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Guyana-Delfine (Sotalia guianensis) sind aktiv und gesellig. Zwar verhalten sie sich Booten gegenüber zurückhaltend, surfen aber oft in den Wellen vorbeifahrender Boote. Die schnellen Schwimmer sehen aus wie eine kleine Version des Großen Tümmlers. Von diesem unterscheiden sie sich aber auch durch ihre helle, meist rosa bis weiß oder grau gefärbte Unterseite.
Systematik
Sie sind eine von zwei Arten der Gattung Sotalia. Weil sie dem Amazonas-Sotalia (Tucuxi) zum Verwechseln ähnlich sind, zählte man sie früher zu einer Art. Genetische und morphologische Studien zeigten jedoch, dass es sich um zwei Arten handelt.

Lebensraum und Verbreitung
Der Lebensraum der Guyana-Delfine erstreckt sich von der honduranischen Küste bis hin zur südlichsten Grenze im Bundesstaat Santa Catarina im Süden Brasiliens. Doch auch in der Karibik kann man sie gelegentlich antreffen. Sie bevorzugen Flussmündungen, Buchten und andere flache, geschützte Küstengewässer. Es gibt auch noch kleinere und wahrscheinlich isolierte Populationen im südlichen Süßwasserteil des Maracaibo-Sees in Venezuela und im mittleren Orinoco (Kolumbien).
Artensteckbrief Guyana-Delfin
Abgesehen von den auffälligen Farbvariationen der Körperunterseite sind sie an ihrer kleinen, dreieckigen Rückenflosse, den breiten Flippern und ihrem langen, schmalen Schnabel gut zu erkennen. Ihre Augen sind schwarz umrandet.
Laut IUCN liegen für eine Einschätzung des Bestands und seiner Entwicklung nicht genügend Daten vor.
Ausgewachsene Exemplare sind bis zu 1,80 m groß. Dabei sind die Weibchen etwas größer als die Männchen.
Ihr Körpergewicht liegt zwischen 35 und 45 kg.
Männchen können rund 29 Jahre, Weibchen bis zu 30 Jahre alt werden (bislang das höchste dokumentierte Alter).
Guyana-Delfine bleiben selten länger als 1 Minute unter Wasser. Meist dauern ihre Tauchgänge nur 30 Sekunden. Dabei tauchen sie nicht tiefer als 23 m. Sie scheinen tiefe Gewässer allerdings zu meiden.
Guyana-Delfine ernähren sich von einer Vielzahl kleinerer Fischarten sowie von Tintenfischen, Krebsen und Garnelen.
Schwertwale (Orcas) jagen die kleinen Delfine. Auch Bullenhaie können ihnen gefährlich werden.
Verhalten
Guyana-Delfine sind schnell, aktiv, gesellig und sehr koordiniert. Dabei variieren die Gruppengrößen je nach Lebensraum stark. Meistens sind es zwischen 2 bis zu 60 Tiere. Vor der brasilianischen Küste wurden allerdings auch schon Gruppen von über 400 Individuen beobachtet.

Beim schnellen Schwimmen und bei Sprüngen bleiben die Delfine oft synchron und eng zusammen. Aus dem Südosten Brasiliens gibt es Berichte von Guyana-Delfinen, die sogar gemeinsam mit Hunden schwimmen. Foto: © Fundacion Omacha/Facebookseite
Fortpflanzung
Männchen erreichen die Geschlechtsreife mit sechs bis sieben Jahren. Weibchen zwischen dem fünften bis siebten Lebensjahr. Geburten können fast vier Jahre auseinander liegen. Kälber kommen nach 11 – 12 monatiger Trächtigkeit auf die Welt. Bei der Geburt sind sie 92 bis 106 cm groß.
Wanderungen
Diese Küstendelfine sind recht ortstreu und wandern kaum. Studien zeigten, dass sich einzelne Delfine vor der Küste Brasiliens bis zu zehn Jahre in ein und demselben Gebiet aufhalten.
Schutzstatus
Die Gattung Sotalia steht auf Anhang I des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES), der höchsten Schutzstufe. Deshalb ist der internationale Handel mit lebenden Tieren oder Produkten verboten. Auf der Roten Liste der IUCN sind sie als „potenziell gefährdet“ eingestuft. Wobei für eine genauere Bewertung allerdings nicht genügend Daten zur Verfügung stehen.
Zudem sind sie in zahlreichen Ländern unter Schutz gestellt, der oft jedoch kaum oder gar nicht überwacht wird.
Gefahren
Fischerei
Häufige Beifänge treten durch Stellnetze, Ringwadennetze sowie Garnelen- und Fischreusen auf. Ältere Daten zeigen, dass bis 2004 entlang der brasilianischen Küste jährlich etwa 90 Guayana-Delfine als Beifang starben.
Direkte Jagd
Guyana-Delfine werden auch direkt gejagt: um ihr Fleisch entweder als Haiköder zu nutzen oder als Nahrung.

Guyana-Delfin mit Messerschnitten und entferntem Rückenmuskel. Hier fand das Delfinfleisch Verwendung als Fischköder in der Langleinenfischerei. © Hector Barrios-Garrido
Meeresverschmutzung
Wie alle küstennah lebenden Meerestiere sind Sotalias durch die Verschmutzung ihrer Lebensräume mit industriellen, landwirtschaftlichen und kommunalen Abwässern direkt bedroht. Indirekt akkumulieren sie Umweltgifte wie PCB oder Quecksilber (aus der Fluss-Goldgewinnung) über ihre Beutetiere. Große Häfen wie Baia de Guanabara (Rio de Janeiro), Santos (São Paulo) und Paranaguá (Paraná) sind durch Abwässer, einschließlich Schwermetallen, stark verschmutzt.
Die Verwendung von in Industrieländern bereits verbotenen Insektiziden ist in Südamerika weit verbreitet. Denn krebserregende und hormonell wirksame Organochlorpestizide wie DDT, Pentachlorphenol, Hexachlorbenzol, Lindan, Aldrin oder Dieldrin mit hoher Persistenz und hohem Bioakkumulationspotenzial werden hier noch verwendet. Die dabei ins Meer gespülten Toxine reichern sich im Blubber (Fettschicht unter der Haut) der Delfine an.
Hinzu kommen Belastungen durch Ölverschmutzungen. Besonders in Flussmündungen. Aber auch aus der Offshore-Ölförderung vor den Küsten von Brasilien, Venezuela und Kolumbien.
Seit 2009 beobachten Wissenschaftler zunehmend Hautkrankheiten bei in Flussmündungen lebenden Guyana-Delfinen. Diese treten bei Meeressäugern häufig bei einer zu hohen Belastung mit Umweltgiften auf.
Titelfoto: Fundacion Omacha/facebookseite