Was ist die IOTC?

Die Thunfischkommission für den Indischen Ozean (IOTC, Indian Ocean Tuna Commission) ist eine von fünf regionalen Organisationen für das Fischereimanagement (Regional fisheries management organisations/RFMOs) von weit wandernden Fischarten. Diese RFMOs regeln die Fischerei in internationalen Gewässern und der AWZ (Ausschließlichen Wirtschaftszone, 200-Seemeilen-Zone) von Küstenstaaten. Ihnen gehören dabei nicht nur Anrainerstaaten der Fischereigebiete an, sondern auch Nationen, die verstärkt in Meeresregionen fischen, für die die RFMOs zuständig sind, sogenannte „Long-Distance-Fang-Nationen“. Dies sind im Falle der IOTC, insbesondere Japan, Korea und China.

Zur EU gehören zwar nur die kleinen französischen Inseln, La Réunion und La Mayotte. Doch es sind hauptsächlich spanische, portugiesische und französische „Long-Distance-Fangflotten“, die im Zuständigkeitsbereich der IOTC große Mengen Thunfisch, Schwertfisch und auch viele Haie fangen.

Große Probleme hat die IOTC mit EU-Fangflotten. Hier ankern zwei Industriefischer bei den Seychellen.
Industriefischer aus der EU bei den Seychellen, © iStock.com/Juan Carlos Hernandez

Unser Einsatz bei der IOTC

Wir sind seit 2025 als offizielle Beobachter bei der IOTC akkreditiert und nehmen an den Konferenzen und Workshops teil, zu denen wir unserseits auch mit wissenschaftlichen Arbeiten beitragen.

Um die Delegierten der Kommission für die Haie im Allgemeinen und für Blauhaie im Besonderen zu gewinnen, organisierten wir während der 29. IOTC-Konferenz 2025 auf La Réunion gemeinsam mit dem WWF und The Pew Charitable Trusts einen speziellen Vortrags-Hai-Event.

Denn die Bestandssituation von Haien spielt bei der Aufstellung von Fischerei-Managementplänen für die IOTC noch keine Rolle. Dabei erleiden die Bestände der ikonischen Meeresjäger gerade im Fanggebiet Indischer Ozean massive Beifang-Verluste. Besonders betroffen: Blauhaie.

Gemeinsame Einladung von Deutsche Stiftung Meeresschutz, WWF, PEW Charitable Trusts für einen Vortrags-Hai-Event am 14. April 2025 auf der IOTC-Konferenz.

Zum Abschluss der Konferenz steht ein kaum für möglich gehaltener Erfolg für die Blauhaie im Indischen Ozean: Erstmals wird es sie eine Fangmengenbegrenzung geben! Das bedeutet eine reelle Erholungschance für den stark überfischten Bestand.

Positiv zu bewerten sind auch die neuen Höchstfangmengen im Indischen Ozean für die global meistgefangene Thunfischart, den Bonito oder Skipjack.

Iris Ziegler und die Delegierte aus Japan bei der 29. Jahrestagung der IOTC.

Iris Ziegler und die japanische Delegierte. Japan hatte überraschend die neuen Managementmaßnahmen für den Blauhai unterstützt. © privat/DSM

Pressemitteilung auf LifePR:

Was macht die IOTC?

Das Gründungsjahr der Thunfischkommission für den Indischen Ozean war 1993. Am 27. März 1996 nahm die IOTC dann ihre Arbeit auf. Sie hat ihren Sitz in Victoria auf den Seychellen. Derzeit hat sie 29 Vollmitglieder. Darunter Australien, China, Indien, Indonesien, Frankreich, Großbritannien, die Malediven, Bangladesch sowie die EU. Taiwan fischt als weitere „Long-Distance-Fang-Nation“ zwar im Indischen Ozean, ist selbst aber kein offizielles Mitglied der Kommission, sondern lediglich ein sogenanntes kooperierendes Nichtmitglied. Liberia nimmt seit 2015 als kooperierende Nichtvertragspartei an Tagungen teil.

Für welches Fanggebiet ist die Thunfischkommission für den Indischen Ozean zuständig?

Die Zuständigkeit der IOTC erstreckt sich über den gesamten Indischen Ozean, einschließlich angrenzender Meeresgebiete, in denen Thunfischarten vorkommen. Es handelt sich um die FAO-Fanggebiete 51 (Westlicher Indischer Ozean) und 57 (Östlicher Indischer Ozean).

IOTC-Kompetenzbereich im Westlichen und im Östlichen Indischen Ozean.
© IOTC/FAO

Im Jahr 1999 erfolgte eine Ausweitung des Zuständigkeitsbereichs vom 30. Breitengrad östlicher Länge auf den 20°E. Seitdem grenzen die RFMOs IOTC und ICCAT (Internationale Kommission zum Erhalt des Atlantischen Thunfischs) unmittelbar aneinander an.

Für welche Fischarten ist die IOTC zuständig?

In den Zuständigkeitsbereich der Kommission fällt das Fischereimanagement (Bestandsbewirtschaftung und -erhaltung) verschiedener bedeutender Thunfischarten und verwandter Spezies, darunter:

Arbeitsgruppen

Die Kommission hat verschiedene Ausschüsse und Arbeitsgruppen, die sich mit spezifischen Problemen befassen, wie die Arbeitsgruppe zu Ökosystemen und Beifang. In dieser Arbeitsgruppe geht es um Fragen, wie Beifänge von Haien, Meeresschildkröten, Meeressäugetieren, Seevögeln und Nichtzielfischarten beim Thunfischfang reduziert werden können.

Etablierung nachhaltiger Bewirtschaftung und Schutz der Ökosysteme

Die IOTC spielt eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Thunfischbestände und dem Schutz der Ökosysteme im Indischen Ozean. Dabei steht sie vor großen Problemen. Denn es gilt nicht nur, die Überfischung der Thunfischbestände zu verhindern und bereits überfischte Bestände wieder auf ein nachhaltig befischbares Niveau zu bringen.

Sondern es geht zunehmend auch darum, die Einflüsse auf bedrohte Arten und das Ökosystem insgesamt zu reduzieren, vorrangig die anhaltende Überfischung der im Indischen Ozean lebenden Haipopulationen.

Beim Einsatz von FADs wird der natürliche Schutzinstinkt von Schwarmfischen ausgenutzt, die sich gerne unter an der Wasseroberfläche treibenden Objekten versammeln.
Frei treibende FADs verursachen erhebliche
Biodiversitätsverluste und Umweltschäden, © IPNLF

Denn viele Haie sterben nicht als Beifang. Man befischt sie gezielt. Darunter vor allem Blauhaie1. Aber auch Kurzflossen-Makohaie, Seidenhaie und Hammerhaie. Für keine dieser Arten hat die IOTC bislang Managementpläne aufgestellt oder Fanggrenzen vorgegeben.

Hinzu kommt der unzureichend dokumentierte Beifang von Haien und Rochen beim Einsatz von unselektivem Fanggerät (Kiemennetze, Langleinen).

Auch die im Indischen Ozean häufig eingesetzten FADs (Fischsammler) in Kombination mit Ringwadennetzen führen zu viel Beifang. Hier trifft es auch Meeresschildkröten und Meeressäuger. Hinzu kommen erhebliche Umweltbelastungen durch verloren gegangene FADs (Geisternetzproblematik).

Welche Konflikte gibt es innerhalb der IOTC?

Innerhalb der IOTC herrschen seit Jahren schwere Konflikte zwischen den Industriefischerei-Nationen – hier besonders die aus der EU – und Küstenstaaten des Globalen Südens wie Pakistan oder den Malediven. Küstenstaaten wie die Malediven sind auf nachhaltige Fischerei angewiesen. Sie praktizieren diese auch mit großem Engagement und haben mit Unterstützung der International Pole and Line Foundation (IPNLF) eine der nachhaltigsten Fischereien aufgebaut.

Aber auch zwischen einer Großzahl der Mitglieder und Japan und China gibt es immer wieder heftige Auseinandersetzungen.

Weitere konfliktträchtige Themen sind:

Das Versagen der IOTC

  • Überfischung insbesondere beim Gelbflossenthunfisch und beim Großaugenthunfisch
  • Gezielter Fang von Haien ohne Fangmengenbegrenzung, Quotenverteilung bei vollkommen unzureichender Dokumentation von Fängen und Rückwürfen
  • Viel zu hoher Beifang an Haien, fehlende Maßnahmen zur Reduzierung der Sterblichkeit dieses Beifangs oder für Möglichkeiten, lebende Haie entkommen zu lassen
  • Illegale Fischerei (IUU)
  • Eindämmung der FAD-Fischerei und Senkung der Verluste an verloren gegangenen FADs
  • Durchsetzung der von der Kommission festgelegten Fangquoten für bestimmte Arten

Bisher gelingt es der Thunfischkommission für den Indischen Ozean nicht, eine Balance zwischen wirtschaftlichen Interessen, Meeresschutz und Befriedung von Nord-Süd-Konflikten zu finden. Meist geraten die Interessen der IOTC-Mitgliedsstaaten des Globalen Südens unter die Räder, denn den großen Fischerei-Nationen wie Spanien gelingt es immer wieder, ihre Interessen durchzusetzen.

Von der Einführung von ökosystemarem Mehrarten-Management bei der Bewirtschaftung von Fischbeständen, wie es die NAFO (Nordwestatlantische Fischereimanagement Organisation) bereits begonnen hat, ist die IOTC noch weit entfernt.

Schwerwiegende sozioökonomische Folgen, Umweltschäden und Biodiversitätsverluste

Da sich die Mitgliedsländer oft nicht auf strenge Fangquoten einigen können, bleiben hochpreisige Arten wie Gelbflossen- und Großaugenthunfische dauerhaft überfischt. Dies führt zu einem spürbaren Rückgang der Bestände und gefährdet ihre langfristige und nachhaltige Bewirtschaftung.

Großaugen- und Gelbflossenthune, Fischmarkt, Philippinen.
Großaugen- und Gelbflossenthune, Philippinen, © Eleanor Partridge/Marine Photobank

Hinzu kommen dramatische Bestandsverluste bei großen pelagischen Haiarten wie Blauhai, Seidenhai oder Kurzflossen-Makohai und bei Meeresschildkröten. Korallenriffe der Küstenstaaten des Indischen Ozeans werden durch die Netze verloren gegangener FADs zusätzlich schwer geschädigt. Zudem gibt es bisher lediglich für zwei Haipopulationen wissenschaftlich fundierte Bestandsschätzungen. Und zwar für Blauhaie und für Kurzflossen-Makohaie. Wobei letztere bereits überfischt sind, während erstere überfischt sein könnten.

Das Versagen der IOTC zieht schwerwiegende sozioökonomische Folgen, Umweltschäden und Biodiversitätsverluste in den betroffenen Küstenstaaten des Indischen Ozeans nach sich.

  1. Der Blauhai (Prionace glauca) steht auf der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN als gefährdet (near threatened), mit abnehmender Bestandsentwicklung. Blauhaie können bis zu 3,8 m groß und 200 kg schwer werden. Im Vergleich zu anderen Haiarten hat die Art mit ca. 30 Jungtieren pro Weibchen und Jahr eine hohe Vermehrungsrate. Gleichwohl halten die Bestände intensiver Befischung nicht lange stand. Seit November 2022 stehen Blauhaie wie die meisten anderen Requiemhaie auf CITES Anhang 2. Damit fällt der internationale Handel mit Blauhaiprodukten unter die Kontrolle des Washingtoner Artenschutzübereinkommens und darf nur mit den hierfür notwendigen CITES-Dokumenten erfolgen. ↩︎ ↩︎

Equal access principles: für einen gleichberechtigten Zugang zu den globalen, regionalen Fischereiorganisationen (RFMOs).

Wir unterstützen die Initiative von principles.fish für einen gleichberechtigten Zugang zu den globalen, regionalen Fischereiorganisationen (RFMOs):

Titelfoto: Gelbflossenthunfisch, © Ocean Image Bank/Ellen Cuylaerts


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