Haie in der Adria

In der Ostadria gibt es rund 30 Haiarten. Viele davon sind kleiner und unspektakulärer. Am beeindruckendsten dürften die zwei Großen sein: Weißer Hai und Riesenhai. Doch für sie wie für einige andere der größeren Arten gilt: Haie in der Adria sind selten oder selten geworden.

Riesenhai (Cetorhinus maximus)

Im Mittelmeer werden die völlig harmlosen Filtrierer häufig gesichtet, vor allem im Frühjahr im Nordwesten. Und bei Sardinien sind sie saisonal sogar regelmäßige Besucher. Ein ausführliches Artenporträt gibt es hier.

Riesenhai in der Adria
Mit geöffnetem Maul schwimmen Riesenhaie umher und lassen Wasser einströmen, aus dem sie Zooplankton durch die Kiemenreusen herausfiltern. Foto: David Mark/Pixabay

Erkennungsmerkmale

  • bis zu 12 m groß und 1 bis 5 t schwer
  • Körperfarbe variabel von dunkelblau bis braun, helle Unterseite
  • große, dreieckige Rückenflosse, kleine hintere Rückenflosse
  • relativ kleine, breite Brustflossen

Auch in der nördlichen Adria waren sie schon zu sehen. Erst Mitte März 2024 wurde ein etwa 8 m großer Riesenhai im Golf von Triest zwischen Santa Croce und Marina di Aurisina gesichtet, wie aus dem italienischen Biosphärenreservat Miramare gemeldet wurde. Weitere dokumentierte Sichtungen gab es Ende Februar 2023 vor Pula in Istrien, im März der Jahre 2022 und 2021 wurde jeweils ein Riesenhai in der Kvarner Bucht gesichtet. Die Art gilt weltweit als stark gefährdet.

Weißer Hai (Carcharodon carcharias)

Ob es sich bei den medialen Sensationsmeldungen im Sommerloch tatsächlich immer um einen Weißen Hai in der Adria handelt, darf bezweifelt werden. Denn Verwechslungen mit Kurzflossen-Mako oder Heringshai sind möglich. Ausgeschlossen ist es jedoch nicht. Im Oktober 2017 wurde beispielsweise einer vor Rimini gesichtet (VIDEO).

Weißer Hai.
Foto: Gerald Schömbs/unsplash

Erkennungsmerkmale

  • bis zu 6,6 m groß, in der Adria 3–5 m, Gewicht durchschnittlich 1 t
  • hellgrauer bis bräunlicher Rücken, weißer Bauch
  • große dreieckige Rückenflosse, winzige hintere Rückenflosse
  • große sichelförmige Brustflossen

Im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren Weiße Haie in den Küstengewässern der östlichen Adria relativ häufig. Doch mit dem Schwund ihrer Hauptbeute Thunfisch verschwanden auch sie mehr oder weniger. Biologen vermuten in der Adria jedoch eine Kinderstube. Die Art gilt im Mittelmeer als vom Aussterben bedroht, weltweit als gefährdet.

Kurzflossen-Makohai (Isurus oxyrinchus)

Mit Geschwindigkeiten von bis zu 70 km/h – manche Experten gehen von bis zu 100 km/h aus – gelten sie als die schnellsten Haie der Welt. Außerdem springen sie gern aus dem Wasser, sogar bis zu 9 m hoch.

Kurzflossen-Makohai
Weltweit gelten Kurzflossen-Makos als stark gefährdet

Erkennungsmerkmale

  • durchschnittlich bis zu 4m groß und bis zu 500 kg schwer
  • sehr schlanker, stromlinienförmiger Körper
  • Körperfarbe „metallisch“ blau, Unterseite hell bis weiß
  • spitze Schnauze
  • große, runde Augen

Kurzflossen-Makos sind im Mittelmeer allerdings nicht häufig anzutreffen und nur selten in der Adria. Im Juni 2019 kreuzte ein Kurzflossen-Mako vor der Stadt Makarska. Von 2014 bis 2017 wurden acht Exemplare gefangen, davon zwei auf italienischer Seite. Insbesondere der große Fischereidruck und schlechtes Fischereimanagement gefährden die (in Kroatien allerdings geschützte) Art.

Blauhai (Prionace glauca)

Die Art gehörte einst zu den häufigsten Haiarten in der Adria. Heute ist sie vom Aussterben bedroht. In der Nordadria soll sich eine Kinderstube befinden. Küstennahe Sichtungen gab es etwa im Mai 2022 vor der Insel Žirje. Im Mai 2020 vor Soverato, Italien, und im April 2020 im Hafen der kroatischen Ortschaft Crkvenica.

Blauhai im Atlantik
Der im Mittelmeer vom Aussterben bedrohte Blauhai gilt als Speisefisch, der auch in Deutschland in Fischtheken und Restaurants verkauft wird. Foto: iStock.com/Velvetfish

Erkennungsmerkmale

  • durchschnittlich 3 m groß und 180 kg schwer
  • stromlinienförmiger Körper
  • blaue Körperfarbe, Unterseite weiß

Während Blauhaie in Kroatien streng geschützt sind, zählen sie im Mittelmeer zu einer bedeutenden Zielfischart. Zudem sterben sie in der Fischerei häufig als Beifang.

Gewöhnlicher Glatthai (Mustelus mustelus)

Die Art kommt in der Adria häufig vor. Man nimmt an, dass sich die in Bodennähe lebenden Haie hier fortpflanzen. Die nicht geschützten Haie werden – obwohl sie weltweit stark gefährdet sind – im gesamten Mittelmeer intensiv mit Grundschleppnetzen, Langleinen und manchmal auch mit Stellnetzen befischt. Zudem sterben sie häufig als Beifang in der Fischerei.

Glatthai
Glatthai. Foto: iStock.com/CreativeNature

Erkennungsmerkmale

  • 1 bis1,2 m groß
  • relativ schlanker Körper
  • dunkle Körperfarbe, weißer Bauch

Heringshai (Lamna nasus)

Heringshaie stehen im Mittelmeer aufgrund von Fischerei (Fang, Beifang, Sportfischerei) am Rande der Ausrottung. In der Adria gab es laut dem Haiexperten Andrej Gajić bislang 26 dokumentierte Funde, davon 11 in der östlichen und 15 in der Westadria (Stand 2019). In Kroatien drohen empfindliche Strafen für den Fang eines Heringshais: zwischen 4.000 und 27.000 Euro, wie Gajić berichtet.

toter Heringshai
Der Heringshai gilt im Mittelmeer und in Europa als vom Aussterben bedroht. Dennoch wird er im Handel angeboten, oft als Kalbsfisch oder Seestör „getarnt“. © NOAA

Erkennungsmerkmale

  • durchschnittlich 2,2 bis 2,5 m groß und bis zu 250 kg schwer
  • Rücken grau bis blau, Seiten und Bauch hell bis weiß
  • Unterscheidungsmerkmal zum Weißen Hai und Mako: weißer Fleck unten an der Hinterkante der Rückenflosse (auf dem Foto gut zu sehen)

Fuchs- oder Drescherhai (Alopias vulpinus)

Die Art ist selbst für Laien leicht an ihrer extrem langen Schwanzflosse zu erkennen. Der Flossen-Oberlappen kann so lang sein wie der restliche Körper! Besonders gut ist er über Wasser zu sehen: Denn als eine von nur wenigen Haiarten vollführen Fuchshaie gelegentlich sehr hohe Luftsprünge.

Gewöhnlicher Fuchshai
Die lange Schwanzflosse dient Fuchshaien als „Jagdwerkzeug“: Sie treiben damit Fische zusammen oder betäuben sie mit einem Flossenhieb. Auf diese Weise erbeuten sie sogar Seevögel. Foto: iStock.com/bearacreative

Erkennungsmerkmale

  • 3–4 m groß und bis zu 400 kg schwer
  • Körperfarbe: oben glänzend braun bis grau, helle Unterseite
  • extrem langer Oberlappen der Schwanzflosse (er kann so lang sein wie der restliche Körper)

Gemeine Fuchshaie sind im Mittelmeer relativ häufig und gehörten früher ebenfalls mit zu den häufigsten Haiarten in der Adria. Im nördlichen Teil soll sich auch eine Kinderstube befinden. Obwohl sie laut Roter Liste der Weltnaturschutzunion IUCN als gefährdet gelten, werden sie – außer in Kroatien – gezielt befischt.

Gefleckter Meersauhai (Oxynotus centrina)

Auf diesen Tiefseehai aus der Gattung der Schweinshaie (Ordnung Dornhaiartige) wird man als Tourist eher selten treffen. Die Gefleckte Meersau (Oxynotus centrina) lebt bodennah meist in Tiefen von 100 bis 750 m. Als Vertikalwanderer steigt dieser Hai nachts zur Oberfläche auf 30 bis 100 m.

Haiforscher Andrej Gajić im Labor mit einer Gefleckten Meersau
Andrej Gajić mit einem Gefleckten Meersauhai im Sharklab ADRIA, © E. Neuman

Erkennungsmerkmale

  • durchschnittliche Größe von 50–70 cm, bei durchschnittlich 4–5 kg Gewicht
  • meist graubraune Körperfärbung mit helleren Stellen an Kopf und Seiten
  • 2 segelartige Rückenflossen, keine Analflosse
  • gedrungener Körper, sehr raue Haut

Im März 2024 ging einem kommerziellen Trawler in der Südadria rund 5 Seemeilen vor der albanischen Insel Sazan in 200 m Tiefe ein leuzistischer Gefleckter Meersauhai, ein „weißer“ Hai, als Beifang ins Netz. Aufgrund einer Pigmentstörung besaß er einen hellen Körper mit weißgrauen Flecken.

Der renommierte Haiexperte Andrej Gajić veröffentlichte im Oktober 2024 eine Erstbeschreibung1 dieses leuzistischen Exemplars im Fachmagazin Journal of Fish Biology. Mehr zu diesem seltenen Hai und außergewöhnlichen Fang gibt es hier:


Weitere Haie in der Adria

Broschüre Bedrohte Artenvielfalt in der Adria: Der Hammer, Seiten 54-55
DSM-Broschüre „Bedrohte Artenvielfalt in der Adria: Meeressäuger, Haie, Meeresschildkröten und andere faszinierende Meerestiere“. Darin stellen wir 32 Meerestiere aus der Adria von Groß bis Klein vor

Kurzporträts von weiteren, eher selteneren Haiarten in der Adria finden Sie in unserer Broschüre Bedrohte Artenvielfalt in der Adria – Meeressäuger, Haie, Schildkröten und andere faszinierende Meerestiere:

  • Weißspitzen-Hochseehai (Carcharhinus longimanus)
  • Grauhai (Hexanchus griseus)
  • Glatter Hammerhai (Sphyrna zygaena)
  • Sandtigerhai (Carcharias taurus)
  • Sandbankhai (Carcharhinus plumbeus)
  • Hundshai (Galeorhinus galeus)
  • Samtbauchhai (Etmopterus spinax)

Zudem enthält die Broschüre wichtige Informationen zum Naturschutz in Kroatien sowie ein paar Aktionstipps.

Der Haiexperte Andrej Gajić beschreibt in seinem umfassenden Werk2 über Haie und Rochen in der Ostadria insgesamt 31 Haiarten. Außer den bereits erwähnten führt er noch die folgenden, zum Teil vom Aussterben bedrohten Haiarten für die Ostadria auf:

  • Bronzehai (Carcharhinus brachyurus)
  • Dornhai (Squalus acanthias)
  • Fleckhai (Galeus melastomus)
  • Großaugen-Fuchshai (Alopias superciliosus)
  • Großer Schwarzspitzenhai (Carcharhinus brevipinna)
  • Großgefleckter Katzenhai oder Großer Katzenhai (Scyliorhinus stellaris)
  • Kleingefleckter Katzenhai (Scyliorhinus canicula)
  • Langnasen-Dornhai (Squalus blainvillei)
  • Meerengel oder Gemeiner Engelhai (Squatina squatina)
  • Nagelhai (Echinorhinus brucus)
  • Schildzahnhai (Odontaspis ferox)
  • Schlinghai oder Rauer Dornhai (Centrophorus granulosus)
  • Schokoladenhai (Dalatias licha)
  • Schwarzpunkt-Glatthai (Mustelus punctulatus)
  • Spitzkopf-Siebenkiemerhai (Heptranchias perlo)
  • Weißgefleckter Glatthai (Mustelus asterias)
Sandtigerhai.
Sandtigerhaie sind im Mittelmeer rar. 1999 wurde ein 3,80 m großes Exemplar bei der norddalmatinischen Insel Molat gefangen. Die Art ist vollkommen harmlos. Foto: iStock.com/DarrenTownsend
Meerengel vor Teneriffa
Meerengel (Squatina squatina) vor Teneriffa. Die bodenbewohnende Art ist vom Aussterben bedroht.
Foto: Philippe Guillaume-Slingshot-CC-BY-2.0-https://commons.wikimedia.org windex.phpcurid=7230215-400×267
  1. Gajic, A. A., de Loose, E., Martin, A. G., Neuman, E., & Karalic, E. (2024). First description of leucism in the deep-sea angular rough shark (Oxynotus centrina) and the first documented pigment disorder in family Oxynotidae Gill, 1912. Journal of Fish Biology, 1–5. https://doi.org/10.1111/jfb. 15962 ↩︎
  2. GAJIĆ, Andrej A.: Ajkule i raže istočnog Jadrana sa bazičnom biologijom, osvrtom na stepen ugroženosti i mjerama zaštite pojedinih vrsta (Haie und Rochen in der Ostadria mit Basisangaben zu Biologie, einem Überblick über den Gefährdungsgrad sowie Schutzmaßnahmen zu den einzelnen Arten) – Sarajevo: Centar za marinsku i slatkovodnu biologiju, Sharklab Adria, 2019. – 321 str. : fotogr. ; 25 cm, Bibliografija: str. 296-310. ISBN 978-9926-8360-0-9 ↩︎

Haie in Not

Mittlerweile ist es im gesamten Mittelmeer um diese Knorpelfische schlecht bestellt, wie der WWF in seinem Haibericht 2019 für das Mittelmeer (Sharks in Crisis – A call to action for the Mediterranean) schreibt. Von den derzeit 73 dort vorkommenden Spezies sind mehr als die Hälfte gefährdet.

Haigerichte im Restaurant

In Kroatien, ebenso wie in Deutschland und anderen Ländern, werden in Restaurants und an Fischtheken auch gefährdete Haiarten ganz legal angeboten. Verzichten Sie auf den Verzehr von gefährdeten Arten. Foto: U. Kirsch/DSM

Die mit Abstand größte Gefahr für Haie und Rochen geht von der Überfischung aus. 80 % der erfassten Bestände im Mittelmeer gelten als überfischt! Dies nicht nur, weil sie gezielt gefangen werden, sondern häufig auch, weil sie als Beifang oder Rückwurf sterben.

Ohnehin sieht es für Haie und Rochen weltweit noch schlechter aus als bislang bekannt: 37 Prozent der Haie und Rochen weltweit sind inzwischen vom Aussterben bedroht, wie die Weltnaturschutzunion IUCN im September 2021 mitteilte. Die Gefahren liegen hauptsächlich in der Fischerei (Überfischung, Beifang, Shark Finning). Hinzukommen Lebensraumverlust und Klimawandel.

Autorin: Ulrike Kirsch, Oktober 2021, aktualisiert Oktober 2024

Titelfoto: Blauhai, istock.com/Velvetfish


Was können Sie tun?

Verzichten Sie – auch im Urlaub – auf den Verzehr von Haiprodukten. Achten Sie dabei auf als Kalbsfisch, Seestör oder Schillerlocke „getarnte“ Haiprodukte.

Citizen Science – Bürgerforscher:
Mithilfe der sozialen Medien wollen Haiforscher mehr über Haie und Rochen im Mittelmeer herausfinden, um eine umfassende Datenbank über die Arten zu erstellen. Dafür wurde das MECO Project gegründet (Mediterranean Elasmobranch Citizen Observations): Denn je mehr wir wissen, umso besser können wir Arten schützen!

Die öffentliche Facebook-Gruppe heißt: Hai-Sichtungen Mittelmeer/Sharks of the Mediterranean. Dort können Sie Ihre Sichtungen melden … und staunen, welche Arten schon entdeckt wurden!

Bildspenden:
Sie haben einen Hai gesehen? Wir freuen uns immer über Bildmaterial (Foto, Video), denn: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.


Weiterführende Informationen