Abgeschlossene Förderungen

Anti-Biofouling Beschichtungen für die Korallenriff-Restauration

2021 förderten wir die Doktorarbeit von Lisa Röpke am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung ZMT, Bremen – WG Ecophysiology, Coral Reproduction & Restoration, Anti-Biofouling in Zusammenarbeit mit dem Australian Institute of Marine Science (AIMS).

Doktorarbeit zu Anti-Fouling-Beschichtungen

Weltweit größte und professionellste Anlagentechnik für Versuche mit Korallen

Die Daten wurden zum Großteil am Australian Institute of Marine Science (AIMS) in Townsville, Australien, erhoben. Dort steht die weltweit größte und professionellste Anlagentechnik für Versuche mit Korallen und Korallenlarven unter kontrollierbaren Bedingungen. Also ex situ, d. h. außerhalb des natürlichen Ökosystems. Dennoch werden die Aquarien und Hälterungsbecken durch hoch filtriertes natürliches Meerwasser aus direkter Küstennähe gespeist. (Siehe Foto oben.)

Tag-genaue an den Vollmondzyklus gekoppelte Planungen

Die Untersuchungen zum Fouling und Verhalten der Larven wurden in den entsprechenden Experimenten immer fotografisch bzw. videografisch (Schwimmverhalten) festgehalten, sodass die späteren Analysen zu einem späteren Zeitpunkt am PC mithilfe verschiedener Softwares erfolgen konnten.

Forschungen zu Anti-Fouling: Korallenlarve kurz vor ihrer Ansiedlung auf einem Aragonit Substrat.

Korallenlarve kurz vor ihrer Ansiedlung auf einem Aragonit Substrat.

Wettlauf mit der Zeit: Überleben der Korallenriffe

Der infrastrukturelle Aufwand solcher Experimente ist immens. Denn es handelt sich um tag-genaue Planungen, die an den Vollmondzyklus gekoppelt sind. Die Korallenstöcke für unsere Experimente wurden wenige Tage vor der errechneten „spawning night“ (die Vollmondnacht, in der die Korallenstöcke ablaichen und sich aus den Geschlechtszellen Larven bilden) aus dem Korallenriff geholt und in entsprechende Aquarienanlagen des AIMS gebracht.

Dort stehen sie nächtelang unter Beobachtung. Doch auch nachdem die Larven in größere Tankanlagen verfrachtet wurden (wir sprechen hier von Millionen von Larven), hört die Kontrolle und Pflege der Larven nicht auf. Erst wenn die Larven ein bestimmtes Alter von wenigen Tagen erreicht haben und auf ihre „settlement“-Kompetenz, also ihre Bereitschaft, sich auf Substrate anzusiedeln, getestet sind, kann das eigentliche Anti-Fouling Experiment starten.

Gametenbündel einer Acropora sp. Koralle.

Gametenbündel einer Acropora sp. Koralle an der Wasseroberfläche.

Die Natur gibt den Takt vor

In den experimentellen Phasen existierten für uns Korallenforscher keine normalen Arbeitszeiten oder freien Wochenenden. Die Natur gibt den Takt vor. Da es den Korallen generell schlecht geht, gibt es auch niemanden am AIMS, der sich darüber beschweren würde. Im Gegenteil, die Atmosphäre in diesen Phasen im Jahr ist so elektrisiert und geladen, dass jeder merkt, das ein Wettlauf mit der Zeit begonnen hat. Dabei sitzt die Wissenschaft am Hebel, um die Richtung der Zukunft zu beeinflussen.

Erste Ergebnisse zur Wirksamkeit der Anti-Fouling-Beschichtungen

Die Ergebnisse zur Wirksamkeit der Anti-Fouling-Beschichtungen zeigten, dass zwei der drei Beschichtungen effektiv Algenwachstum verringern konnten (wissenschaftlich würde man sagen, dass sie signifikant weniger Algenbewuchs aufwiesen). Das sind schon einmal sehr gute Nachrichten. Die Ergebnisse werden momentan in einem Manuskript (Röpke et al. in prep.) für die wissenschaftliche Veröffentlichung in einem Journal vorbereitet.

Anti-Fouling Beschichtungen mit signifikant weniger Algenbewuchs
Zwei von drei Beschichtungen zeigen signifikant weniger Algenbewuchs, wie hier an den weißen Flächen der Substrate zu erkennen ist.

Anti-Fouling hat positiven Einfluss auf Korallensiedler

Auf einer der zwei effektiven Anti-Fouling-Beschichtungen fanden sich leider auch signifikant weniger Korallensiedler („settler“). Das deutet darauf hin, dass die Larven die Kontrolle ohne Beschichtung bevorzugten. Das Anti-Fouling konnte hier zunächst keinen positiven Einfluss auf das Ansiedlungsverhalten zeigen.

Anti-Fouling mit deutlich weniger Algenbewuchs

Fouling auf einem Substrat nach 5 Wochen im Aquarium. Der äußere mit Anti-Fouling beschichtete Kreis zeigt deutlich weniger Algenbewuchs als die unbeschichtete Innenfläche.

Die andere effektive Anti-Fouling Beschichtung zeigte jedoch keinen Unterschied im Ansiedlungsverhalten im Vergleich zur unbeschichteten Kontrolle. Hier kann man also von einer gleichbleibenden Effektivität im Ansiedlungsverhalten bei effektiv weniger Algenbewuchs sprechen.

Im Übrigen wurde die höchste Ansiedlung von Larven (sogar höher als auf den unbeschichteten Kontrollen) auf den Substraten gezeigt, die eine beschichtete und unbeschichtete Fläche hatten. Die Larven setzten sich also gezielt auf die unbeschichtete Fläche. Das lässt vermuten, dass das Anti-Fouling indirekt über Algenreduzierung in nächster Nähe einen positiven Einfluss auf die Korallensiedler haben kann. Auch diese Ergebnisse werden zur Zeit für eine wissenschaftliche Veröffentlichung vorbereitet.

Aussicht

Diese Ergebnisse zusammen mit den Ergebnissen aus den anderen Versuchen zum Schwimmverhalten und dem Überleben der Korallenlarven und -siedler werden uns bald ein besseres Gesamtbild zur Einschätzung und Fortsetzung dieser Forschungsbemühungen geben.

Die ersten Ergebnisse wurden von mir auf der ICRS 2021 in einer Präsentation vorgestellt und diskutiert. Es ist geplant, weitere Ergebnisse bei der ICRS 2022 in Bremen vorzustellen. Generell würde ich sehr gerne an diesem Thema weiterforschen, wenn es auch zukünftig dafür finanzielle Mittel gibt. Die Kontakte nach Australien sind gesichert und auch seitens des AIMS besteht ein hohes Interesse, weitere Forschungsfragen zu Anti-Fouling Beschichtungen zu beantworten. Parallel ist es mir immer eine Freude, der Öffentlichkeit unsere Forschung sichtbar zu machen.

Ich danke an dieser Stelle auch noch einmal bei der Deutschen Stiftung Meeresschutz, der Spendenplattform I-do und dem Künstler Dennis Klapschus für die finanzielle Realisierbarkeit dieser wichtigen Forschung.

Foto oben: Eine von vielen Hallen am AIMS, die der Hälterung von Korallen und Korallenlarven dienen. Rechts sind die Hälterungstanks zu sehen, in denen viele Tausende unserer Larven für die Experimente gepflegt wurden, bevor sie für die Versuche entnommen wurden.
Alle Fotos: Lisa Röpke


Danksagung

Projekt zu Biofouling und Korallenriffrestauration: Wir sagen Danke Truemates und Ido.

Wir danken der Spendenplattform I do, dem Projektpaten Truemates GmbH & Dennis Klapschus (auch bekannt als deklart) für das großartige Engagement für den Korallenschutz!

Der Essener Künstler deklart hat eines seiner einzigartigen Kunstwerke für den Meeresschutz versteigert.

Mit dem finalen Gebot von A. Kienzi konnten wir  dieses innovative Forschungsprojekt zur Wirksamkeit von Anti-Fouling-Beschichtungen für den potenziellen Einsatz in der Korallenriffrestauration finanzieren.

Kunstwerks von Dennis Klapschus (auch bekannt als deklart).
Kunstwerk von Dennis Klapschus. Aus dem Versteigerungserlös wurden zwei I-do-Projekte finanziert. Zum einen eines von Ozeankind e.V. gegen Plastikmüll, zum anderen das Forschungsprojekt zu Biofouling und Korallenriffrestauration.

Biofouling

Biofouling ist ein natürlicher Prozess. Er läuft auf allen Oberflächen, sowohl im Süß- wie auch im Salzwasser ab. Erst lagern sich organische Moleküle aus der Wassersäule auf Oberflächen jeglicher Art wie z. B. Schiffsrümpfen ab. Dadurch wiederum können sich dort Organismen wie Bakterien ansiedeln. Sie nutzen das Nahrungsangebot der organischen Materie. Und wenn die Umweltparameter sich als positiv für Überleben und Wachstum herausstellen, kommunizieren die Bakterien dies untereinander mithilfe von Signalmolekülen. Diese lösen dann eine rasche Vermehrung und schnelles Bakterienwachstum aus.

Im nächsten Schritt besiedeln Viren und Algen die Bakterienschicht. Ist ein bestimmter attraktiver Bedeckungsgrad der Oberfläche erreicht, lockt dies Tiere an, die Kalkgehäuse bilden, wie z. B. Seepocken oder Röhrenwürmer.

Biofouling bremst Schiffe

Diese hartschaligen und hartnäckigen Organismen sind ein großes, weil bremsendes Problem für Schiffe. So erhöht der Bewuchs an Schiffsrümpfen den Fahrtwiderstand. Dadurch steigen Kraftstoffverbrauch, Kosten und CO2-Emissionen erheblich. Irgendwann sind kostenintensive und oft umweltschädigende Reinigungsarbeiten unvermeidlich.

Biofouling behindert Korallenwachstum

Biofouling ist auch ein Problem für Projekte zur Korallenriffrestauration, die versuchen, sexuell reproduzierte Korallenlarven zu vermehren. Denn gleich in ihren ersten Lebenstagen steht eine angesiedelte Korallenlarve unter hohem Konkurrenzdruck durch Algen in ihrer direkten Umgebung. Algen wachsen schnell, viel schneller als die kleinen Riffbauer mit ihrem aufwendigen Kalkgehäuse. Zudem profitieren Algen in vielen tropischen Riffen von Nährstoffeinträgen aus der Landwirtschaft. Damit erhalten sie einen Wachstumsschub, gegen den der Korallenwinzling keine Chance hat. Kurz gesagt: Algen verdrängen junge Korallen aus ihren Nischen.

Riffe brauchen Hilfe

Wegen des weltweiten Notstands zahlreicher tropischer Korallenriffe hat der relativ junge Forschungszweig „Korallenansiedlung und spätere Transplantation ins Riff in den letzten Jahren große und erfolgreiche Fortschritte gemacht. Nicht zuletzt dank der Expertise australischer Forscher.

Was tun gegen Biofouling?

Um dem auch für die Korallenansiedlung nicht zu unterschätzenden Problem des Biofoulings zu begegnen, gibt es Antifouling-Lacke. Allerdings enthalten sie neben Metallverbindungen auch sogenannte Booster-Biozide. Einige dieser Lacke wurden daher in den letzten 15 Jahren vom Markt genommen und verboten. Sie hatten sich als umwelt- und organismenschädigend erwiesen. Dennoch gibt es bis heute keine verlässliche und nachhaltige Antifouling-Ersatzlösung.

Anti-Biofouling-Anwendungen für die Korallenriffrestauration

Die Forschung zu umweltverträglichen Antifoulings konzentriert sich darauf, vor der Erstbesiedlung die Kommunikation zwischen den Bakterien, das sogenannte quorum sensing, zu stören. Damit wird das Substrat unattraktiv für Algen. Eine dort angesiedelte Korallenlarve erhält so einen entscheidenden Vorsprung. Denn ab einem bestimmten Alter kann sich die heranwachsende Koralle gegen Algen zur Wehr setzen. Korallenansiedlung ist für Riffe, deren Erhaltungszustand bedenklich ist, ein entscheidender Rettungsanker.

Biofouling und Korallenriffrestauration: Antifouling Beschichtung mit Kontrollkreis innen ohne Beschichtung auf Aragonit Substrat.

Antifouling-Beschichtung mit Kontrollkreis innen ohne Beschichtung auf Aragonit-Substrat unter dem Mikroskop. Die grün fluoreszierenden Punkte sind angesiedelte Korallenlarven. Foto: Lisa Röpke

Umweltverträgliche Antifouling-Anwendungen verbessern die Überlebenschancen von gezüchteten Korallenlarven ganz erheblich. Damit stehen dann wesentlich mehr Korallenstöcke für die spätere Transplantation ins Riff zur Verfügung. Diese können dann im geschlechtsreifen Alter für neue Reproduktion sorgen und das geschädigte Riff wieder aufbauen.

Quelle:
Antrag zur Förderung der Doktorarbeit von Lisa Röpke am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung ZMT, Bremen – WG Ecophysiology, Coral Reproduction & Restoration, Anti-Biofouling in Zusammenarbeit mit dem Australian Institute of Marine Science (AIMS).

Foto oben:
Seepocken und Entenmuscheln sind weltweit verbreitet – Foto: Tone4751/wikimedia, licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license


Können Korallenriffe dem Klimawandel widerstehen?

Wir förderten die Konferenzteilnahme von Laura Niewendick am International Coral Reef Symposium 2020 (ICRS) zur Vorstellung von Ergebnissen der Masterarbeit im Studiengang „International Studies in Aquatic Tropical Ecology“ (ISATEC) in Kooperation mit den Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und der Universität Bremen, Fachbereich 2 (Biologie).

Ursprünglich war der Kongress für den Sommer 2020 in Bremen geplant. Doch wie bei vielen Dingen in dem Jahr durchkreuzte die globale Covid-19-Pandemie diesen Plan. Im Sommer 2021 fand die ICRS-Konferenz dann im Onlineformat statt.

Forschungsarbeit zur Widerstandsfähigkeit von Korallen im Klimawandel

Im Rahmen meiner Masterarbeit im Studiengang „International Studies in Aquatic Tropical Ecology (ISATEC)“ habe ich in Thailand mit zwei Kommilitonen, Vanessa Conrad und Manding Suwareh, interessante Daten zu Korallenriffen in sich erwärmenden Ozeanen erarbeitet. In Phuket (Thailand) untersuchten wir die Anpassungsfähigkeit von Korallen aus unterschiedlichen Umgebungen an neue Bedingungen. Daraus ergaben sich wichtige Erkenntnisse zur Widerstandsfähigkeit von Korallen in Zeiten der globalen Klimakatastrophe.

Unsere Projekte bauten auf Studien, die vom Exzellenzcluster Ozean der Zukunft in Kiel finanziert wurden, auf und waren Teil einer Kooperation zwischen dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Die Ergebnisse unserer Arbeiten – insbesondere mein Fokus auf den Korallensymbionten – sollen nun beim „International Coral Reef Symposium (ICRS)“ in Bremen im Sommer 2021 mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Meeresschutz (DSM) vorgestellt werden.

Korallenriffe sind essenziell für den Erhalt der Struktur und Biodiversität unserer Ozeane

Zusätzlich sind auch wir Menschen von den Riffen abhängig. Sie sind die Grundlage für große Teile der Fischerei, durch die die Proteinversorgung von Millionen von Menschen in Küstenregionen sichergestellt wird. Außerdem schützen sie mit ihrer komplexen Struktur unsere Küsten vor Naturgewalten.

Viele Riffe sind bereits beschädigt oder tot

Aufgrund des globalen Klimawandels, der zu Ozeanerwärmung und -versauerung führt, durch Überfischung und Ozeanverschmutzung sind Korallenriffe heute diversen Bedrohungen ausgesetzt. Viele sind bereits verloren.

Untersuchungen zur Stresstoleranz von Korallen in Thailand

Leider gibt es immer noch Wissenslücken bezüglich des Zusammenspiels der verschiedenen Faktoren, die einen Einfluss auf die Stressresistenz der Korallen haben. Insbesondere die Tatsache, dass viele Korallen aus der Koralle selbst sowie symbiontischen Algen bestehen, macht es notwendig, beide Komponenten und deren Zusammenspiel im Detail zu verstehen. Eine differenzierte Betrachtungsweise und das Herausfinden welche Rolle von Symbionten und der Koralle selbst in der Stresstoleranz ausgehen, können helfen Korallenriffe effektiver zu managen.

Überleben unter extremen Bedingungen

Die Korallenriffe entlang der Phuket (Thailand) vorgelagerten Inseln sind zum Teil extremen Bedingungen ausgesetzt. Während auf den östlichen Seiten der Inseln sehr ruhige (für Korallen „ideale“) Bedingungen herrschen, sind die Westseiten im Sommer dem Monsun und im Winter „large-amplitude internal waves“ – großen Wellen von kaltem, nährstoffreichem Wasser aus der Tiefsee, welches an der Kontinentalplatte in flacheres Wasser hochgedrückt wird – ausgesetzt. Eine Studie (Buerger et al., 2015) hat bereits gezeigt, dass Korallen, die auf der „stressigeren“ Westseite vorkommen, eine höhere Hitzetoleranz bei untypisch warmen Wassertemperaturen aufweisen.

Korallen vor dem Hitze Experiment.

Die Korallen vor dem Hitzeexperiment – © Laura Niewendick

Korallenriffe im Klimawandel: Wie groß ist ihre Anpassungsfähigkeit?

Der Fokus meines Projektes lag nun darauf, herauszufinden, welche physiologischen Parameter diese höhere Stresstoleranz im Symbionten begründen, und zusätzlich zu untersuchen, wie groß die Anpassungsfähigkeit von Korallen ist, die entweder in die stressvolle Umgebung hinein- oder von dort in ein stressfreieres Umfeld transplantiert werden.

Dazu wurden Korallen der Art Porites lutea für neun Monate von der Ost- auf die Westseite und umgekehrt transplantiert. Im Anschluss setzten wir die Korallen einem Hitze-Stress-Experiment aus. Dies diente zur Überprüfung, ob sich mögliche Anpassungen unter Stress erneut verändern.

Messungen an Korallen im Labor.

Die Messungen an den Korallen wurden, so weit wie möglich, in den Becken durchgeführt – © Vanessa Conrad

Korallen können „lernen“, besser mit der Erwärmung der Ozeane umzugehen?

Die Ergebnisse der Arbeit sind hochinteressant. Bezieht man die Ergebnisse der parallel durchgeführten Untersuchungen für die Masterarbeit von Manding Suwareh, der sich auf die Koralle selbst konzentriert hat, mit ein, verdeutlicht sich, dass der Symbiont hauptsächlich für die kurzfristige Anpassungsfähigkeit der Koralle zuständig zu sein scheint.

Zusätzlich konnten wir beobachten, dass die „stärkeren“ Westkorallen ihre starke Toleranz gegenüber Hitze auch nach der Transplantation auf die Ostseite beibehalten konnten. Interessanterweise konnten die schwächeren Ostkorallen ihre Hitzetoleranz auch deutlich verbessern, nachdem man sie für eine gewissen Zeit auf die Westseite transplantiert hatte.

Wichtige Grundlage zum Erhalt von Korallenriffen

Diese Informationen sind relevant, da das Verständnis sowohl der physiologischen Anpassungsfähigkeit der symbiotischen Alge als auch der Koralle selbst eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von Ansätzen zum Erhalt von Korallenriffen bilden. Die aktuell erneute starke Korallenbleiche im Großen Barriere Riff (Great Barrier Reef) macht noch einmal besonders deutlich wie wichtig es ist, so schnell wie möglich Ansätze zur Rettung von Korallenriffen in der Klimakrise zu finden.

Buerger, P., Schmidt, G. M., Wall, M., Held, C., & Richter, C. (2015). Temperature tolerance of the coral Porites lutea exposed to simulated large amplitude internal waves (LAIW). Journal of Experimental Marine Biology and Ecology471, 232-239.


Die ICRS 2021 war eine interessante Erfahrung, bei der ich viel lernte. Trotzdem freue ich mich schon auf die Zeit, in der man Diskussionen wieder persönlich führen kann. Ich halte es für sehr wichtig, als Wissenschaftlerin meine Erkenntnisse u. a. auf Kongressen wie dem ICRS weiterzugeben und mich mit anderen Wissenschaftlern auszutauschen, um gemeinsam die Entwicklung von Strategien zur Rettung der Korallenriffe voranzutreiben. Daher möchte ich der Deutschen Stiftung Meeresschutz für die Ermöglichung meiner Teilnahme danken!

Foto oben: Laura Niewendick


Palau: Riffschutz mit Drohnen

2019 förderten wir Feldstudien in Palau für die Masterarbeit von Pia Lewin im Studiengang „International Studies of Aquatic Tropical Ecology“ (ISATEC) in Verbindung mit dem Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) & Universität Bremen, Fachbereich 2 (Biologie).

Flachwasserkorallenriffe in Palau

Der Archipel von Palau besteht aus einzigartigen, unersetzlichen Riffstrukturen. Seine Flachwasserkorallenriffe sind Heimat für insgesamt 1.278 bekannte Fischarten und unzählige andere Meeresorganismen. Damit weisen sie einen der höchsten Biodiversitätsgrade in ganz Mikronesien auf. 2007 richtete jeder der sechzehn palauischen Staaten mindestens ein Meeresschutzgebiet ein. Seitdem gehört Palau mit seinen 356 Inseln zu einem der Staaten mit der größten Anzahl an ausgewiesenen Meeresschutzgebieten. Ganz aktuell sind damit 80% der Gewässer innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone als Schutzzonen ausgewiesen. Hier ist das Fischen verboten (No-Take-Zone).

Palau will den Zusammenbruch seiner Flachwasserkorallenriffe unbedingt verhindern. Denn schon einmal, 1997/98, kam es zu einer massiven Korallenbleiche. Daraufhin ging der Tourismus stark zurück und der Südsee-Staat erlitt einen Verlust von etwa 3,3 % seines Bruttoinlandsprodukts (BIP). Palau bezieht etwa die Hälfte seines BIP aus der Tourismusindustrie.

Wie gesund sind unsere Riffe?

Organisationen wie das Palau International Coral Reef Center (PICRC) bewerten regelmäßig an bestimmten Stellen (14 permanente Standorte) den Gesundheitszustand der Riffe sowie ihren Tierreichtum.

Forschungsgebiet von Pia Lewin in Palau Übersicht.

Forschungsstation PICRIC (rote Nadel) auf der Hauptinsel Babeldaob in Palau. Für eine vergrößerte Ansicht der Lage der Untersuchungsgebiete auf’s Bild klicken.

Problematisch dabei ist jedoch, dass die meisten palauischen Lebensräume Flachwasserkorallenriffe oder geschlossene Lagunen sind. Das macht es schwierig, sie direkt zu beobachten, ohne Zerstörungen an der Riffstruktur durch unvorsichtiges Verhalten zu verursachen. Auch vermitteln ausschließlich direkte Beobachtungen nur eine begrenzte Perspektive auf die Gesundheit des Riffes, denn man erfasst so immer nur eine kleine Stichprobe des Gebietes.

Wie erhält man detaillierte Informationen über den Zustand eines Riffs?

Heute kann man mithilfe von Drohnen der Konsumklasse Gebiete schonend und kostengünstig kartieren. Damit bekommt man auch an sehr abgelegenen Orten ein detailliertes Bild vom Zustand der Riffe. Eine der Schlüsselvariablen in einem Korallenriff ist dabei ihre topografische Komplexität. Dies ist einer der am besten untersuchten Indikatoren für Fischreichtum, Vielfalt und Biomasse.

Dreidimensionale Projektion eines Riffs erlaubt Rückschlüsse auf seinen Zustand

Meist nutzt man Satellitenbilder, um Artenvielfalt und Menge von Rifffischen basierend auf Umgebungsvariablen wie der topografischen Komplexität vorherzusagen. Bisher jedoch benötigten derartige Vorhersagen eine zweite Komponente wie akustische Technologien, um eine präzise, nahezu dreidimensionale Projektion des Systems zu erhalten.

Digitales Höhenmodel Flachwasserkorallenriff. Von Pia Lewin

Digitales Höhenmodel: Hier ist deutlich zu erkennen, wie niedrig in der Wassersäule die Korallen teilweise sind. 0m entspricht dem Meeresspiegel zum Zeitpunkt an dem die Bilder geschossen wurden. Man sieht sehr gut, dass Tauchen nicht die optimalste Lösung wäre das Riff zu vermessen oder zu erforschen. © Pia Lewin

Flachwasserkorallenriffe entziehen sich gängigen Messverfahren

Einerseits sind bootbasierte, akustische Technologien bei der Bestimmung topografischer Komplexität etwas präziser. Andererseits hat diese Methode den Nachteil, dass sie nicht in flachen Gewässern mit einer Tiefe von weniger als 5 m eingesetzt werden kann. Dies ist in palauischen Küstenriffen und Lagunen allerdings die Regel.

Mit einer Drohne zum digitalen Höhenmodell

Pia Lewin hofft, eine geeignetere Lösung zu finden. Sie will die topografische Komplexität palauischer Flachwasserkorallenriffe durch die Erstellung eines digitalen Höhenmodells erfassen. Ihr Werkzeug dabei ist eine konsumentengerechte Drohne.

Ergebnisse Ausmessung der Korallenhöhe - schnorchelnd verglichen mit digital (Drohe). Von Pia Lewin

Nach der Erstellung einer Karte wird die Höhe ausgemessen um zu überprüfen, wie welche Abweichungen es bei den Messungen während des Schnorchelns gegenüber den Messungen innerhalb der digitalen Karten sind. © Pia Lewin

Besser, man schaut noch mal nach

Zusätzlich wird sie mit direkten Beobachtungen beim Schnorcheln die von den Drohnenflügen abgeleiteten Daten validieren (sog. „Ground Truthing“). Für die Bewertung von Fischansammlungen werden Fische ab einer Größe von ca. 10 cm gezählt und identifiziert. Um eine Verzerrung nur auf größere Fischarten zu vermeiden, arbeitet Pia Lewin eng mit Dr. Sonia Bejarano und Mattia Ghilardi zusammen. Sie erforschen kryptobenthische Rifffische. Also Fischfamilien, deren Vertreter weniger als 5 Zentimeter lang sind. Dazu zählen Grundeln, Schleimfische oder Kardinalbarsche.

Kartierung von Flachwasserkorallenriffen in Palau mit Drohnen von Pia Lewin. Tücher für die "Ground Control Points".

Tücher die innerhalb des Riffes als „Ground Control Points“ ausgebreitet werden. Sie stellen später bei der Einspeisung der Bilder in die Software Referenzpunkte da um die Bilder entsprechend zu sortieren. An diesen Punkten ist dann die exakte Tiefe und GPS Koordinaten (per Schnorcheln gemessen) bekannt.

Informationen zum Management und Schutz von Riffen

Da die meisten Korallenriffe weltweit schnell abnehmen, könnte dieses Forschungsprojekt wichtige Informationen für das weitere Management und den Schutz dieser Gebiete liefern. Die so gewonnen Erkenntnisse könnten andere Institutionen dazu inspirieren, die Kartierung von Flachwasserkorallenriffen mit Drohnen zu übernehmen. Denn die Methodik birgt neben ihrer Präzision weitere große Vorteile für besseren Riffschutz: Sie ist kostengünstig, risikoarm und sehr umweltschonend.

Für die Kartenfotos flog die Drohne in ca. 10m Höhe in vorprogrammierten Bahnen das Riff ab um die Abschnitte (5m x 20m) später kartieren zu können. Die Drohne musst dabei immer vom Boot aus gesteuert werden. © Pia Lewin

Flugbahn der Drohne über einem Korallenriff in Palau. Von Pia Lewin

„Die junge Biologiestudentin wagt sich mit ihrer Masterarbeit auf unbekanntes Terrain. Der innovative Ansatz, Drohnen für die Kartierung von Korallenriffen zu verwenden, ist relativ neu, noch wenig erforscht, aber extrem wichtig. Obwohl Korallenriffe zu den vielfältigsten Ökosystemen gehören, sind viele noch nicht ausreichend charakterisiert. Doch um zuverlässig und rechtzeitig potenzielle Standorte für Meeresschutzgebiete zu identifizieren, bedarf es einer detaillierten Kartierung“, erklärt DSM-Biologe Ulrich Karlowski.

Zusammengestellt aus Informationen des Förderantrags von Pia Lewin
alle Fotos und Grafiken: Pia Lewin


Weiterführende Informationen

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Projektseite Schutz von Korallenriffen