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Wir fördern ein neues, nicht invasives Projekt zur Korallenrestauration bei den indonesischen Banda-Inseln. Partner sind Dr. Mareike Huhn von BandaSEA und Luminocean aus Indonesien. Durchgeführt wird es von Rifaldi Kadir und Farista Gani. Die beiden sind Studenten an der Hatta-Sjahrir Fisheries School Banda Islands. Sie erproben wird eine einfache, aber effektive Technik zur Wiederherstellung ausgebleichter Riffe. Ziel ist auch die Entwicklung eines Best-Practice-Leitfadens für leicht und kostengünstig umzusetzende Korallenrestaurationen mit größtmöglichem Biodiversitätserhalt. Damit sollen dann lokale Naturschutz- oder Tauchinitiativen von Studenten auch auf abgelegenen indonesischen Inseln arbeiten und selbstständig geschädigte Korallenriffe wiederherstellen.

Rifaldi Kadir und Farista Gani studieren an der Hatta-Sjahrir Fisheries School Banda Islands
Projekt-Verlauf 2022 ↗
Die neue Korallenrestaurationsmethode funktioniert!
Korallenrestauration als Touristenattraktion?
Angesichts des durch die Klimakatastrophe und Meeresverschmutzung befeuerten globalen Korallensterbens wird eine erfolgreiche Restauration für geschädigte Riffe zur Überlebensfrage.
Die meisten Projekte für Korallenrestauration erfolgen jedoch ohne wissenschaftlichen Ansatz. Im Vordergrund steht die touristische Attraktion. Hierbei wird dann häufig mehr Schaden als Nutzen angerichtet. So gewinnt man Korallenstücke zum „Verpflanzen“ durch das Abbrechen von Korallen aus intakten Riffen. Eine Analyse, warum das Empfängerriff leidet, findet oft auch nicht statt. Somit entlässt man die abgebrochenen Korallen in Umweltsituationen, mit denen sie nicht zurechtkommen können.
Außerdem reduziert das direkte Verpflanzen abgebrochener Korallenstücke die genetische Vielfalt im Empfängerriff, da nur bestimmte Arten für diese Methode verwendet werden können.
Untersuchungsgebiet Banda-Inseln im Indopazifik
Wie kann man das besser machen? Einfach, aber dennoch effektiv? Ohne großen Laboraufwand? Nicht invasiv? Auf diese und andere Fragen wollen Rifaldi und Farista Antworten finden. Die Banda-Inseln sind 7 bewohnte und 4 unbewohnte kleine Inseln 215 km südöstlich von Ambon (Hauptstadt der Provinz Maluku). Sie befinden sich inmitten des tiefsten Meeres Indonesiens, der Banda-See.
Mit mehr als 397 Hartkorallenarten und geschätzten 695 Arten von Rifffischen auf einer relativ kleinen Rifffläche gehören die Banda-Inseln zu den Gebieten mit der höchsten Artendichte im Indopazifik. Dank ihrer Abgeschiedenheit waren hier bis 2020 viele Korallenriffe noch relativ gut erhalten.
Korallenbleiche 2020
Die von der Hitzewelle 2020 ausgelöste Korallenbleiche traf die Banda-Riffe hart, besonders Porites- und Montipora-Korallen. Das Überwachungsteam von Luminocean fand anschließend Standorte mit bis zu 54 % ausgebleichten (toten) Korallen auf dem Riffdach und 48 % am Riffkamm. So etwas hatte es hier noch nie zuvor gegeben.
Einige der am stärksten geschädigten Riffe befinden sich vor der Insel Hatta. Bis 2020 herrschte hier die höchste Korallenvielfalt und Biodiversität im ganzen Bandasee-Riffsystem. Denn bei Hatta gibt es ansonsten kaum lokale riffschädigende Einflüsse. Fischerei und Meeresverschmutzung spielen keine Rolle. Daher ist dies der ideale Standort für Maßnahmen zur Korallenrestauration.
Haushaltstrichter und PET-Flaschen für die Korallenrestauration?
Zwar kann man kleinere Korallenkolonien im Labor halten, Eier und Spermien beim Spawning auffangen und sie dann heranwachsen lassen (ex situ). Das ist teuer. Es erfordert viel Know-how und Technik. Die indonesischen Studenten gehen einen anderen Weg. Sie sammeln Ei- und Spermienbündel (Gameten) von laichenden Kolonien im Feld (in situ). Die wichtigsten Ausrüstungsgegenstände dafür sind Haushaltstricher und PET-Flaschen.

Rifaldi Kadir beim Zusammenbau der einfachen, aber effektiven Gameten-Sammelfallen
Die Nächte, in denen die Korallen bei Hatta laichen (spawning night), sind bekannt. Für Acropora-Arten sind das zum Beispiel 3 bis 6 Nächte nach den Vollmonden im März und November. In diesen Nächten werden Rifaldi und Farista und ihr Tauchteam die Sammelfallen über einzelnen Korallenkolonien befestigen. Keine Koralle wird dabei beschädigt. Am folgenden Tag erfolgt dann ein Kontrolltauchgang, ob sich Gameten in den Plastikflaschen befinden.

Gameten-Sammelfalle über einer laichenden Koralle
Zusätzliche Fallen befinden sich weiter oben in der Wassersäule. Damit erhöht sich die Chance, Gameten von weiteren Arten zu erwischen. Denn ein Ziel des Projekts ist es, eine größere genetische Vielfalt im Empfängerriff wiederherzustellen, als dies mit herkömmlichen Restaurationstechniken möglich ist.
Zucht von Korallenlarven ohne Laboreinsatz
Die Gameten-Bündel kommen zur Befruchtung in ein 10-Liter-Becken. Anschließend können sich die Korallenlarven (Planula-Larven) in einem 1000-Liter-Tank wohlbehütet entwickeln. Das für Becken und Tank genutzte Meerwasser ist gefiltert. Das ist wichtig, damit nicht Algen oder andere schädliche Organismen den kleinen Korallen zu Leibe rücken können.
Im Zip-Lock-Beutel in die neue Heimat
Nach etwa 4 Tagen sind die Larven dann groß genug für den Transfer ins „richtige Leben“. Zum Transport benutzt Rifaldi einfache Druckverschlussbeutel. Im Empfängerriff wurden zuvor 3 mal 5 m große Parzellen über toten Korallen oder Felsen markiert. Vor der Freisetzung der Larven bedecken Taucher jede Parzelle mit einem Fischernetz, das mit Organza-Stoff doppelt unterfüttert ist. Fertig ist ein „Schutzdach“ für Korallenlarven. Um ein Verdriften des Netzes zu verhindern, ist es mit Fischereiblei beschwert.

Nach 5 Tagen dann entfernen Taucher das Netz. Anhand der Markierungen der Parzellen kann man sie später leicht wiederfinden. Das ist entscheidend, um den Besiedlungserfolg langfristig überwachen zu können.
Fischereibehörde und Navy machen mit
Projektbeginn ist der 21. März 2022. Ermutigend ist, dass sowohl die lokale Fischereibehörde als auch die indonesische Navy viel Interesse zeigen, mitzumachen. Für den großen 1000-Liter-Tank dürfen die Studenten sogar eine Marinebasis nutzen. Ein idealer Standort. Denn er ist direkt am Meer, es gibt einen Stromanschluss und ein großer Baum wirft kühlenden Schatten auf den Tank.
Erfolgskontrolle
Zur Einschätzung des Erfolgs der künstlichen Ansiedlung gibt es noch 4 weitere mit Netzen abgedeckte Parzellen, aber ohne Organzagewebe. Hier werden keine Larven freigesetzt. Jeweils nach 1, 2, 4 und 6 Monaten wird dann der Ansiedlungserfolg überprüft. Es sind also vergleichsweise wenige Tauchgänge notwendig. Jede neue Korallenkolonie wird fotografiert und vermessen. Anschließend findet ein Vergleich mit den Parzellen statt, in denen keine Larven freigesetzt wurden.
Vorgesehen ist, die Laichzeiten 2022 und 2023 zu nutzen. In den Folgejahren kontrollieren Taucher von Luminocean und Studenten der Fischereischule Hatta-Sjahrir das weitere Heranwachsen der restaurierten Riffabschnitte. Dies soll alle 6 Monate stattfinden.
Langzeiteffekte für die Korallenrestauration
Bislang gibt es in Indonesien keinen nicht wissenschaftlichen Leitfaden in indonesischer Sprache über Möglichkeiten zur Korallenrestauration.
Das will Rafaldi Kadir ändern und den neuen Best-Practice-Leitfaden über soziale Netzwerke verbreiten. Außerdem will er mit dem Projekt andere Studenten von den Banda-Inseln ermutigen, ihre Ausbildung fortzusetzen. Ausgerüstet mit dem notwendigen Wissen können sie dann heimische Korallenriffe wiederaufbauen und schützen.
Dieses von jungen indonesischen Tauchern und Studenten getragene Projekt wird außerdem das Bewusstsein in Indonesien für die Probleme schärfen, die schlecht geplante und durchgeführte Korallenrestaurierungsprojekte verursachen.
Neben dem pädagogischen Nutzen zeigt das Projekt, wie man Korallenlarven ohne großen Aufwand auf abgelegenen indonesischen Inseln vermehren kann. Mit einer ständig einsatzbereiten Anlage zur Larvenvermehrung auf den Banda-Inseln kann man zukünftig schnell reagieren, wenn Riffe sterben.
Nach Informationen von Mareike Huhn (BandaSEA); alle Fotos: BandaSEA
Korallenriffe schützen

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