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Er trägt kein „Lächeln“ im Gesicht, ist von bulliger Statur und lässt sich so schnell nicht einschüchtern – der Bullenhai. Man nennt diesen Requiemhai auch Stierhai, Sambesihai oder Gemeinen Grundhai. Wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes werden Bullenhaie oft mit Weißen Haien verwechselt. Als Top-Prädatoren sind sie bedeutend für die Gesundheit von Meeres- und Süßwasserökosystemen und müssen nur wenige natürliche Feinde fürchten. Und doch ist ihr Überleben, wie das vieler anderer Haiarten, gefährdet. Bullenhaie leben entlang von Küsten, Mündungsgebieten und sogar in Flüssen. Sie fühlen sich in Flüssen, Flussmündungen und Seen so wohl, dass sie dort auch ihre Jungen zur Welt bringen.
Systematik
Der Bullenhai (Carcharhinus leucas) ist eine von über 30 Arten der Gattung Carcharhinus. Diese ist die artenreichste Gattung der Familie der Requiemhaie (Carcharhinidae).
Artensteckbrief Bullenhai
Die Art verdankt ihren Namen nicht nur ihrem bulligen Aussehen. Denn Bullenhaie stoßen potenzielle Beute erst mit ihrem Kopf an. Mit dieser unberechenbaren Jagdstrategie (bump and bite) prüfen sie blitzschnell, ob z. B. ein Fisch, den sie in den oft trüben Küsten- und Flussgewässern nur schlecht erkennen können, auch tatsächlich essbar ist.
Man findet sie vor Amerika im Atlantik und Pazifik, südlich der Sahara vor Afrika, vor Indien, Südostasien und Australien. Weil sie so küstennah leben und zu den Arten gehören, die gelegentlich Menschen angreifen, werden sie gezielt bejagt.
Bullenhai-Männchen sind mit bis zu 2,1 m Länge deutlich kleiner als die bis zu 3,5 m großen Weibchen. Während Bullenhai-Weibchen ca. 320 kg schwer sind, erreichen Männchen nur etwa 90 kg.
Sie fressen im Prinzip alles, was ihren Weg kreuzt: von Wirbellosen über Knochenfische, Knorpelfische, Seevögel, Meeresschildkröten, Delfine oder Innereien von Walen. Aber auch Landsäugetiere stehen auf ihrem Speiseplan.
Nach 10 bis 11 Monaten Tragzeit bringt ein Weibchen in geschützten Küstengewässern nur bis zu dreizehn lebendgeborene Jungtiere zur Welt.
Bullenhaie gehören zu den wenigen Haiarten, die auch im Süßwasser leben. So sollen schon Exemplare mehr als 4.000 km landeinwärts im südamerikanischen Amazonas-Flusssystem gesichtet worden sein! Möglich ist dies, weil sich ihr Organismus an den Salzgehalt des Umgebungswassers anpasst. Je weniger salzhaltig, desto mehr trinken Bullenhaie, mitunter 20-mal mehr als andere Haie.
Gefahren
Ihre Lebensraumnutzung macht die Art anfällig für die Folgen von Zerstörung und Veränderung von Küstengebieten und Flussläufen. Zudem stehen Bullenhaie unter enormem Fischereidruck. Auch Jungtiere werden gezielt befischt. Begehrt sind hauptsächlich ihr Fleisch und die Flossen.
Hohe Beifangverluste treten aber auch in der Stell- oder Treibnetzfischerei, in Schleppnetzen und in der Langleinenfischerei auf. Eine weitere Gefahr droht den kräftigen Haien zudem von der sogenannten Sportfischerei. Dort müssen sie als beliebte Trophäe herhalten. Andere wiederum sterben in Hainetzen, mit denen zahlreiche südafrikanische Badestrände ausgerüstet sind.
Lebensraumverluste und fischereiliche Ausbeutung setzen dieser Haiart hart zu. In der Folge sind die Bestände in den vergangenen Jahrzehnten um 30–49 % zurückgegangen.
Junge Bullenhaie mit roten Augen
Von 2015 bis 2019 förderten wir die Dissertation „Unverzichtbare Gewässer: Junge Bullenhaie im größten Flusssystem der Fidschi-Inseln“ der Schweizer Meeresbiologin Kerstin Glaus von der Universität Basel. Zu ihrer großen Überraschung hatte fast jeder (80 %) kleine Bullenhai, den sie in der Rewa zu Markierungszwecken kurzzeitig einfing, beidseitig rote Augen. Wir unterstützten die Haiforscherin bei der Suche nach den Ursachen.

Publikation:
Glaus KBJ, Brunnschweiler JM, Piovano S, et al., Essential waters: Young bull sharks in Fiji’s largest riverine system, Ecol Evol. 2019;00:1–12. https ://doi. org/10.1002/ece3.5304
Schutzstatus
Auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten der Weltnaturschutzorganisation IUCN ist der Bullenhai als gefährdet mit abnehmender Bestandsentwicklung gelistet.
Im November 2022 nahm die 19. Vertragsstaatenkonferenz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) 54 Arten der Requiemhaie, darunter den Bullenhai, in CITES-Anhang II auf. Damit unterliegt der Handel mit Produkten dieser Arten (Fleisch, Knorpel, Flossen) unter der Kontrolle nationaler Artenschutzbehörden und des Zolls. Für Haischützer ist diese Entscheidung ein Meilenstein.
Unser Einsatz für Bullenhaie
Seit Januar 2022 führen wir gemeinsam mit der Schweizer Meeresbiologin und Haiforscherin Dr. Kerstin Glaus das Projekt „Ein Herz für Bullenhaie“ in Fidschi durch. Hierbei geht es darum, die Kinderstuben junger Bullenhaie mittels der Analyse von Umwelt-DNA (eDNA) aufzuspüren, damit diese geschützt werden können.
Zeigen Sie ein Herz für Bullenhaie!

Engagieren Sie sich für den Schutz dieser außergewöhnlichen Haie! Für Projekt-Spenden ab 50 Euro gibt es eine spezielle Projekturkunde.
Titelfoto: © Michael J. Lawrence/Marine Photobank