Wallriffschildkröte

Die Wallriffschildkröte (Natator depressus) lebt ausschließlich in flachen Küstengewässern des nördlichen australischen Kontinentalschelfs. Man weiß nur wenig über sie. Lange hielt man die Art für eine Variante der Suppenschildkröte (Grüne Meeresschildkröte). Daher stammt auch der frühere Name Australische Suppenschildkröte. Es handelt sich um eine der größeren Arten unter den Meeresschildkröten. Wallriffschildkröten werden fast einen Meter groß und zwischen 70 und 90 kg schwer.

Grafik Wallriffschildkröte
Autor: Alan Riverstone McCulloch (1885-1925)

Man kann sie leicht an ihrem glatten, flach gewölbten Panzer mit seitlichen, nach oben gebogenen Kanten erkennen. Daher auch ihr englischer Name „Flatback Turtle“.

Außerdem ist ihr Panzer dünner als bei den anderen Meeresschildkröten und bricht leicht. Es handelt sich um vergleichsweise blasse Schildkröten. Sie sind hellolivgrün bis grau gefärbt. Alle Meeresschildkröten-Arten der Familie Cheloniidae stehen seit 1981 auf Anhang I des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES). Damit ist der internationale Handel mit lebenden Tieren oder Produkten verboten.

Systematik

Die Wallriffschildkröte ist eine von sechs Arten der Familie Cheloniidae und die einzige Art der Gattung Natator. Das bedeutet „Schwimmer“. Die Gattung erschuf der australische Zoologe und Ichthyologe Allan Riverstone McCulloch 1908. Spätere DNA-Analysen bestätigten 1988 dann den Status als eigene Art.

Interessanterweise sind Wallriffschildkröten enger mit Unechten Karettschildkröten, Echten Karettschildkröten und Bastardschildkröten verwandt als mit Grünen Meeresschildkröten.

Lebensraum und Verbreitung

Wallriffschildkröten leben in flachen Gewässern des nördlichen australischen Kontinentalschelfs bis in die Küstengebiete Papua-Neuguineas. Von allen Meeresschildkrötenarten haben sie das kleinste Verbreitungsgebiet. Sie nisten ausschließlich in Nordaustralien. Und dort nur an wenigen Stränden in Queensland, dem Northern Territory und Westaustralien.

Verbreitung der Wallriffschildkröte, rote Punkte markieren die wichtigsten Nistplätze
Verbreitung der Wallriffschildkröte, die roten Punkte markieren die wichtigsten Nistplätze
Von B kimmel – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0

Während ihres Lebenszyklus gibt es keine ozeanische Phase. Die gesamte Entwicklung läuft in Gewässern ab, die nicht tiefer als 200 m sind. Alle anderen Meeresschildkrötenarten verbringen dagegen ihr gesamtes juvenilen Lebensstadium oder zumindest einen Teil davon im offenen Ozean.

Artensteckbrief Wallriffschildkröte

Wie hoch ist der Bestand?

Wallriffschildkröten sind die am wenigsten erforschten Meeresschildkröten. Wie viele es von ihnen gibt, ist unbekannt. In Australien sind sie als gefährdet (vulnerable) gelistet. Die Rote Liste der IUCN listet die Art als „data deficient“ (ungenügende Datenlage). Wahrscheinlich sind sie die am wenigsten gefährdete Art aller Meeresschildkröten. Denn ihre Niststrände liegen einsam. Zudem gibt es keine Nachfrage nach ihrem Fleisch. Wegen der küstennahen Lebensweise verfangen sie sich nicht so oft in Netzen.

Wie alt wird eine Wallriffschildkröte?

Ihre Lebenserwartung ist unbekannt.

Wie groß sind Wallriffschildkröten?

Die durchschnittliche Panzerlänge reicht von 76 bis 96 cm. Dabei sind erwachsene Weibchen mit bis zu 70 kg größer und schwerer als die Männchen.

Was fressen sie?

Wallriffschildkröten sind Allesfresser. Mageninhaltsanalysen zeigten, dass sie sich jedoch bevorzugt von Quallen, Seegurken und anderen Wirbellosen ernähren. Nur gelegentlich wird auch Seegras verzehrt. Sie scheinen Riffe zu meiden.

Wie viele Eier hat ein Nest?

Wallriffschildkröten legen mit 50–54 Stück die wenigsten Eier pro Nest von allen Meeresschildkröten. Allerdings sind diese recht groß, vergleichbar mit der Größe der Eier der riesigen Lederschildkröte. Folglich sind die Schlüpflinge fast so groß wie die der Lederschildkröte. Möglicherweise verschafft dies der Art Schutz vor Feinden.
Foto: Queensland Government
Wallriffschildkröten-Nistling schlüpft aus dem Ei

Wie oft nisten Wallriffschildkröten?

Etwa alle 16 Tage legen die Weibchen zwei- bis drei Nester pro Nistsaison. Nach etwa 48–66 Tagen beginnt der Schlupf. Erstaunlich ist, dass die Nester Temperaturen von bis zu 36,5 °C aushalten können. Zwar führt dies zu einem geringeren Schlupferfolg. Für andere Meeresschildkrötenarten dagegen wäre es tödlich.

Wer sind die natürlichen Feinde?

Wie bei allen Meeresschildkrötenarten sind geschlüpfte und heranwachsende Jungtiere als Beute beliebt bei allem, was Zähne und Fangarme hat, sowie bei großen Seevögeln. Problematisch für die Art sind vorwiegend Landraubtiere. Hierzu zählen Füchse, Warane und Dingos. Aquatische Fressfeinde sind Salzwasserkrokodile, Haie und andere größere Raubfische.

Verhalten und Fortpflanzung

Wie bei allen Meeresschildkröten findet die Paarung im Meer statt. Weibchen bevorzugen innerhalb einer Nistsaison jeweils denselben Strand. Ihre Nistzeiten sind variabel. Je nach Region von November bis Januar oder das ganze Jahr über.

Wanderungen

Wallriffschildkröten wandern kaum. Ihr Lebensraum ist eng umrissen auf die Gewässer des australischen Kontinentalschelfs.

Gefahren für Wallriffschildkröten

Wallriffschildkröten erleiden Verluste durch die indigene Bevölkerung Australiens. Denn Aborigines dürfen sie im Rahmen der traditionellen Jagd, aber nicht für kommerzielle Zwecke nutzen.

Hinzu kommen Beifangverluste in der Fischerei sowie Meeresverschmutzung durch Plastikmüll. Insgesamt gibt es für eine Gefahrenabschätzung allerdings zu wenige Daten.

Schutzstatus

In Australien sind ‎Wallriffschildkröten geschützt. 2003 integrierte man sie zusammen mit anderen Meeresschildkröten in ein nationales Schutzprogramm. Dies zielt u. a. darauf ab, Beifänge in der kommerziellen Fischerei zu reduzieren. Außerdem soll die Nutzung durch Aborigines Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Im Kakadu-Nationalpark existiert ein Monitoringprogramm.

Wie Sie im Urlaub Meeresschildkröten helfen können ↗
Empfehlungen der Fischereiabteilung der Wetter- und Ozeanografiebehörde der Vereinigten Staaten (NOAA Fisheries).

Autor: Ulrich Karlowski

Titelfoto: © Lyndie Malan CC BY-SA 3.0


Artenliste