Rundkopf-Geigenrochen (Rhina ancylostoma) sind große, haifischähnliche Rochen mit runder Kopfform. Die Art ist neben ihrer beachtlichen Größe gut an großen über Kopf und Rücken verlaufenen Stachelleisten sowie ihrer auffälligen bläulich grauen, deutlich weiß gepunkteten Färbung zu erkennen. Über die Biologie der Art ist wenig bekannt. Sie leben, wie die meisten Geigenrochen, sehr küstennah in und vorgelagerten Riffen. Sie bevorzugen Flachwasser-Lebensräume und tauchen bis 70 m tief und jagen hauptsächlich am Meeresboden lebende kleinere Fische, Krabben, Garnelen, Muscheln und Kopffüßer. Im Englischen nennt man sie Bowmouth Guitarfish, Mud Skate oder Shark Ray.
Systematik
Die Art ist der einzige Vertreter in der monotypischen Gattung Rhina aus der Familie Rhinidae. Der Artname ancylostomus stammt aus dem Griechischen von ankulos (hakenförmig, krumm) und stoma (Maul) in Anlehnung an das bogenförmige Maul dieser Art.
Lebensräume
Die verbliebenen Lebensräume sind stark fragmentiert. Sie erstrecken sich über tropische und subtropische Küstengewässer im Indowestpazifik, vor Südafrika über den westlichen Indischen Ozean, das Arabische Meer, Südostasien, im Norden bis Japan, im Süden bis Australien. Dort vorwiegend entlang der Nordküste und an der Ostküste bis Neukaledonien.
Wie viele Rundkopf-Geigenrochen gibt es noch?
Daten zum weltweiten Bestand liegen nicht vor. Die Art ist unmittelbar vom Aussterben bedroht. Ihre Bestandsentwicklung ist in allen Lebensräumen zum Teil sehr stark rückläufig. Fischereidaten zeigen, dass Fänge der für den menschlichen Verzehr und wegen ihrer außerordentlich teuren Flossen begehrten Geigenrochenart in allen Fanggebieten innerhalb weniger Jahre dramatisch zurückgingen. Teilweise um über 90 Prozent. Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN steht die Art als vom Aussterben bedroht.
Artensteckbrief Rundkopf-Geigenrochen
Ihre Oberseite ist blaugrau mit weißen Punkten. Sie haben einen großen blau umrandeten, schwarzen Fleck über jeder Brustflosse sowie dunkle Bänder zwischen den Augen. Diese Färbung ist bei großen Individuen oft nicht so ausgeprägt. Markanteste Merkmale der Art sind die breite, stumpfe Schnauze, die großen Dornen auf den knöchernen Graten auf dem Kopf und die großen Spirakel (Atemöffnungen hinter den Augen). Der hintere Teil des Körpers ist viel länger als der Kopfteil.
Foto: © Justin Cain/NewportAquarium/IUCN Shark Specialist Group
Es handelt sich um mittelgroße Rochen. Sie können bis zu 2,70 m lang und 135 kg schwer werden.
Vermehrung
Über die Fortpflanzung weiß man nicht viel. Weibchen erreichen ihre Geschlechtsreife, wenn sie ca. 1,80 m groß sind. Männchen etwas früher, wenn sie zwischen 1,50 m und 1,75 m groß sind. Rundkopf-Geigenrochen sind ovovivipar (lebend gebärend). Hierbei sind die Jungtiere im Körper der Mutter aus einem Ei mit Schale geschlüpft und kommen vollständig entwickelt zur Welt. Zusätzliche Nahrung von der Mutter erhalten die Embryonen durch indirekte Absorption von Gebärmutterflüssigkeit, die mit Schleim und Proteinen angereichert ist.
Die Tragzeit ist unbekannt. Es kommen nur jeweils 2 bis 11 Jungtiere zur Welt. Ihre Geburtsgröße liegt zwischen 46 und 48 cm.
Gefahren
Die Nachfrage nach Hai- und Rochenprodukten (Fleisch und Flossenhandel) hat den Druck auf alle Arten der Geigenrochen gewaltig verschärft.
Fischerei
Intensive Fischerei ist die Hauptursache für die starken Bestandsrückgänge der Art. Denn Fischereiaufwand und die Zahl der Fischer hat in den vergangenen Jahrzehnten im gesamten Verbreitungsgebiet dieser Art zugenommen.
Anekdotische Berichte deuten außerdem darauf hin, dass im Süden Mosambiks handwerkliche Langleinenfischerei den Bestand massiv geschwächt hat. Vor Beginn der Einführung der Langleinenfischerei in den frühen 2000er-Jahren gab es Rundkopf-Geigenrochen noch häufig in den Riffen vor der Küste des Landes. Heute kommen sie dort nur noch in geringer Zahl vor.
Zudem plündern große Fischereinationen – auch aus der EU – mit großen Schleppnetzen die Küstengewässer. Dabei sterben auch Rundkopf-Geigenrochen als Beifang. In einigen Regionen ihres Verbreitungsgebiets litten die Bestände, bis zu ihrem Zusammenbruch, auch stark unter illegaler, nicht gemeldeter und unregulierter (IUU) Fischerei. So vor den Küsten von Somalia und Jemen und Ostafrika.
Lediglich in ihren australischen Verbreitungsgebieten sind Geigenrochen und Sägerochen relativ sicher. In Australien werden sie nicht gezielt befischt, aber als Beifang gefangen. Seit der Einführung des „turtle excluder device“ in der nord- und ostaustralischen Krabbenfischerei, der das Entkommen von Meeresschildkröten aus Schleppnetzen ermöglicht, ist als Nebeneffekt auch die Beifanghäufigkeit von großen Rochen erheblich zurückgegangen.
Flossenfischerei
Große Rochenarten sind sie nicht nur wegen ihres Fleisches eine gefragte Beute. Denn die hellen Flossen von Geigenrochen gelten, wie auch die von Sägerochen, als die hochwertigsten und teuersten für den menschlichen Verzehr. Sie gehören zu den wertvollsten im internationalen Haiflossenhandel. Flossen von Geigenrochen kosten etwa 1.000 US-Dollar pro Kilogramm und eignen sich perfekt für Haifischflossensuppe, eine Delikatesse, die von wohlhabenden ostasiatischen Fischliebhabern geschätzt wird. Deshalb werden diese großen Rochenarten in vielen Ländern gezielt befischt.
Zerstörung der Lebensräume
Abgesehen davon, verlieren Rundkopf-Geigenrochen, wie alle küsten- und bodennah lebende Geigenrochen, durch Abholzung von Mangrovenwäldern und Baumaßnahmen an den Küsten zahlreiche Lebensräume. Im Arabischen Meer und den angrenzenden Gewässern haben Baggerarbeiten und Küstenlandgewinnung in den vergangenen Jahren zugenommen. In einigen Gebieten, wie Bahrain, führte dies fast zum Totalverlust von Mangrovenwäldern. Südostasien verzeichnet seit 1980 einen geschätzten Rückgang der Mangrovenfläche um 30 Prozent.
Schutzprogramme
Es gibt nur wenige Schutzprogramme (lokale Verbote der Flossenfischerei und von Schleppnetzen, überwachte Meeresschutzgebiete) für die Art.
Internationale Schutzabkommen
Seit Ende November 2019 stehen alle Arten der Familie Rhinidae auf Anhang II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES). Das ermöglicht den Handel mit lebenden Exemplaren, Fleisch, Flossen und anderen Körperteilen bei Vorlage entsprechender Ein- und Ausfuhrgenehmigungen.
Lokale Schutzprogramme
Kuwait verbietet den Fang aller Rochen, und in Israel sind alle Haie und Rochen geschützt. Jedoch machen beide Länder nur einen winzigen Teil des Verbreitungsgebiets von Rundkopf-Geigenrochen aus.
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Katar und Oman haben die Schleppnetzfischerei in ihren Gewässern verboten. In Malaysia gilt ein Verbot für Schleppnetzfischerei in küstennahen Gewässern.
Finning (Haiflossenfischerei) ist in mehreren Ländern des Verbreitungsgebiets von Rundkopf-Geigenrochen verboten. Darunter die VAE, Oman, Iran, Israel und Australien. Dies hat zwar dazu geführt, dass man weniger Tiere nur wegen ihrer Flossen befischt. Jedoch werden die Flossen nach wie vor gehandelt, wenn die Rochen intakt angelandet werden.
Autor: Ulrich Karlowski
Seltene Begegnung mit einem Rundkopf-Geigenrochen vor Fraser Island
Es waren nur fünf Minuten. Aber diese fünf Minuten wird Johnny Gaskell nie vergessen. Er erkundete gerade die Gewässer vor K’gari (Fraser Island, Australien), als er einen dunklen Schatten im flachen Wasser bemerkte. Zum Glück hatte Gaskell eine Drohne dabei und konnte so seine Begegnung mit einem Rundkopf-Geigenrochen filmen. Bereits 2017 hatte er ähnliches Glück gehabt.
„Ich schätze mich selbst extrem glücklich, jetzt zwei dieser prächtigen Geigenrochen in freier Wildbahn gesehen zu haben. In den 20 Jahren, in denen ich den Ozean erkunde, ist es eine absolute Ehre und ein Privileg, zwei gesehen zu haben“, sagte Johnny Gaskell zu Australian Geographic.
Gaskell teilt sein Filmmaterial, um das Bewusstsein für Rundkopf-Geigenrochen zu schärfen und andere zu ermutigen, nach ihnen Ausschau zu halten. Er betont, dass jede Sichtung Forschern hilft, mehr über die Art und ihre Populationen zu erfahren. „Es ist so wichtig, dass wir über diese Sichtungen sprechen, weil wir einfach nicht wissen, wie viele da draußen sind oder ob ihre Population immer noch abnimmt“, betont er.
Quelle: Candice Marshall auf australiangeographic.com