Delfine in der Ostsee

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Von Irrgästen abgesehen, ist die Ostsee keine Heimat für Delfine. Warum tauchten sie in den letzten Jahren dennoch wiederholt hier auf? Interview mit Dr. Jan Dierking vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung.

Was treibt Delfine in die Ostsee?

Große Tümmler und Gemeine Delfine

Erst vor Kurzem starb der Gemeine Delfin Sandy an den Folgen einer Lungenentzündung. Mehrere Monate hatte das Weibchen Menschen in der Eckernförder Bucht mit seiner kontaktfreudigen Art begeistert.

Delfin Sandy an der deutschen Ostseeküste

Sandy in der Eckernförder Bucht. Foto: © Kai Müsebeck

Anfang 2016 hielten sich die geselligen Großen Tümmler Delfie und Selfie vor Rostock, in der Kieler Bucht und der Flensburger Förde einige Wochen lang auf. Nachdem sie verschwunden waren, kam Freddy, ebenfalls ein menschenfreundlicher Großer Tümmler.

Dass seit 2015 vermehrt Delfine in die Ostsee kommen, könnte mit den Winterstürmen 2014 zusammenhängen, vermuteten Experten damals. Die winterlichen Starkwindlagen drückten Nordseewasser in das Binnenmeer. In einem Interview mit der WELT (2016) erklärte Dr. Jan Dierking vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung: „Wenn eine große Blase Nordseewasser über das Kattegat reinschwappt, kommen dementsprechend auch andere Fischarten oder Tiere zu uns.“

Wir befragten den Meeresbiologen, ob es einen Zusammenhang zwischen heftigen Winterstürmen und dem Auftauchen von Delfinen in der Ostsee geben könnte.


Interview mit Dr. Jan Dierking

Schwappen solche „Blasen von Nordseewasser“ wie 2014 öfters in die Ostsee?

Einstrom von Nordseewasser in die Ostsee ist völlig natürlich und findet sogar in geringem Ausmaß fast permanent statt. An der Oberfläche strömt über die Beltsee wenig salzhaltiges Wasser aus der Ostsee raus, am Grund strömt stärker salzhaltiges Wasser ein. Allerdings gibt es Situationen, in denen in kurzer Zeit große Mengen Nordseewasser einströmen können, sogenannte major Baltic inflow events (Große barotrope Einstromereignisse), die durch bestimmte Windlagen ausgelöst werden (insbesondere erst Ost- und Südwind, der Wasser aus der Ostsee treibt, gefolgt von starkem Nordwestwind, der neues Wasser hineintreibt). Diese Events kommen eher sporadisch alle paar Jahre vor. Als Drittes gibt es dann noch den Einstrom kleinerer Blasen von Nordseewasser während kurzfristig dafür günstiger Windlagen.

Salzwassereinstrom von der Nordsee in die Ostsee

Windantriebe (weiß) und Salzwasserzufuhr durch den dänischen Archipel in die zentrale Ostsee (blaue Pfeile). Grafik: C. Kersten, GEOMAR

Wie muss man sich das vorstellen? Werden durch die Strömungen Fische oder gar Delfine mit in die Ostsee „hineingezogen“?

Egal welche Situation vorliegt, die Strömungen werden nie so stark sein, dass Meeressäuger oder Fische dadurch hineingezogen werden. Es könnte zum Beispiel so sein, dass Makrelen ihrer Beute aus dem Plankton folgen (diese wird wirklich von der Strömung transportiert) und die Delfine dann den Makrelen.

Waren die „Winterstürme 2014“ von der Stärke her eine Ausnahme und wie lange halten die Auswirkungen an?

Der major Baltic inflow event von 2014 war in der Tat besonders stark. Doch selbst in dem Fall halten Effekte eher Monate bis zu einem Jahr, aber nicht Jahre an.

Welche Gründe könnte es dann für das gehäufte, wenngleich immer noch seltene Erscheinen von Delfinen in der Ostsee geben?

Aus meiner Sicht reichen auch kleinere Einströme mit kurzfristiger guter Nahrungsverfügbarkeit, um Delfine in die Ostsee zu bringen. Es gibt zudem natürliche Nahrungsquellen vor Ort, wie zum Beispiel Heringsschwärme oder Meerforellen in den Flussmündungen, die die Delfine zum Bleiben bewegen können, wenn sie erst mal hier sind, und die nicht von Nordseewassereinströmen abhängen.

Ich halte es deswegen für fraglich, ob wirklich eine Korrelation von major Baltic inflows und Delfinbesuchen vorliegt, oder ob nicht auch kleinskaligere Ereignisse zum Einwandern führen können.

Titelfoto: Ein Gemeiner Delfin (Delphinus delphis) in der Eckernförder Bucht. In der Ostsee sind Delfine nur Irrgäste. Foto: © Kai Müsebeck


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