Gewöhnlicher Schweinswal

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Der Gewöhnliche Schweinswal (Phocoena phocoena), engl. harbour porpoise, puffin pigs, puffers oder common porpoise, bildet mit Kegelrobben (Halichoerus grypus) und Seehunden (Phoca vitulina) die Gruppe unserer heimischen Meeressäugetiere. Andere Namen für ihn sind Braunfisch, Kleiner Tümmler oder Meerschwein. Schweinswale sind keine Delfine. Sie sind klein, scheu und kaum erforscht. Normalerweise meiden sie Menschen und Boote. Akrobatische Kunststücke sieht man von ihnen selten. Sie sind die einzigen Cetaceen (Waltiere), die in deutschen Gewässern von Nord- und Ostsee leben.

Systematik

Schweinswale gehören zu den Cetaceen der Unterordnung Zahnwale (Odontoceti) und bilden die Familie der Phocoenidae mit drei Gattungen, sieben Arten und mehreren Unterarten:

  • Brillenschweinswal (Phocoena dioptrica)
  • Gewöhnlicher Schweinswal (Phocoena phocoena)
  • Vaquita oder Kalifornischer Schweinswal (Phocoena sinus)
  • Burmeister-Schweinswal (Phocoena spinipinnis)
  • Östlicher Glattschweinswal (Neophocaena asiaeorientalis)
  • Indischer Schweinswal (Neophocaena phocaenoides)
  • Dall-Hafenschweinswal (Phocoenoides dalli)

Bei dem auch bei uns heimischen Gewöhnlichen Schweinswal unterscheidet man drei Unterarten:

  • Phocoena phocoena phocoena im Nordatlantik
  • Phocoena phocoena vomerina im Nordpazifik
  • Phocoena phocoena relicta im Schwarzen und Asowschen Meer

Schweinswale von klein bis schnell

Während der im Aussterben befindliche Vaquita mit seinen maximal 55 kg nur knapp 1,50 m groß wird und damit eines der kleinsten Waltiere überhaupt ist, schafft es der Dall-Hafenschweinswal als größter Vertreter der Schweinswalfamilie auf über 2 m mit dann immerhin 220 kg Körpergewicht. Er taucht auch am tiefsten, soll 500 m oder mehr schaffen. Unsere in Nord- und Ostsee heimischen Schweinswale begnügen sich dagegen mit Tauchgängen bis maximal 200 m Tiefe.

Zudem können Dall-Hafenschweinswale extrem schnell schwimmen. Bis zu 55 km/h sollen sie schaffen. Damit gehören sie gemeinsam mit den wesentlich größeren Orcas zu den schnellsten Meeressäugern überhaupt.

Lebensraum und Verbreitung

Gewöhnliche Schweinswale gibt es nur auf der nördlichen Erdhalbkugel. Ihr Lebensraum sind Buchten und flachere Küstengewässer, die weniger als 200 m tief sind. Meist entfernen sie sich nicht weiter als 10 km vom Festland. Gerne schwimmen sie saisonal auch weite Strecken in Flüsse hinein. Deshalb kann man sie bei uns im Frühjahr mit etwas Glück auch in Elbe, Weser und Jade vom Ufer aus beobachten.

Vor Sylt, Fehmarn, Wilhelmshaven oder in der Flensburger Förde bestehen ebenfalls gute Chancen auf Schweinswalsichtungen.

Wie hoch ist der Bestand?

Schweinswale zu zählen, ist schwierig. Laut Weltnaturschutzunion IUCN liegt der Weltbestand erwachsener Individuen bei etwa 700.000 Individuen. In der gesamten Nordsee sollen noch etwa 345.000 leben (laut Zählung SCANS-III von 2016). Jedoch verzeichneten Schweinswal-Populationen in der Keltischen und Irischen See, einen starken Rückgang. Über die Gründe hierfür herrscht Unklarheit.

Weltkarte Lebensraum des Schweinswals.
Weltkarte mit ungefährer Darstellung des Verbreitungsgebiets – Quelle: NOAA Fisheries

Schweinswale in der deutschen Nordsee

In der deutschen Nordsee sinkt der Bestand der Schweinswale kontinuierlich. Zwischen 2002 und 2019 im Durchschnitt um etwa 1,8 Prozent jährlich. Damit dürften hier nur noch rund 23.000 der kleinen Wale leben. Diese besorgniserregende Entwicklung deckte eine Studie von Forschern der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, des Centrums für Naturkunde (CeNak) der Universität Hamburg und der Fundación Macuáticos Colombia auf. Das Fachmagazin „Frontiers in Marine Science“ veröffentlichte sie Anfang Januar 2021. Darin sprechen die Autoren von einer besorgniserregenden Entwicklung für Nordsee-Schweinswale.

Als klares Zeichen einer verfehlten deutschen Meeresschutzpolitik ist dabei die Tatsache zu werten, dass ausgerechnet im Schweinswal-Schutzgebiet vor Sylt besonders starke Verluste auftreten. Denn am Sylter Außenriff, einer Schweinswal-Kinderstube, sank der Bestand um durchschnittlich 3,8 Prozent jährlich. Schweinswalmütter kommen hierher, um ihre Jungen zur Welt zu bringen. Hier verbringen sie dann auch die wichtigen ersten Lebenswochen mit ihnen. Weiter südlich vor Borkum dagegen verzeichneten die Forscher einen Anstieg der Population.

Schweinswale in der Ostsee

Schweinswal in der Flensburger Förde.
Schweinswal in der Flensburger Förde. © Kai Detlefsen

In der Ostsee gibt es zwei Populationen. Sie unterscheiden sich genetisch und in ihrer Morphologie. Als stabil gilt der Bestand der Beltsee-Schweinswale. Sie leben westlich von Rügen bis ins dänische Kattegat und angrenzende Gewässer. Nach der jüngsten Schätzung gab es 2016 etwa 42.000 Exemplare. Ihr Bestand gilt als stabil. Beim Meeresmuseum Stralsund geht man aktuell allerdings von sinkenden Bestandszahlen aus.

Sehr viel kleiner ist dagegen die Population in der zentralen Ostsee (innere Ostsee, östlich von Rügen). Man nennt sie auch Deutschland-Wale bzw. Ostsee-Schweinswale. Ihr Bestand wird auf noch etwa 500 Individuen geschätzt. Der Internationalen Rats für Meeresforschung (ICES) betont, dass sich Tiere aus dieser Population genetisch erheblich von denen der anderen Populationen unterscheiden. Daher ist ICES der Auffassung, dass man sie als eine gesonderte Populationseinheit betrachten muss.

Akustische Zählungen des SAMBAH-Projekts (Static Acoustic Monitoring of the Baltic Sea Harbour porpoise) ergaben, dass es 2016 nur noch 497 Ostsee-Schweinswale gab. Ihr genaues Verbreitungsgebiet war lange unbekannt. Daten von SAMBAH zeigten dann, dass sich die meisten Tiere im Sommer zwischen Bornholm und Gotland aufhalten und dort ihre Jungen gebären.

Das Rote-Liste-Zentrum stuft den Status der Gesamtpopulation der inneren Ostsee und auch für die deutschen Ostsee-Anteile als „vom Aussterben bedroht“ ein.

Artensteckbrief Gewöhnlicher Schweinswal

Wie sieht ein Schweinswal aus?

Die scheuen Wale haben einen kurzen, gedrungenen Körper. Ihr Kopf ist eher rund, die Stirn flach und die Schnauze kurz. Ihr Rücken ist dunkel gefärbt, Jungtiere sind heller gefärbt. Ihre mittig auf dem Rücken befindliche Finne ist dreieckig mit stumpfer Spitze. Die beim kurzen Auftauchen meist nicht sichtbaren Flipper sind klein und rundlich, mit spitzen Enden. Bauch und Kehle sind heller, oft fast weiß. Über jede Körperhälfte verläuft ein vom Mundwinkel bis zum Ansatz der Flipper reichender schwarzer Streifen.
Foto: Brendan Hunter/iStock
Schweinswal Portrait.

Wie alt können sie werden?

Ihre Lebenserwartung soll bei bis zu 22 Jahren liegen. Meist erreichen sie jedoch nur ein Alter von 12 bis 15 Jahren. Damit sind sie im Vergleich zu anderen Meeressäugerarten relativ kurzlebig.

Wie groß ist ein Schweinswal?

Gewöhnliche Schweinswale gehören mit ihrer Länge von bis zu 1,9 m (selten auch 2 m) zu den kleinsten Cetaceenarten. Meistens erreichen sie auch nur 1,6 m. Die Weibchen sind etwas größer als die Männchen. Neugeborene Schweinswale sind zwischen 70 und 75 cm klein.

Wie schwer werden sie?

Mit ihren bis zu 90 kg zählen sie zu den Leichtgewichten unter den Cetaceen. Meistens sind nur 60 bis 70 kg schwer. Die Weibchen sind dabei etwas schwerer. Schweinswalkälber sind bei ihrer Geburt etwa 5 bis 6 kg schwer.

Wie schnell schwimmen Gewöhnliche Schweinswale?

Mit bis zu 23 km/h sind die kleinen Wale nicht besonders schnell unterwegs. Meist reisen sie auch eher mit vergleichsweise gemütlichen 5–7 km/h.

Wie tief tauchen Schweinswale?

Ihre maximale Tauchtiefe ist unbekannt. Schweinswale in der kanadischen Bay of Fundy schaffen 226 m und zurück in etwas über 5 Minuten. Tiefer geht es dort allerdings auch nicht. Andernorts begnügen sie sich mit Tauchgängen von 14 bis 41 m bei Tauchlängen von 44 Sekunden bis 1,5 Minuten. An der Küste Nordkaliforniens erreichen sie meist Tiefen zwischen 20 und 60 m, selten über 60 m.

Wer sind die natürlichen Feinde?

Außerhalb von Nord- und Ostsee müssen Schweinswale vor großen Haiarten, Orcas und Kleinen Schwertwalen auf der Hut sein. Aber auch der Große Tümmler, selten auch Gemeine Delfine, sind für tödlich endende Attacken auf ihre kleinen Verwandten bekannt. Diese dienen aber eher dazu, Nahrungskonkurrenten auszuschalten. Außerdem gehört der Schweinswal zur Jagdbeute unserer heimischen Kegelrobben.

Ernährung

Auf ihrem Speiseplan steht Fisch, Fisch und noch mal Fisch. Dabei sind sie nicht wählerisch. Ob am Meeresgrund lebende Fische oder Schwarmfische, Hauptsache viel davon. Meist bevorzugen Schweinswale kleine bis mittelgroße Beute. In der Ostsee z. B. Grundeln, Heringe oder kleine Dorsche.

In der Nordsee dagegen stehen auch die Aalmutter, Seezungen, Stöcker, Stinte oder Sandaale auf ihrem Speiseplan. Je nach Verfügbarkeit verändert sich ihr Nahrungsspektrum im Laufe des Jahres. Da sie ihre Beute mit dem Kopf voran in einem Stück verschlingen und diese nicht zerkauen, ist diese normalerweise nicht größer als 30 cm. Erst seit Kurzem weiß man, dass Pazifische Schweinswale der Unterart Phocoena phocoena vomerina gelernt haben, auch große Fische wie Lachse oder Amerikanische Maifische von bis zu 60 cm Größe zu jagen und zu erbeuten. Nur gelegentlich fressen Schweinswale auch Tintenfische, Krebstiere, Schnecken oder Borstenwürmer.

Die kleinen Wale sind recht hungrig. Ihr kleiner Körper kann nicht viel Energie speichern. Zudem haben sie eine hohe Stoffwechselrate und leben in kalten bis sehr kalten Gewässern. Daher benötigen sie täglich etwa 10 % ihres Eigengewichts an Fisch. Das können dann gerne bis zu 500 kleinere Beutefische sein.

Verhalten

Schweinswale sind recht scheu. Meist leben sie allein oder als Mutter-Kalb-Paar. Nur vereinzelt bilden sich auch kleinere Gruppen von sieben oder mehr Tieren. Überwiegend sind sie tagsüber aktiv, scheuen aber auch nicht davor zurück, in der Nacht Beute zu jagen. Zum Atmen kommen sie regelmäßig zwei- bis viermal pro Minute ganz kurz an die Wasseroberfläche. Bei ihren kurzen Schlafphasen verharren sie dümpelnd in der Wassersäule, bis sie absinken und sich dann wieder aktiv nach oben bewegen.

Schweinswal in der Flensburger Förde.

Manchmal hat man Glück und trifft auf einen neugierigen Schweinswal, wie hier in der Flensburger Förde. © Kai Detlefsen

Zur Kommunikation untereinander, Orientierung unter Wasser und bei der Jagd nutzen Schweinswale das für Zahnwale typische Biosonar. Mit diesem „siebten Sinn“ verschaffen sie sich ein akustisches Abbild ihrer Umgebung – ähnlich, wie es Fledermäuse beherrschen. Daher können die kleinen Wale auch nachts oder in trübem Wasser jagen.

Fortpflanzung und Entwicklung

Bereits mit zwei bis drei Jahren erreichen die Männchen ihre Geschlechtsreife. Bei den Weibchen dagegen dauert es etwas länger bis zum vierten Lebensjahr. Die Paarungszeit liegt von Mitte Juli bis Ende August. Die Tragzeit beträgt zehn bis elf Monate. Meist erblickt dann nur ein Kalb das Licht der Welt. Es erhält bis zu einem Jahr lang extrem energiereiche Milch mit einem Fettgehalt von bis zu 50 %.

In der Nordsee findet die Geburt der Kälber zwischen Juni und August statt, in der Ostsee etwa einen Monat später. Da Weibchen sich kurz nach der Geburt erneut paaren, sind sie kontinuierlich tragend oder säugend. Wichtigste Fortpflanzungsgebiete der Schweinswale in Nord- und Ostsee sind das Sylter Außenriff sowie der Fehmarnbelt und das Seegebiet zwischen den schwedischen Inseln Öland und Gotland.

Wanderungen

Unsere Schweinswale folgen saisonal ihrer Beute. Sie gehören zu den wenigen Meeressäugerarten, die weit in große Flüsse hinein wandern und sich dort längere Zeit aufhalten können.

Schweinswalzählungen – eine schwierige Materie

Von Booten aus lassen sich die Bestände nicht erfassen. Denn größtenteils sieht man die flinken Wale nicht. Zum Atmen kommen sie nur kurz an die Wasseroberfläche. Dann sind sie auch schon wieder weg. Zumindest, wenn Menschen in der Nähe sind. Daher setzen Wissenschaftler auf Zählungen aus der Luft. Aus den per Flugzeug beim Auftauchen oder Schwimmen gesichteten Tieren wird dann eine ungefähre Bestandsgröße errechnet.

Gefahren für den Schweinswal

Die kleinen Wale sehen sich in unseren Küstengewässern mit einem Cocktail unterschiedlichster Gefahren konfrontiert:

Meeresverschmutzung

Da sie zu den marinen Top-Prädatoren gehören, sammeln sich in ihrem Körper Giftstoffe, wie Quecksilber, DDT oder PCB, Pestizide und Antibiotika, die ins Meer gespült werden. Dies verringert ihre Reproduktionsfähigkeit und schwächt das Immunsystem. Das macht sie anfälliger gegenüber Parasiten und Krankheiten.

Stellnetzfischerei

Eine besondere Gefahr für den Schweinswal geht von den Tausenden von Stellnetzen aus, die in der Ostsee und entlang der dänischen Nordseeküste, aber auch in deutschen Meeresschutzgebieten stehen. Sie können diese nicht orten, werden aber durch dort gefangene Fische angelockt.

2019 erreichte die Zahl tot aufgefundener Schweinswale an deutschen Küsten einen traurigen Rekordwert, auch wenn bis zum Oktober 2020 nur Zahlen für die Ostsee vorlagen. Demnach strandeten an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste 133 Schweinswale. An den Stränden Mecklenburg-Vorpommerns waren es weitere 47. Damit ist für die Ostseeküste der dritthöchste Stand nach 2016 (221) und 2018 (203) erreicht. Da sich die Zahl der Totfunde in Nord- und Ostsee meist die Waage halten, könnte 2019 mit ca. 360 toten Tieren einen Spitzenplatz in der Todesstatistik erreichen.

Totfund eines Schweinswals am Sandstrand in Sylt.

Schweinswal am Sandstrand in Sylt. Foto: nature.picture / pixelio.de

Schleppnetzfischerei

Entlang der niederländischen Küste stranden besonders viele Schweinswale. Sie kommen wahrscheinlich in Schleppnetzen zu Tode.

Im Juli 2022 sperrte die britische Regierung vier Meeresschutzgebiete für Grundschleppnetzfischer. Darunter große Gebiete (12.000 von insgesamt 18.000 km2) der Doggerbank in der Nordsee. Für Schweinswale ist die Doggerbank ein wichtiges Aufzucht- und Fortpflanzungsgebiet in der deutschen Nordsee. Im deutschen Naturschutzgebiet (NSG) Doggerbank bleibt Grundschleppnetzfischerei (natürlich) weiterhin erlaubt. Daten des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zeigen, dass das gesamte NSG Doggerbank bis zu 1,5-mal im Jahr, im südwestlichen Teil auch bis zu dreimal im Jahr von Grundschleppnetzen umgepflügt wird.

Starke Beifangverluste bei Ostsee-Schweinswalen

Eine Studie schwedischer Forscher vom Nationalen Veterinärinstitut in Uppsala und vom Schwedischen Museum für Naturgeschichte in Stockholm vom Dezember 2021 zeigte, dass Beifänge mit 31,4 % die häufigste Todesursache bei Schweinswalen waren. Für die Studie hatte man 128 Tiere, die zwischen 2006 und 2020 an der schwedischen Küste strandeten, untersucht. An zweiter Stelle standen demnach Krankheiten wie Lungenentzündung oder Infektionskrankheiten mit 21,3 %.

Aktuell soll der geschätzte Stellnetzbeifang in der inneren Ostsee bei sieben Tieren pro Jahr liegen. Damit die kleine Population der Ostsee-Schweinswale überhaupt eine Chance hat, sich zu erholen, müsste die Beifangrate laut ICES allerdings auf 0,7 im Jahr gesenkt werden.

Dass ein ganzjähriges Stellnetzverbot Wunder bewirken kann, zeigt ein Beispiel aus den USA. Seitdem die Stellnetzfischerei in kalifornischen Gewässern verboten wurde, haben sich die dortigen Schweinswalbestände fantastisch erholt!

Schutzstatus

Die Art gilt als nicht gefährdet. Die kleine Population der zentralen Ostsee ist dagegen akut vom Aussterben bedroht. National, wie europäisch, sind Gewöhnliche Schweinswale durch die FFH-Richtlinie streng geschützt. Es existiert zudem ein spezielles Kleinwalschutzabkommen ASCOBANS, das von der Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten (CMS) ins Leben gerufen wurde. Hier wurde sogar ein eigener Schutzplan für Schweinswale verabschiedet, der Jastarnia-Plan. Doch genutzt hat dies bislang nicht sonderlich viel.

Besserer Schutz für Ostsee-Schweinswale?

Ende Februar 2022 trat die neue EU-Verordnung (2022/303) für einen besseren Schutz von Schweinswalen in der Ostsee in Kraft. Damit gelten vom 1. November 2022 an erstmals Fischereiverbote in der zentralen Ostsee. Auf Druck der EU-Kommission verbieten Schweden, Dänemark, Polen und Deutschland Stellnetze in Teilflächen ihrer Meeresschutzgebiete. Damit will man Beifänge reduzieren.

In deutschen Meeresschutzgebieten gilt das Verbot jedoch nur bis zum 31. Januar. Zwar sind Schweinswale zu der Zeit vermehrt dort zu finden, dennoch ist das Stellnetzverbot halbherzig und viel zu kurz. Die Schutzgebiete können damit ihre eigentliche Aufgabe weiterhin nicht adäquat erfüllen.

In einigen schwedischen Meeresschutzgebieten (Nördliche Midsjöbank, Hoburgs bank och Midsjöbankarna), in denen sich Ostsee-Schweinswale besonders häufig aufhalten und wo sie im Sommer ihren Nachwuchs zur Welt bringen, dürfen dagegen ganzjährig keine Schlepp- und Stellnetze eingesetzt werden. Hier ist allerdings noch Fischfang mit Reusen, Fischfallen und Langleinen möglich.

Die EU-Verordnung basiert einerseits auf Forderungen von Meeresschutzorganisationen und andererseits auf einer Empfehlung des Internationalen Rats für Meeresforschung (ICES).

Wie verhalte ich mich richtig?

Beim Beobachten von Schweinswalen kann man nicht viel falsch machen, dazu sind die Tiere in der Regel zu scheu. Wer mit einem Boot unterwegs ist, sollte natürlich genügend Abstand halten.

Neugieriger Schweinswal in der Flensburger Förde.
Neugieriger Schweinswal in der Flensburger Förde. © Kai Detlefsen

Wenn man ein angespültes, verletztes oder offensichtlich krankes Tier entdeckt, sollte man es keinesfalls wieder ins Wasser bugsieren. Man kann versuchen, den Körper feucht zu halten. Informieren Sie umgehend die Feuerwehr, Wasserschutzpolizei, Gemeinde- oder Kurverwaltungen oder den zuständigen Amtsveterinär.

Schweinswalsichtungen bitte melden!

Wer einen Schweinswal gesehen hat, sollte dies melden:

Meerwissen über Gewöhnliche Schweinswale

  • Schweinswale haben mit Schweinen an sich nicht viel zu tun. Im Mittelalter nannte man sie auch Meerferkel. Denn damals gab es sehr viel mehr von ihnen. Daher nutzten Küstenbewohner sie als Nahrungsquelle.
  • Auf der dänischen Insel Fünen gab es seit 1500 die Zunft der Meerschweinjäger.
  • Beim Ausatmen macht ein Schweinswal ein ganz charakteristisches Geräusch. Es klingt wie ein Schnäuzen oder angestrengtes Schnaufen.
  • Manchmal nehmen Schweinswale das Maul zu voll. Beim Versuch, große Plattfische zu erbeuten, können sie ersticken.

Titelfoto: Ecomare/Sytske Dijksen


Grömitz: Touristen streicheln Schweinswal tot

Am 9. Juli 2021 kesseln Touristen einen jungen Schweinswal an einem Strand in Grömitz (Ostsee) ein. Sie halten ihn fest, lassen nicht mehr los. Die Erwachsenen rufen dann über 20 Kinder herbei. Sie stürmen ins Wasser. Halten den jungen Schweinswal fest. Umarmen und streicheln ihn. Machen Selfies. Nach Zeugenaussagen ist das Tier zunächst noch agil. Doch mit der Zeit lassen seine Kräfte immer mehr nach. Dann ist der Schweinswal tot. Zu Tode gestreichelt.

Touristen streicheln vor Grömitz einen jungen Schweinswal tot

Bei der Erstsektion im Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) in Büsum fanden die Veterinäre zwar Herz- und Lungenwürmer. Dennoch schlossen sie nicht aus, dass sein Tod durch den intensiven Kontakt mit den Menschen (Stress) verursacht wurde.

Bundesweiter Zeugenaufruf der Staatsanwaltschaft Lübeck und der Polizeidirektion Lübeck

Wir unterstützten den bundesweiten Zeugenaufruf der Staatsanwaltschaft Lübeck und der Polizeidirektion Lübeck zum Schweinswal-Tod bei Grömitz. Weil der Vorfall bundesweit für Entsetzen und große Beachtung in den Medien fand, meldete sich Ende Juli 2021 schließlich ein Mann aus Nordrhein-Westfalen. Er sei einer der Erwachsenen gewesen, die bei dem Tier im Wasser waren. Allerdings handelt es sich nicht um den Mann im Neoprenanzug auf dem Foto (oben), das die Staatsanwaltschaft für die Öffentlichkeitsfahndung freigab. Gegen ihn wird nun wegen Verdachts einer Straftat gegen das Bundesnaturschutzgesetz ermittelt.

Schweinswale sind streng geschützt!

Schweinswale gehören in Deutschland zu den streng geschützten und stark gefährdeten Tierarten. Die Polizei weist darauf hin, dass das Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG) es unter anderem unter Strafe stellt, wenn wild lebenden Tieren der streng geschützten Arten nachgestellt wird, sie gefangen, verletzt oder getötet werden. Vorsätzliches Handeln kann mit Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden. Fahrlässigkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe.

Warnung – Gefahr für Mensch und Tier

Zudem wird vor Zoonosen gewarnt. Dabei handelt es sich um Infektionskrankheiten. Sie werden von Viren, Bakterien, Pilzen, Protozoen und anderen Parasiten verursacht. Eine Übertragung kann von Mensch zu Tier und umgekehrt stattfinden.

Quelle: Lübeck (ots), gemeinsame Medien-Information der Lübecker Staatsanwaltschaft und Polizeidirektion Lübeck
Foto „Schweinswal-Tod bei Grömitz“: Polizeidirektion Lübeck

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Springender Adria-Delfin.

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