhaltiger Fischfang auch mit konventionellen Fangmethoden funktionieren kann.

Voraussetzungen hierfür sind, dass Fangquoten maßvoll und streng nach wissenschaftlichen Kriterien festgelegt werden, Überwachung durch Fischereibeobachter auf jedem Fangboot, strikte Kontrollen des Fangs, Beifangreduzierung und Einbindung lokaler Fischereien.

Nachhaltige Fangmethoden

Angeln (hook & line)

Die Fischerei mit Angeln (hook & line), also kurzen, mit beköderten Haken versehenen Leinen gehört zu den selektivsten und schonendsten Fischfangmethoden überhaupt. Ihre Beifangrate liegt bei durchschnittlich nur 0,7 % der Gesamtfangmenge und es treten keine Schäden am Meeresboden auf. Hierunter fallen zahlreiche Variationen wie Handleinen (hand lines), Hand- und elektrische Rollen (hand & powered reels), Jiggermaschinen (jigging reels), Rute und Leine (pole & line) oder Schleppangeln (troll lines).

Nachhaltiger Fischfang: Jiggermaschine beim Fang von Tintenfisch.
Jiggermaschinen sind hochselektiv (hier beim Fang von Tintenfisch). Es gibt normalerweise keinen Beifang oder Wechselwirkungen mit geschützten Arten. Da das Fanggerät nicht mit dem Boden in Kontakt kommt, wird der Meeresboden nicht beschädigt. Das Fanggerät geht nicht verloren – Quelle: Australian Fisheries Management Authority (AFMA)

Hand- und Wurfnetze

Mit dem Einsatz von Hand- und Wurfnetzen von Land oder kleinen Booten aus lässt sich nachhaltige Fischerei umsetzen.

Speerfischerei

Fischen mit dem Speer ist eine der ursprünglichsten Formen des Fischfangs und wird bis heute von traditionellen Küstenfischern eingesetzt. Nicht nachhaltig ist allerdings die gezielte Entnahme von Top- oder Mesoprädatoren wie vom Aussterben bedrohte Arten wie Geigenrochen, Haie oder große Rifffische. (Touristische) Sportfischerei mit Pressluftatemgeräten ist nicht nachhaltig und kann auch größere Fischbestände stark dezimieren.

Modifizierte Schleppnetze und Fischfallen

Auch beim schonenden Einsatz gängiger Fangmethoden lassen sich Kriterien der nachhaltigen Fischerei (Vermeidung von Fehlfängen, wie Haien) umsetzen. Dazu zählen modifizierte Schleppnetzen (spezielle Netze mit geringerer Garnstärke und großen Maschenweiten) oder speziell konstruierte Fischfallen (Körbe und Reusen/pots & traps) kombiniert mit striktem Monitoring. Dabei muss sichergestellt sein, dass das Fischereigerät nicht verloren geht und dann zur Geisterfischerei beiträgt.

Entscheidend ist hierbei auch, dass das Verheddern von Meeressäugern (Wale, Delfine, Robben) in Befestigungsleinen von Körben und Reusen durch entsprechende Modifikationen am Fischereigerät ausgeschlossen ist.

Nachhaltiger Fischfang mit Fischfallen.
Fischfallen sind so konstruiert, dass Jungfische und Nichtzielfische entkommen können. Die Fallen können sich am Boden verfangen oder losreißen, obwohl dies nicht häufig vorkommt. Aus diesem Grund müssen sie mit Vorrichtungen ausgestattet sein, durch die die Fallen sich automatisch nach einer gewissen Zeit öffnen – Quelle: Australian Fisheries Management Authority (AFMA)

Fang per Hand

Ebenso kann das z. B. auf Fidschi praktizierte Aufsammeln von Mangrovenkrabben Kriterien des nachhaltigen Fischfangs erfüllen. Hierbei gibt es überhaupt keinen Beifang und keine Schädigungen des Bodensubstrats.

Nachhaltige Fischerei mit konventionellen Fangmethoden

Ein-Arten-Fischereimanagement, mit seinem starren Blick auf den Zustand der Bestände der Zielfischart, ist langfristig nicht in der Lage, die Bestände und ihre Ökosysteme in gesundem Zustand zu erhalten.

Ein-Arten-Fischereimanagement ist ökologisch nicht nachhaltig, da es die Rolle der Zielfischarten in den Nahrungsnetzen nicht berücksichtigt. Meeresschützer und Wissenschaftler fordern daher ein Umdenken.

Ökosystemarer Ansatz mit Mehr-Arten-Management

Modernes Fischereimanagement beruht auf Mehr-Arten-Management. Dabei verfolgt man einen ökosystemaren Ansatz. Er zeichnet sich dadurch aus, dass zusätzliche ökologische Parameter in die Fangquotenberechnung einbezogen werden und zielt auf den Schutz des gesamten Ökosystems, seiner Strukturen, Funktionen und Prozesse ab. Dabei wird die Beziehung zwischen den Zielarten und Arten, die weniger oder kaum von Interesse sind, betrachtet. Außerdem berücksichtigt ökosystemares Fischereimanagement, dass die Gesundheit des Meeres von Prozessen an Land und in der Luft abhängt, und dass diese Lebensräume wiederum eng miteinander verbunden sind.

Möglichst viele Faktoren der Folgen menschlicher Aktivitäten sollen bei der Fangquotenberechnung eine Rolle spielen. Wie Klimaerhitzung, Überdüngung, Nahrungsgrundlage, Räuber-Beute-Situation oder der Einfluss invasiver Arten.

Hinter dem Konzept des Mehr-Arten-Managements steht der Grundgedanke, bei der Fangquotenberechnung Gesundheit, Produktivität sowie Widerstandskraft des gesamten betroffenen Ökosystems zu berücksichtigen. Einschließlich der Bedürfnisse all jener Meerestiere, die auf die jeweilige Fischart angewiesen sind.

Beispiel für Mehr-Arten-Fischereimanagement mit ökosystemaren Ansatz ist die Herings-Fischerei an der US-Ostküste. Ökologischer Referenzpunkt für die Festlegung einer nachhaltigen Hering-Fangquote ist dabei nicht der Hering. Dessen Fangquote richtet sich vielmehr am Bestand der Felsenbarsche aus. Es darf nur so viel Hering kommerziell befischt werden, dass noch genug als Nahrung für die Felsenbarsche im Ökosystem verbleibt.

Quelle: world ocean review 7

Das Nauru-Abkommen

Ein weiteres Beispiel, dass nachhaltige Fischerei auch mit konventionellen Fischereimethoden funktionieren kann, ist ein gemeinschaftliches Fischereiabkommen von acht kleinen Inselstaaten im Westpazifik. Hiebei schlossen sich Kiribati, Nauru, die Marshallinseln, die Salomoninseln, Palau, Papua-Neuguinea, Tuvalu und Tokelau sowie die Vereinigten Staaten von Mikronesien sich am 11. Februar 1982 im sogenannten Nauru-Abkommen (engl. Nauru Agreement Concerning Cooperation in the Management of Fisheries of Common Stocks) zusammen.

Seitdem entwickelten sie ein gemeinsames Regelwerk, um sich gegen die Übermacht der großen Thunfisch-Fangnationen zur Wehr zu setzen. Das Abkommen trat am 15 Juni 2008 in Kraft. Heute ist die Thun-Fischerei in den Hoheitsgewässern der Mitgliedsstaaten des Nauru-Abkommens bestandserhaltend, erfolgreich und gewinnbringend.

Vorbildliches Regelwerk für nachhaltige Fischerei

Das Nauru-Abkommen besticht durch sein klares und streng kontrolliertes Regelwerk.

Im Mittelpunkt steht dabei eine für jede Fangsaison neu festgelegte Zahl an Fangtagen für ausländische Fangschiffe. Diese Fangtage werden dann in einem Bieterverfahren versteigert. Für die Festlegung der Fangtage führen die Inselstaaten genaue Analysen zum Zustand der Thunfischbestände durch. Anhand dieser Informationen errechnet man eine für den Bestand der Populationen unbedenkliche Fangmenge.

Anschließend rechnet man sie in Fangtage um. Diese können dann Fangflotten der großen Thunfischfangnationen in einem Bieterverfahren ersteigern.

Zusätzlich gibt es strenge Auflagen für den Thunfischfang:

  • Jedes Fangschiff, das Ringwadennetze einsetzt, muss Beobachter an Bord haben. Damit wird unter anderem sichergestellt, dass weder Delfine noch Walhaie als Beifang mitgefangen werden.
  • Der Einsatz van FADs (Fischsammlern) ist verboten. Das gilt gleichermaßen für verankerte wie frei treibende FADs.
  • Fischer mit einer Fanglizenz im Hoheitsgebiet der Nauru-Staaten dürfen keine Thunfische in benachbarten internationalen Gewässern mehr fangen.
  • Fischer müssen ihren gesamten Fang an Bord behalten. Beifänge dürfen nicht ins Meer zurückgeworfen werden. Auch dies wird von Fischereibeobachtern an Bord der Fangboote kontrolliert.

Zusammenarbeit zahlt sich aus

Das Nauru-Abkommen ist ein eindrucksvolles Beispiel, was sich durch Zusammenarbeit mehrerer kleiner Staaten zum Wohle aller mit nachhaltiger Fischerei erreichen lässt. Gesunde Fischbestände. Erhalt der Artenvielfalt. Langfristige Nahrungssicherheit. Dem Inselstaatenverbund gelingt es seit über zehn Jahren, seine Thunfischbestände vor Überfischung durch große Fangflotten aus Europa, China, den USA, Japan und Thailand zu schützen. Zusätzlich erwirtschaften die dem Nauru-Abkommen angeschlossenen Staaten heute Fischereilizenzeinnahmen von jährlich bis zu 500 Millionen US-Dollar.

Früher, als jeder Staat seine Fischereilizenzen eigenständig vergab, erlösten sie weniger als fünf Prozent des Verkaufswertes der gefischten Thunfische. Seit Inkrafttreten des Nauru-Abkommens ist dieser Anteil allein beim Echten Bonito (Katsuwonus pelamis) auf 25 Prozent gestiegen.

Quelle: world ocean review 7

Greenwashing nachhaltig zertifizierter Fischereien

Bedauerlicherweise finden sich unter angeblich als nachhaltig zertifizierten Fischereien schwarze Schafe. So zertifizierte das Nachhaltigkeitsprogramm Marine Stewardship Council sogar Thunfisch aus Mexiko für einige Jahre als nachhaltig, bei dessen Fang Delfine gezielt gejagt, verletzt und getötet werden.

Auch Fischereien, die Fischsammler (FADs) einsetzen, Fischereien mit hohen Beifangraten von Meeresschildkröten, Seevögeln und Haien können unter dem MSC-Fischlabel als nachhaltig anerkannt sein.

Entscheidend ist, dass auch nachhaltiger Fischfang auf der Basis wissenschaftlich abgesicherter Daten zu den fischereilich genutzten Arten operiert und deren Einhaltung strikt überwacht wird.

Kein nachhaltiger Fischfang: FAD mit Netzmaterial.

FAD-Fischerei ist nicht nachhaltig und verursacht hohe Beifangraten. Foto: ISSF/David Itano

Titelfoto: Ocean Image Bank/Ben Jones


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