Gemeiner Delfin

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Die auch Gewöhnlicher Delfin (Delphinus delphis) genannte Art gehört zu den schönsten, häufigsten und bekanntesten Delfinarten. Gemeine Delfine sind äußerst gesellig und aktive Akrobaten. Man sieht sie oft in kleineren und sehr großen Schulen. Das können von zehn bis 50, gelegentlich auch Hunderte oder bis zu zehntausend Individuen sein. Ausgewachsene Exemplare sind zwischen 1,8 und 2,4 m groß und 77 bis zu 110 kg schwer. Männchen sind etwas größer als die Weibchen.

Systematik

Bis vor ein paar Jahren unterschied man zwei Arten in der Gattung Delphinus: Kurzschnäuziger (D. delphis) und Langschnäuziger Gemeiner Delfin (D. capensis). Die Taxonomen der Gesellschaft für Meeressäugerkunde entschieden 2016 schließlich, dass es sich um eine Art handelt (D. delphis). Derzeit sind vier Unterarten anerkannt. Das letzte Wort der Klassifizierung der Art ist jedoch noch nicht gesprochen.

Lebensraum und Verbreitung

Delphinus delphis: Grafik von NOAA Fisheries
© NOAA Fisheries

Der Gemeine Delfin ist eine der am weitesten verbreiteten, am häufigsten vorkommenden und am besten untersuchten Kleinwalarten.

Ihre Lebensräume sind tropische und gemäßigte Gewässer des Pazifiks und Atlantiks. Normalerweise in Gewässern, die 10–28 °C warm sind. Sie leben in Küsten- und Hochseegebieten sowie in Binnenmeeren. Wobei sie in der Ostsee nur seltene Irrgäste sind. Im Schwarzen Meer lebt die Unterart D. d. ponticus.

Häufig halten sie sich an Unterwasserkämmen, Seebergen und Kontinentalschelfen auf. Dort, wo tiefes, kaltes, nährstoffreiches Wasser an die Oberfläche steigt, gibt es reichlich Beute. Zu bestimmten Zeiten schwimmen sie allerdings auch in die südliche Nordsee, was wohl mit einem Zustrom von wärmerem Wasser zusammenhängt.

Wie viele Gemeine Delfine gibt es?

Laut IUCN liegen für eine Einschätzung des Bestands und seiner Entwicklung nicht genügend Daten vor. Ihre Gesamtzahl dürfte allerdings bei weit über drei Millionen Individuen liegen. Im Schwarzen Meer soll es mehrere Zehntausend, möglicherweise mehr als 100.000 Individuen geben.

Artensteckbrief Gemeiner Delfin

Wie sieht ein Gemeiner Delfin aus?

Es handelt sich um eine der auffälligsten Delfinarten überhaupt. Sie zeichnet sich durch ein charakteristisches „Sanduhrmuster“ aus. Der Körper ist vom Kopf bis knapp hinter der Rückenfinne grau. Dieser „graue Umhang“ bildet auf beiden Seiten des Körpers auf Höhe der Finne ein nach unten gezogenes „V“. Dadurch wird das Bild einer Sanduhr erzeugt. Hinter dem Kopf bis zur Rückenfinne sind sie gelb/braun gefärbt. Dies kontrastiert auffällig mit der dunkleren Rückenpartie. Hinter der Finne hingegen ist ihr Körper hellgrau. Zusätzlich zieht sich ein schmaler, dunkler Streifen vom Unterkiefer bis zur Brustflosse. Ihre Bauchseite ist hell. Außerdem fällt der Schnabel durch ein komplexes Gesichtsfarbmuster auf. Die Augen heben sich durch ihre dunkle Umrandung vom helleren Teilbereich des Kopfes ab. Bei Jungtieren sind die Farbmuster gedämpfter und blasser. Innerhalb der Populationen kann es zudem beträchtliche Unterschiede in den Farbmustern geben. Daher sind Verwechslungen mit ähnlich großen und geselligen Arten, wie Weißseitendelfinen, möglich.
Springender Gemeiner Delfin

Wie alt können sie werden?

Man schätzt, dass sie mindestens 40 Jahre alt werden.

Wie tief und wie lange können sie tauchen?

Gemeine Delfine können bis zu 8 Minuten unter Wasser bleiben. Meist sind es aber nur 10 Sekunden bis zu 2 Minuten. Ihre maximale Tauchtiefe liegt bei 300 m. In der Regel tauchen sie allerdings in Tiefen von um die 30 m.

Was frisst ein Gemeiner Delfin?

Normalerweise ruhen die Delfine tagsüber und fressen nachts. Sie ernähren sich von Schwarmfischen und Kopffüßern (z. B. Tintenfischen), die nachts an die Oberfläche wandern.

Wer sind die natürlichen Feinde?

Große Haiarten wie der Weiße Hai sowie Orcas. Gelegentlich greifen auch Große Tümmler und Kleine Schwertwale einzelne Exemplare an und töten sie.

Fortpflanzung

Im Durchschnitt erreichen Männchen mit 10 Jahren und Weibchen mit 8 Jahren ihre Geschlechtsreife. Nachwuchs gibt es alle 2 bis 3 Jahre. Die Weibchen gebären jeweils ein Kalb, das bei der Geburt etwa 80 bis 90 cm groß und zwischen 20 und 36 kg schwer ist.

Jungtiere kommen nach 10- bis 11-monatiger Tragzeit entweder in den Wintermonaten (kalifornische Küste) oder ganzjährig zur Welt (tropischer Ostpazifik). Nach einem Jahr sind die Kälber entwöhnt. Jedoch hängen sie noch ein Jahr oder länger von ihrer Mutter ab.

Verhalten

Gemeine Delfine sind energiegeladen. Sie springen oft mit hoher Geschwindigkeit aus dem Wasser. Schlagen Saltos in der Luft. Überschlagen sich. Häufig sieht man sie beim Bugwellenreiten. Das machen sie auch an der Seite schnell schwimmender Großwale wie Finnwale.

Im tropischen Ostpazifik ist der Gemeine Delfin mit Gelbflossen-Thunfischen vergesellschaftet. Warum das so ist, weiß man nicht. Denn während sich die Meeressäuger an der Wasseroberfläche aufhalten, befindet sich der Thunfischschwarm etwa 100 bis 150 m darunter. Auch gemeinsam mit Seevogelschwärmen sieht diese Delfine häufig. Zudem bilden sie gemischte Gruppen mit Spinner- und Streifendelfinen.

Einzelner Gemeiner Delfin.

Gemeiner Delfin in der griechischen Ägäis. Foto: Edith und Jürgen Fleissner

Wanderungen

Es sind unstete Gesellen. Manche Populationen begeben sich auf saisonale Wanderungen. Andere wiederum sind ortstreu. Sie folgen auch warmen Strömungen über ihr normales Verbreitungsgebiet hinaus. Deshalb kommen Gemeine Delfine gelegentlich auch in die südliche Nordsee. Zwischen 1958 und 2017 sind für die deutsche Nordseeküste 12 Strandungen für die Art dokumentiert.

Schutzstatus Gemeiner Delfin

Der Gemeine Delfin ist eine der häufigsten Delfinarten. Auf der Roten Liste der IUCN ist die Art als „nicht bedroht“ eingestuft. Die Population im Mittelmeer allerdings ist bedroht. Die Art steht auf Anhang II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES). Das ermöglicht den Handel mit lebenden Exemplaren mit entsprechenden Ein- und Ausfuhrgenehmigungen.

Gefahren

Fischerei

Hauptbedrohung ist das unbeabsichtigte Ertrinken in Fischernetzen (Beifang). Dabei kommen fast alle in der kommerziellen Fischerei eingesetzten Fanggeräte infrage. Kiemennetze, Ringwadennetze, Schleppnetze, Reusen und Langleinen. Gemeine Delfine haben die höchste Sterblichkeitsrate aller Meeressäuger, die als Beifang in der Treibnetzfischerei vor der Küste Kaliforniens sterben.

Golf von Biskaya

Im Golf von Biskaya sterben von Dezember bis März besonders viele Gemeine Delfine in den Schleppnetzen französischer, spanischer und portugiesischer Trawler als Beifang. In den vergangenen 30 Jahren sollen es mindestens 90.000 Tiere gewesen sein. Am 26. Oktober 2023 erließ die französische Regierung daher ein zeitlich begrenztes Fischfangverbot.

Tropischer Ostpazifik

Der Gemeine Delfin ist eine von drei Delfinarten, die im tropischen Ostpazifik mit Gelbflossen-Thunfischen vergesellschaftet sind. Dieses Verhalten machen sich Thunfischfänger zunutze. Sie kreisen Delfinschulen mit Ringwadennetzen ein, um den darunter schwimmenden Thunfischschwarm abzufischen.

Delfinschule gefangen im Ringwadennetz beim Thunfischfang

Delfine gefangen in einem Ringwadennetz beim Thunfischfang. Foto: Sam LaBudde

Diese Fangtechnik verursachte die größte Massenvernichtung von Meeressäugern in der Geschichte der Menschheit. Beginnend in den späten 1950er-Jahren bis Anfang der 1990er-Jahre starben in diesem Fanggebiet mehr als sieben Millionen Delfine. Die Fischereimethode kommt auch heutzutage zum Einsatz. Auch wenn es mittlerweile vorgeschrieben ist, dass mitgefangene Delfine wieder freigelassen werden müssen, haben sich die dortigen Populationen nicht erholt.

Indischer Ozean

Auch im Indischen Ozean und vor der Westküste Afrikas sterben viele Meeressäuger bei der Ringwaden- und Treibnetzfischerei. Schätzungen zufolge starben zwischen 1950 und 2018 beim Thunfischfang mit Treibnetzen im Indischen Ozean 4,1 Millionen Tiere. Darunter ein unbekannter Anteil Gemeiner Delfine.

Gezielte Jagd

Im Schwarzen Meer wurden Gemeine Delfine ebenso wie Schweinswale und Große Tümmler bis zu einem offiziellen Verbot 1966 in der UdSSR, Bulgarien und Rumänien und 1983 in der Türkei gejagt.

In der Türkei sollen zwischen 1953 und 1982 einer FAO-Schätzung zufolge mehr als 2 Millionen Kleinwale getötet worden sein. Bis zum Jagdverbot stellte die türkische Regierung dafür sogar Gewehre und Munition zur Verfügung. Verarbeitet wurden die Kadaver hauptsächlich zu Öl (für die Industrie und Lederverarbeitung). Später auch zu Fischmehl als Geflügelfutter. Gelegentlich diente das Fleisch auch zum menschlichen Verzehr. Das bis zu einem Importverbot nach Westeuropa importierte Öl wurde vornehmlich in der Kosmetikproduktion verwendet.

In Peru jagt man den Gemeinen Delfin auch heute noch illegal zum menschlichen Verzehr. Peruanische Fischer setzen Delfinfleisch zudem als Köder für die Hai-Fischerei ein.

Verschmutzung des Lebensraums

Wie andere Meeressäuger sind Gemeine Delfine mit Umweltgiften belastet. In europäischen Gewässern sind bei ihnen PCB-Konzentrationen allerdings niedriger als bei anderen Cetaceenarten. Dennoch haben die Tiere gesundheitliche Probleme. Sie sind wahrscheinlich auf PCB zurückzuführen.

Unterwasserschall (Schiffsmotoren, Airguns, militärische Sonare) kann zu dauerhaften oder vorübergehenden Hörverlusten führen. Mit der Folge, dass Nahrungsaufnahme, Kommunikation und Orientierung der Tiere gestört sind. Unterwasserschall wird oft mit Massenstrandungen in Zusammenhang gebracht.

Der Gemeine Delfin ist auch durch zunehmende Plastik-Vermüllung gefährdet. Bei 35 in Galicien, Nordwestspanien, gestrandeten Tieren fand man bei allen Mikroplastik im Magen.

Autor: Ulrich Karlowski

Foto oben: pixabay

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