UN-Welttag der Meere 2024 – Awaken New Depths

Am 8. Juni ist der UN-Welttag der Meere (UN World Oceans Day). Es gibt ihn seit 2008. Ziel ist es, auf die Bedrohung der Weltmeere und ihre Bedeutung aufmerksam zu machen. Das Konzept geht noch auf den Erdgipfel von Rio 1992 zurück. In diesem Jahr steht der Welttag der Meere unter dem Motto „Awaken New Depths“. Denn, so die UN: „Das Wissen über den katastrophalen Zustand des Ozeans ist eindeutig. Trotzdem hören wir nicht zu. Um eine breite Dynamik für den Ozean zu erzeugen, müssen wir neue Tiefen erwecken.“

Der letztjährige UN-Welttag der Meere stand noch unter der positiveren Konnotation „Tides are changing“. „Doch der Wechsel hin zu einem nachhaltigeren Umgang mit den Meeresressourcen kommt zu langsam voran. Die Bedeutung der Meere für das Leben auf der Erde wird immer noch zu sehr unterschätzt“, erklärt der Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz.

Meilensteine zum UN-Welttag der Meere 2024

Griechenland sagt Nein zum Tiefseebergbau

Nur wenige Tage vor dem UN-Welttag der Meere sprach sich die griechische Regierung am 4. Juni 2024 für eine vorsorgliche Pause (precautionary pause) für den Tiefseebergbau aus. Eine Position, die auch Deutschland vertritt. Zuletzt hatte sich am 9. März 2024 das Königreich Dänemark (Dänemark, Färöer-Inseln und Grönland) für eine vorsorgliche Pause ausgesprochen. Davor stimmten Mexiko (22.11.2023) und Großbritannien (8.11.2023) für ein Moratorium. Damit unterstützen nunmehr 26 Staaten ein Moratorium, eine vorsorgliche Pause oder ein Verbot des Tiefseebergbaus.

26 Länder gegen den Tiefseebergbau: Griechenland spricht sich im Juni 2024 für eine vorsorgliche Pause aus.

Österreich überrascht mit Handelsverbot für Haiflossen

Überraschend übernahm Österreich im April 2024 eine Vorreiterrolle beim Haischutz in der EU. Mit einer Verordnung beschränkte Klima- und Umweltschutzministerin Leonore Gewessler die Einfuhr kommerzieller Haiprodukte. Aufgrund der strengen Auflagen ist die Einfuhr von Haiflossen oder -gebissen als Jagdtrophäen und anderen Haiprodukten de facto verboten. 

Griechenland verbietet Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten

Mit einer Aufsehen erregenden Entscheidung verkündete der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis am 16. April 2024, dass Griechenland – als erstes Land in der EU – das Fischen mit Grundschleppnetzen in Meeresschutzgebieten (Marine Protected Areas/ MPAs) verbieten wird. Bis zum Jahr 2026 soll die Grundschleppnetzfischerei aus den Meeresnationalparks des Landes verschwinden.

Bis 2030 dann wird diese für das Leben in den Meeren desaströse und extrem klimaschädliche Fischereimethode aus allen griechischen Meeresschutzgebieten verbannt. 

UN-Vertrag zum Schutz der Hohen See

Anfang März 2023 einigten sich die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen in New York nach über 20-jährigen Verhandlungen auf einen Vertrag zum Schutz der Hohen See (BBNJ-Abkommen oder Hochseeschutzabkommen). Er erleichtert die Einrichtung von Meeresschutzgebieten auf dem Gebiet der Hohen See, was vorher aus rechtlichen Gründen nur schwer umsetzbar war.

Allerdings hatten bis zum UN-Welttag der Meere 2024 erst 6 Staaten das Abkommen ratifiziert. Deutschland gehört nicht dazu. Damit es in Kraft treten kann, müssen es mindestens 60 Länder ratifizieren.

UN-Übereinkommen zur biologischen Vielfalt

Das Hochseeschutzabkommen verschafft dem im Dezember 2022 in Montreal auf der Konferenz des UN-Übereinkommens zur biologischen Vielfalt (Convention on Biological Diversity/CBD) verabschiedeten 30×30-Ziel die notwendige Durchschlagskraft auf der Hohen See, zumindest theoretisch. Denn um das sechste globale Massenaussterben aufzuhalten, will die Staatengemeinschaft bis 2030 30 Prozent der Land- und 30 Prozent der Meeresflächen bis 2030 unter Schutz stellen.

19. Vertragsstaatenkonferenz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES)

Einen weiteren Meilenstein im Meeresschutz markierte die 19. Vertragsstaatenkonferenz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES). CITES beschloss, 54 Requiemhaie, sechs von zehn Hammerhai-Arten sowie mehr als 30 Arten der Geigenrochen aus der Rhinobatidae-Familie in CITES-Anhang II aufzunehmen. Das ist ein großer Erfolg für den Hai- und Rochenschutz und im Kampf gegen illegale Flossenfischerei (shark finning).

Riesengeigenrochen – Großer Geigenrochen (Rhynchobatus djiddensis)

Riesengeigenrochen, Großer Geigenrochen (Rhynchobatus djiddensis). © Matthew D. Potenski, IUCN/Protea Banks SouthAfrica

Folgenlose Papiertiger statt Meereswende?

„Der UN-Welttag der Meere 2024 ist leider auch Anlass, auf die – trotz der großartigen Fortschritte – ausbleibenden praktischen Konsequenzen für besseren Meeresschutz hinzuweisen“, betont Ulrich Karlowski. „So ist das EU-Gesetz zur Wiederherstellung geschädigter natürlicher Lebensräume (EU Nature Restoration Law/NRL) voraussichtlich gescheitert. Es war Kernbestandteil des European Green Deal. Auch die Ratifizierung des Hochseeschutzabkommens kommt viel zu langsam voran.“

#restorenature – EU Nature Restoration Law – EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur

Die EU-Biodiversitätsstrategie mit dem Nature Restauration Law ist ein umfassender, ehrgeiziger und langfristiger Plan zum Schutz der Natur und zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme (#RestoreNature). Sie ist Kernstück des europäischen Grünen Deals.

In Deutschland ist keine Meereswende in Sicht

Deutschland kommt beim Meeresschutz in seinen Küstenmeeren und Ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) überhaupt nicht voran. „Weder beim Schutz von Schweinswalen durch Fischereiverbote noch bei Einschränkungen für die extrem artenvernichtende und klimaschädliche Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten lassen sich Fortschritte oder der Wille, 30 × 30 zu erreichen, erkennen“, bedauert Karlowski.

Ozeane in Not

Ozeane bedecken über 70 Prozent des Planeten. Sie sind unsere unverzichtbare Lebensquelle, denn sie produzieren rund 50 Prozent des Sauerstoffs in unserer Atmosphäre und speichern gleichzeitig etwa 30 Prozent unserer CO₂-Emissionen. Ihre biologische Vielfalt ist unvergleichlich und noch weitgehend unerforscht. Für weit mehr als eine Milliarde Menschen sind sie die Hauptproteinquelle. Ganz zu schweigen davon, dass sie für Abermillionen Menschen Rückzugs- und Erholungsräume von unschätzbarem Wert bieten.

Ozeanische Kipppunkte zum UN-Welttag der Meere 2024

Den Folgen des Trios aus Klimakatastrophe (steigende Meerestemperaturen und Meeresspiegel, Versauerung), Überfischung (Vernichtung der Artenvielfalt) und Vermüllung (Plastikabfälle, hochgiftige Substanzen, kommunale und landwirtschaftliche Abwässer) können die Meere nicht mehr viel entgegensetzen. Die Ozeane wanken. Auch darauf macht der UN-Welttag der Meere 2024 aufmerksam.

Als Folge geht ihnen jetzt sogar der Leben spendende Sauerstoff aus. Von 1960 bis 2019 büßten die Weltmeere mehr als zwei Prozent ihres Sauerstoffgehalts ein. Tendenz steigend. Gleichzeitig verdoppelte sich weltweit die Zahl der Todeszonen ohne Sauerstoff (dead zones) in Küstengebieten von 1960 bis 2007 auf mehr als 500. Auch die CO₂-Speicherkapazität der Meere geht weltweit zurück.

Die Ozeane haben ihre Belastungsgrenze erreicht, teilweise ist sie bereits überschritten. Lediglich 13,2 Prozent der Ozeane gelten heute noch als ökologisch intakte marine Wildnis. Der Großteil davon befindet sich auf hoher See – weit entfernt von den vom Menschen übernutzten oder bereits zerstörten marinen Lebensräumen.

Noch erreichbar? UN-Nachhaltigkeitsziel 14 „Leben unter Wasser“

Im September 2015 verabschiedeten die Vereinten Nationen die „Agenda 2030“. Damit verpflichtete sich die Weltgemeinschaft mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung auf einen Fahrplan für die Zukunft. Am Welttag der Meere richtet sich der Fokus daher auch auf das UN-Nachhaltigkeitsziel 14 „Leben unter Wasser“.

Zum Welttag der Meere rückt das UN-Nachhaltigkeitsziel 14 „Leben unter Wasser“ in den Vordergrund.

Ziel 14 lautet: „Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen.“ Es ist in zehn Teilziele untergegliedert. Seit der Verabschiedung ist keines der Unterziele erreicht. Bei vier Teilzielen ist die Frist bereits Ende 2020 ergebnislos verstrichen.

Wir sind Netzwerkpartner der UN-Dekade der Meeresforschung für nachhaltige Entwicklung (2021 – 2030) in Deutschland.

Titelfoto: Ocean Image Bank/Thomas Horig


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