Walhai – Der größte Fisch

Wenn sein Name fällt, bekommen nicht nur Taucher große Augen. Doch Begegnungen mit dem größten Fisch der Erde, dem bis zu 14 m langen Walhai (Rhincodon typus), sind selten geworden. Denn Walhaifleisch ist hauptsächlich in Asien eine beliebte Delikatesse. Die große Nachfrage, besonders aus Taiwan und Hongkong, und die Aussicht auf über 3.000 € pro erlegtem Walhai verlocken Fischer immer wieder dazu, die Meeresgiganten zu jagen. Daher sind sie vielerorts bereits verschwunden oder akut vom Aussterben bedroht. Es ist nicht bekannt, wie viele Walhaie es derzeit noch gibt. Kein Wunder, dass Rhincodon typus heute als gefährdet mit sinkender Bestandsentwicklung auf der Roten Liste der IUCN steht.

Artensteckbrief Walhai

Bereits die Dimensionen des friedlichen Planktonfressers erklären seinen Namen.

Wie groß ist ein Walhai?

Die riesigen Knorpelfische lassen so manche Walart klein aussehen. Sie erreichen bis zu 14 m Länge können dann bis zu 15 Tonnen schwer sein. Markant ist auch ihre 4 m hohe, elegant geschwungene Schwanzflosse. Die Brustflossen messen bis zu zwei Meter. Walhaie haben ein riesiges, etwa 1,50 Meter breites Maul. Ihre Haut ist bis zu 10 cm dick.

Wie alt wird ein Walhai?

Die Lebenserwartung liegt wahrscheinlich bei über 70 Jahren.

Wie schwimmen Walhaie?

Im Gegensatz zu anderen Haiarten setzen sie, wie haifischähnliche Rochen, beim Schwimmen ihren ganzen Körper mit Seitwärtsbewegungen und nicht nur die Schwanzflosse ein.

Wozu hat ein Walhai Zähne?

Wie alle anderen Haie besitzen auch Walhaie Zähne. Etwa 3.000. Deren Nutzen und Funktion ist allerdings unklar. Denn die sanftmütigen Riesen gehören zu den 3 Filtrierern unter den Haien. Die beiden anderen sind der Riesenhai und der Riesenmaulhai.

Wie tief tauchen Walhaie?

Die riesigen Fische schaffen es bis fast 2.000 m in die Tiefsee.

Wo leben Walhaie?

Die großen Fische leben meist in warmen, tropischen und subtropischen Gewässern rund um den Äquator zwischen dem 30. und 40. Breitengrad. Sie sind sowohl in küstennahen Gewässern als auch im offenen Ozean unterwegs. Im Atlantik liegt ihre nördlichste Verbreitung ungefähr auf Höhe der Azoren.

Nicht dokumentiert sind sie dagegen in den südlicher liegenden Gewässern von Madeira und den Kanarischen Inseln. Zu den vielen Rätseln rund um den größten Fisch gehören seine saisonalen Treffen in immer den gleichen Gebieten.

Walhaie im Mittelmeer

Walhaie kommen im Mittelmeer nicht vor. Bislang hat es nachweislich nur zweimal einen Irrgast ins Mittelmeer verschlagen. Im Dezember 2022 berichtete der Biologe und Mondfischforscher Lukas Kubicek über einen Walhai vor der spanischen Enklave Ceuta. Der Hai war in eine Almadraba geraten, eine Fangeinrichtung für den Thunfischfang. Taucher vom Cecam, dem Zentrum für Forschung und Schutz von Meerestieren in Ceuta, entdeckten den rund 10 m langen Fisch bei Routinekontrollen der Almadraba und befreiten ihn.

Die erste nachgewiesene Sichtung eines Walhais im Mittelmeer gab es im Oktober 2021 vor der türkischen Küste. Forscher vermuten, dass er über den Suez-Kanal ins Mittelmeer gelangt war.

Ernährung

Im Gegensatz zum Riesenhai sind Walhaie aktive Filtrierer. Sie erzeugen aktiv einen Sog und filtrieren dann die Nahrung anschließend aus. Größtenteils ist das Plankton. Doch auch Kleinkrebse, kleinere und größere Fische wie Sardinen, Makrelen und sogar kleine Thunfische werden verspeist. Dabei schwimmen sie direkt an der Oberfläche, mitunter sogar in vertikaler Position.

2023 wurde erstmals beobachtet, wie ein Walhai „gründelt“, also am Meeresboden im Sediment nach Nahrung sucht. Gefilmt hat dies ein Ökotourismus-Guide bei einer Walhai-Beobachtungstour in Baja California Sur, Mexiko. Es habe sich um ein 5 m großen jungen Walhai gehandelt, der wie ein Grauwal in rund 6 m Tiefe gründelte, heißt es im Artikel des NewScientist.

Der Eindruck, hier seien dumpfe Fressmaschinen am Werk, täuscht gewaltig. Wahrscheinlich kann ihr Gehirn mithilfe spezieller Rezeptorzellen zahlreiche Signale der Umwelt gleichzeitig verarbeiten: mechanische, chemische, visuelle und elektrische Reize.

Fortpflanzung

Walhaie sind ovovivipar. Die Jungtiere schlüpfen bereits im Mutterleib aus den Eiern, sodass die Weibchen ihren über 60 cm langen Nachwuchs scheinbar lebend gebären. Wie die meisten Hai- und viele Rochenarten vermehren sie sich extrem langsam. Erst mit 30 Jahren ist ein Walhai geschlechtsreif.

Über die Entwicklung der Tiere bis zur Geschlechtsreife oder ihr Paarungsverhalten ist kaum etwas bekannt.

Walhai-Treffen

Zu bestimmten Jahreszeiten treffen sich die Einzelgänger in für sie offenbar sehr reizvollen Meeresgebieten. Dazu gehören die Gewässer vor der philippinischen Insel Pamilacan, der Golf von Kalifornien, die Küsten von Mosambik und Belize, die Galapagos-Inseln, die Malediven und das Ningaloo-Reef in Nordwestaustralien. Nach Meinung von Wissenschaftlern geschieht dies entweder zur Paarung oder wegen eines saisonbedingten reichhaltigen Nahrungsangebotes. Letzteres könnte immerhin die jährlichen Walhai-Versammlungen erklären.

Denn dort stoßen Korallen zwischen April und Mai Milliarden Eier und Spermien ins Wasser ab. Offensichtlich eine Delikatesse für Walhaie. Sie saugen die eiweißreiche Kraftnahrung aus dem warmen Wasser Tag und Nacht mit ihrem bis zu 6.000 Liter Wasser pro Stunde fassenden Maul ein. Anschließend wird sie über sogenannte Kiemenreusen – Tausende von etwa 10 cm langen bartenähnlichen Plättchen – aus den jeweils 5 seitlichen Kiemenöffnungen ausgeseiht.

Walhaie, die größten Fische der Welt sind friedliche Filtrierer und stark bedroht.

Foto: Toby Matthews/ Ocean Image Bank

Rätselhafte innere Uhr und faszinierende Navigationskünste

Niemand weiß bis heute, auf welchen Wegen Walhaie zu ihren jährlichen Treffpunkten gelangen, noch wie die innere Uhr funktioniert. Sie ermöglicht es ihnen, zur gleichen Zeit am gleichen Ort einzutreffen, noch wo genau sie sich die übrige Zeit des Jahres aufhalten. Ebenso ist unklar, ob sich bei den regionalen Treffen tatsächlich Tiere der gleichen Art einfinden oder ob es sich hier um voneinander getrennte Populationen handelt. Genetische Studien deuten darauf hin, dass bis zu fünf Populationen von Rhincodon typus geben könnte. Eine im Atlantik und vier im Indo-Pazifik.

Leichte Beute

Ausgerechnet ihre geheimnisumwitterten Treffen werden den Meeresbummlern zum Verhängnis. Da sie den Menschen als Feind nicht fürchten, sich Tauchern gegenüber friedlich verhalten und anfassen lassen, sind sie leichte Beute. Zudem sind sie recht gemütlich mit nur 5 km/h unterwegs. Fischer haben es auf ihre kostbaren Flossen und das weißliche Fleisch abgesehen. Da hilft den großen Knorpelfischen auch ihre gute Tarnung nicht. Mit ihrer weiß-gelb gefleckten und gestreiften Haut verschmelzen sie unter der Wasseroberfläche schwimmend optisch mit ihrer Umgebung.

So töteten die Fischer dreier Dörfer in Indien allein jährlich etwa 1.000 Walhaie. Dann endlich stellte die Regierung Rhincodon typus im August 2001 unter strengsten Artenschutz. Fang und Tötung der sanften Riesen ist seitdem verboten und wird bestraft. Damit folgt Indien Ländern wie den USA, Australien und den Philippinen, die Handel mit Walhai-Produkten verboten hatten.

Toter Walhai mit abgeschnittenen Flossen am Strand.

Foto: Peri Paleracio/Marine Photobank

Um einen Walhai zu töten, wird ihm vom Fangboot aus ein schwerer Eisenhaken in den Leib geschlagen. Mit dessen Hilfe zieht man das Tier anschließend an Land. Dort zerlegt man die hilflosen Riesen lebendigem Leib. Das kann dauern. Qualvoll, oft über drei Tage lang, verenden sie langsam.

Heiß begehrt sind die riesigen Walhaiflossen. Sie schneidet man den Tieren bei lebendigem Leib ab. Der Rest des langsam sterbenden Riesenfisches bleibt bei dieser Art der Raubfischerei im Wasser treibend zurück.

Whale Shark Watching mit großem touristischem Potenzial

Mittlerweile hat sich das große wirtschaftliche Potenzial der friedlichen Nutzung von Walhaien herumgesprochen. Beim staatlich geschützten Ningaloo-Reef sind sie eine Touristenattraktion. Rund zehn Millionen Dollar bringen Tauchtouren den Einheimischen jährlich ein. Doch auch beim Walhaitourismus kommt es immer zu Zwischenfällen. Zum Beispiel, wenn Boote Mindestabstände nicht einhalten und die Tiere verletzen. Oder wenn sich rücksichtslose Touristen von den Giganten durchs Wasser ziehen lassen oder sich auf ihren Rücken setzen.

Gier scheint unstillbar

Doch die Gier nach Haifleisch in Taiwan oder Hongkong scheint unstillbar. Zu viele Rhincodon typus sterben durch die Jagd. Zusätzlich verschärfen Stell- und Schleppnetze ihre Situation. Denn darin verenden auch die Riesenfische als unbeabsichtigter Beifang. Die Knorpelfische sind auch anfällig für Schiffskollisionen. Die messerscharfen Schiffsschrauben führen häufig zu schweren, oft tödlichen Verletzungen.

Diese horrenden Verluste kann Rhincodon typus nicht mehr kompensieren. Experten schätzen, dass nur zehn Prozent der Tiere das fortpflanzungsfähige Alter erreichen.

Der Walhai steht seit 2002, wie auch sein kleinerer Verwandter, der Riesenhai, auf Anhang II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (WA/CITES). Seither wird der internationale Handel mit ihnen erfasst und reglementiert, ist aber nicht verboten. Daher ist es fraglich, ob der größte Fisch der Erde langfristig eine reelle Überlebenschance hat. Der „recovery score“ der IUCN, mit dem die Erholung des Bestands einer Art eingestuft wird, lag 2021 für Rhincodon typus bei lediglich 29 %. Die bewerteten Walhai-Bestände sind demnach größtenteils erschöpft (largely depleted).

Titelfoto: Olivier Roux/Marine Photobank

Was können Sie tun?

Verzichten Sie – auch im Urlaub – auf den Verzehr von Haiprodukten. Achten Sie dabei auf als Kalbsfisch, Seestör oder Schillerlocke „getarnte“ Haiprodukte.

Citizen Science – Bürgerforscher:
Mithilfe der sozialen Medien wollen Haiforscher mehr über Haie und Rochen im Mittelmeer herausfinden, um eine umfassende Datenbank über die Arten zu erstellen. Dafür wurde das MECO Project gegründet (Mediterranean Elasmobranch Citizen Observations): Denn je mehr wir wissen, umso besser können wir Arten schützen!

Die öffentliche Facebook-Gruppe heißt: Hai-Sichtungen Mittelmeer/Sharks of the Mediterranean. Dort können Sie Ihre Sichtungen melden … und staunen, welche Arten schon entdeckt wurden!

Bildspenden:
Sie haben einen Hai gesehen? Wir freuen uns immer über Bildmaterial (Foto, Video), denn: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!


Weiterführende Informationen