Mangroven-Konferenz in Kolumbien

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Die Konferenz „Mangrove Macrobenthos and Management meeting“ ist das prestigeträchtigste Mangroven-Netzwerktreffen. Es zieht Wissenschaftler*innen und Interessenvertreter*innen aus der ganzen Welt an, die sich für den Schutz von Mangroven-Ökosystemen einsetzen. Dieses Jahr fand sie vom 24. bis 28. Juli in Cartagena in Kolumbien statt. In Form einer Poster-Präsentation konnte ich dort mein Masterprojekt „Populationsgenetik der Mangroven auf den Galapagosinseln“ vorstellen und somit ein aktiver Teil der Mangroven-Konferenz sein.

Selbst ein Teil der Veränderung sein

Gesammelte Mangrovenblätter für die spätere genetische Analyse, Galapagos-Inseln.
Auf Galapagos gesammelte Mangrovenblätter. Aus ihnen wird in den Laboren des ZMT die DNA der einzelnen Blätter extrahiert und anschließend sequenziert.
Foto: Tobias Poprick/CDF

Das Feedback vor Ort war sehr bereichernd und hilfreich. Es gibt mir definitiv einen weiteren Motivationsschub für die nächste Phase des Projekts, die genetische Analyse.

Fernab der eigenen Repräsentation meines Projekts eröffnete die Mangroven-Konferenz zudem die Möglichkeit, mit Menschen aus dem Fachgebiet zu interagieren und wissenschaftliche Zusammenhänge zu besprechen, ohne wie üblich die Literatur ausgiebig durchforsten zu müssen.

Internationale Kooperationen für besseren Mangroven-Schutz

Ebenso war der Grundtenor der Konferenz, nicht nur Veränderungen zu fordern, sondern selbst Teil von Veränderungen zu sein und an der Fähigkeit zu arbeiten, die eigene Forschung hinterfragen zu können.

Maßgeblicher Bestandteil war, von sogenannter „parachute science“ abzusehen, Kooperationen einzugehen und zu intensivieren und keine redundanten Projekte zu starten. Ferner die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung zu verfolgen und vor allem Forschungsansätze sowie Schutz- und Restaurationsprojekte an den Bedürfnissen vor Ort zu orientieren und zu integrieren.

Zwei Galapagos-Seelöwen am Rand eines Mangrovenwaldes, Galapagos-Inseln.
© Tobias Poprick/CDF

Diese inspirierende Atmosphäre der gemeinsamen Passion für Mangroven gibt einen außergewöhnlichen Impuls, weiter daran festzuhalten, Mangroven in Zukunft besser schützen zu wollen und daran zu arbeiten, die Thematik zunehmend in den Diskurs der öffentlichen Wahrnehmung zu rücken.

Danksagung

Ich bin außerordentlich dankbar, als Masterstudent die Möglichkeit gehabt zu haben, Teil der Mangroven-Konferenz gewesen zu sein. Das ist sicherlich nicht selbstverständlich und es ehrt mich zutiefst, dass die Deutsche Stiftung Meeresschutz, die Kellner & Stoll Stiftung und die Brede Stiftung mir das finanziell ermöglicht haben. Ebenso bin ich sehr dankbar, dass alle an diesem Projekt beteiligten Personen weiterhin eine immense Unterstützung bereitstellen und sich durch die Konferenz alle Projektpartner*innen in Person treffen und austauschen konnten.

Auszeichnung auf der Mangroven-Konferenz

Als Höhepunkt der Konferenz wurde mir die Ehre zuteil, mit dem „Best Student Poster Presentation Award“ ausgezeichnet zu werden. Diese Anerkennung bestärkt die Relevanz des Projekts und ermutigt mich, weiterhin an meiner Forschung zu arbeiten und mich für den Schutz der Mangroven einzusetzen.

Poster-Präsentation mit Nicolas Moity (links) und Dr. Véronique Helfer (rechts) auf der Konferenz „6th Mangrove Macrobenthos and Management meeting“ in Cartagena, Kolumbien

Poster-Präsentation mit Nicolas Moity (links) und Dr. Véronique Helfer (rechts).

Foto oben: Auszeichnung auf der Mangroven-Konferenz. © privat

Bericht Masterprojekt genetische Fitness von Mangroven auf den Galapagosinseln

Über ein Jahr intensive Planung, über vier Jahre die Idee und dann auf einmal ankommen am ersten ökologischen Flughafen der Welt, Galapagos Baltra. Die Vorstellung, jemals hier sein zu dürfen und die Forschung zu betreiben, die ich geplant habe, war so immens, dass es einige Wochen dauerte, bis ich wirklich realisierte, wo ich bin.

UPDATE: Auszeichnung für Tobias Poprick mit dem „Best Student Poster Presentation Award“ auf der „6th Mangrove Macrobenthos and Management meeting“ in Cartagena, Kolumbien.

Raritäten auf Galapagos: unberührte Orte

Die Idee des Projekts entstand 2019 mit der Initialzündung durch die Publikation von Moity et al. 2019 von der Charles Darwin Foundation (CDF) über die Verbreitung der Mangroven auf den Galapagosinseln. Durch diese Publikation wurde deutlich, dass Mangroven dort enorm unterschiedlich verteilt und entwickelt sind. Außerdem sind sie weitgehend unerforscht, was mich erstaunt und euphorisch zurückließ.

Mangrovenbaum wächst auf Lavagestein, Galapagos-Inseln.

Orte, an denen es nur minimalen menschlichen Einfluss gibt, sind vermutlich mittlerweile so rar wie Orte, an denen es keinen bedrohten Organismus gibt. Foto: Tobias Poprick/CDF

Der lange Weg von der Idee zur Studie

Durch meine Vorerfahrung mit genetischen Ansätzen erschloss sich mir der Gedanke recht schnell, dass die Mangroven auf Galapagos ein idealer Ort für eine populationsgenetische Studie sein könnten. Die Lokalisierung genetischer Verknüpfung zwischen Mangroven auf den verschiedenen Inseln und die Erkundung potenzieller Anpassungsquellen war hierbei zentraler Fokus. Wie lang es von dieser Idee bis zur tatsächlichen Umsetzung dauern sollte, konnte ich mir zu dem Zeitpunkt natürlich nur schwer vorstellen.

Anfang 2022 kontaktierte ich Prof. Dr. Martin Zimmer und Dr. Véronique Helfer mit einer Anfrage für ein Masterarbeitsprojekt in der Mangrovenökologie-Arbeitsgruppe am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung Bremen (ZMT), wo ich auch schon meine Bachelorarbeit absolvierte. Für die Idee, eine genetische Studie über die Mangroven auf Galapagos zu initiieren, erhielt ich Zustimmung und die Bekundung der Betreuung durch Frau Helfer und anschließend ebenfalls durch Dr. Marlis Reich an der Universität Bremen als meine Studiengangsmentorin.

Zentrale Rolle der Charles Darwin Foundation Galapagos

Durch die ZMT-Vergangenheit von Dr. María José Barragan, jetzt wissenschaftliche Direktorin an der Charles Darwin Foundation Galapagos, erschloss sich der Kontakt nach Galapagos recht zügig. Die Euphorie für dieses Projekt wurde auf beiden Seiten mit einer Kooperation zwischen den beiden Instituten geteilt, sodass das Projekt Teil des Mangrovenökologie-Projekts auch an der CDF wurde und Nicolas Moity ebenfalls Teil des Projekts wurde.

Wie finanzieren?

Über das Jahr 2022 entwickelte sich das Projekt in der Theorie immer weiter, sodass sich die Frage stellte, wie es finanziert werden könnte. Neben extrem teuren Flügen, hohen Lebenshaltungskosten, dem innovativen Ansatz und etwaigen noch nicht berücksichtigten unerwarteten Kosten kam in der Planung so einiges an benötigtem Budget zusammen.

Meerechse mit einer Galapagos-Lavaechse.
Foto: Tobias Poprick/CDF

Durch Förderanträge und Gespräche bei vielen verschiedenen Firmen, Umweltverbänden und Stiftungen ergaben sich positive Rückmeldungen der Deutschen Stiftung Meeresschutz, Kellner und Stoll Stiftung, der Brede Stiftung, der Okeanos Stiftung für das Meer, PROMOS und Macherey und Nagel, die zusammen dieses Projekt erst finanziell realisierbar machten.

Ohne diese Art der Unterstützung würde nach wie vor nur die Idee existieren. Diese immens wichtige Unterstützung und Resonanz war der finale Motivationsschub, dass diese Projektidee, die ich hatte, wirklich von Bedeutung sein könnte.

Und dann wären da noch die Formalien …

Meine Euphorie, das Projekt wirklich realisieren zu können, war nun kaum zu stoppen – bis mir bewusst wurde, welche bürokratischen Herausforderungen auf mich warteten. Zollformalitäten, Ausfuhr- und Einfuhrerlaubnis von Proben, Forschungserlaubnis vor Ort, tropenärztliche Untersuchung, Erste-Hilfe-Kurs, Nagoya-Protokoll1 etc.

Bis zu meiner Abreise war in diesem bürokratischen Dschungel kaum ein Ende in Sicht. Doch dann die Durchsage – das Boarding nach Galapagos Baltra beginnt – und das erste Mal seit über einem Jahr realisierte ich: Es passiert wirklich, das Projekt beginnt und der Traum wird wahr.

Endlich angekommen auf Galapagos

Auf Galapagos angekommen wurde mir auch direkt bewusst, dass ich nicht mehr 12 °C und grauem Wetter wie die Tage zuvor in Deutschland ausgesetzt bin, sondern nun direkte Äquatorsonne und rund 80 % Luftfeuchtigkeit abbekomme. Neben klimatischer Anpassung bedurfte es auch einer Anpassung des in der Theorie geplanten Zeitplans – die Nationalpark-Forschungserlaubnisse ließen länger auf sich warten!

Mangroven an der Küste, Galapagos-Inseln.
Foto: Tobias Poprick/CDF

Kooperation mit dem Mangroven-Finken-Projekt der Charles Darwin Foundation

Glücklicherweise ergab sich eine Kooperation mit dem Mangroven-Finken-Projekt an der Charles Darwin Foundation. Das Projekt arbeitet für den Schutz und Erhalt der berühmten und akut vom Aussterben bedrohten Darwin-Finken. Nicolas Moity stellte von dort Daten und Mangrovenblätter aus den sehr abgelegenen Gebieten zur Verfügung. Dadurch blieb der Zeitplan der populationsgenetischen Mangrovenstudie weiterhin realisierbar.

Komplexität Nationalparkbehörde zum Schutz einzigartiger Biodiversität

Blaufußtölpel bewacht sein Nest, Galapagos-Inseln.
Ein Blaufußtölpel bewacht sein Nest. Foto: Tobias Poprick/CDF

Die Koordinierung der anstehenden Arbeiten in den geplanten Insel-Standorten war hauptsächlich aus Papierarbeit geprägt. Denn für jede Insel gibt es eine andere Nationalparkdirektion, bei welcher Arbeitserlaubnisse für die unterschiedlichen Standorte Tag-genau eingeholt werden müssen.

Für den Transport der Proben zwischen den Inseln musste jeweils ein zusätzlicher Bürokratieberg zur Einfuhr erklommen werden. Durch die hervorragende administrative Arbeit der Charles Darwin Foundation und vor allem Nicolas Moity konnte dennoch alles zeitnah erfolgen und koordiniert vonstattengehen.

Erstbegegnung mit Galapagos-Mangroven

Nun konnte es also losgehen. Dass allererste Mal zu den Mangroven, die ich bis hierhin nur als grüne Pixel auf Satellitenbilder wahrnehmen konnte: Die Aufregung und Vorfreude waren enorm.

Zwei Galapagos-Seelöwen am Rand eines Mangrovenwaldes, Galapagos-Inseln.
Foto: Tobias Poprick/CDF

Überwältigende Mangrovenvielfalt auf Galapagos

Die ersten Impressionen der Galapagos-Mangroven waren erstaunlich, denn diese imposante Fähigkeit der Mangroven, direkt auf Lavagestein zu wachsen, und viele große, alte Bäume zu sehen, war beeindruckend.

Die Mangroven sind faszinierend geprägt, und selten gibt es Standorte, die sich augenscheinlich ähnelten. An einigen Standorten nur riesige Bäume und Wälder, an anderen nur buschartige Bäumchen, extrem salinen Bedingungen ausgesetzt. Wieder andere Mangroven direkt auf Lavagestein wachsend mit riesigem Stamm und Wurzelwerk – die Ambition, alle geplanten Standorte beproben zu können, war riesig.

Fotos: Tobias Poprick/CDF

Und grau ist alle Theorie …

Dennoch konnte ich im Vorfeld noch so viel in der Theorie planen und rechnen, wie lange es wohl dauern mag, alle Parameter an einem Baum aufzunehmen. Wie lange es wohl dauert, von A nach B zu kommen oder im Nachhinein die Proben zu bearbeiten. Doch in der Praxis ist bekanntlich alles ein wenig anders. Es bedarf sinnvoller Anpassungen, die das Forschungsdesign wiederum nicht gefährden.

Risiken der Feldarbeit: Wann kommt die Flut?

Tobias Poprick nimmt Blattproben von einem Mangrovenbaum, Galapagos-Inseln.
Foto: Tobias Poprick/CDF

Innerhalb der Standorte wurden daher Höhe und Umfang des Baumes vermessen, Blätter gesammelt, Koordinaten jedes Baumes gespeichert und Umweltfaktoren wie Salinität und pH-Werte aufgenommen.

Die Arbeiten im Feld waren vor allem gezeichnet von Hitze, rutschigem Lavagestein, Wurzelklettern und dauernder Kalkulierung der Tide, um nicht zurückschwimmen zu müssen.

Direkt im Anschluss an jede Feldarbeit standen dann Vermessen des Blattareals, Aufnahme von Blattstrukturdichte und Gewicht der Blätter an. Die Arbeitstage zogen sich folglich in die Länge.

Forschen auf Galapagos: ein Privileg

Zwei Galapagos-Seelöwen am Fischmarkt von Puerto Ayora, Santa-Cruz, Galapagos-Inseln.
Galapagos-Seelöwen am Fischmarkt von Puerto Ayora, Santa Cruz. Foto: Tobias Poprick/CDF

Im gewohnten Alltag realisierte ich nach einer Weile, wie schnell es doch geht auszublenden, an welch einem Ort ich doch bin, und dass jegliche Anstrengungen eigentlich nur Luxusprobleme darstellen, wenn man das Privileg besitzt, auf Galapagos sein zu dürfen und hier auch Forschung betreiben zu können.

Diese Realisierung gekoppelt mit der Passion für Mangroven war der Motor, der mich antrieb, jegliche Strapazen überwinden zu können und zu wollen.

Daten von über 1.000 Mangrovenblättern

Innerhalb des Masterprojekts zur genetischen Fitness der Galapagos-Mangroven beprobte ich in 2 Monaten 14 verschiedene Standorte auf fünf verschiedenen Inseln. Dabei kamen Daten von über 1.000 Mangrovenblättern zusammen. Diese warten nun auf ihre statistische Auswertung.

Zusätzlich ergab sich innerhalb der Kooperation mit der Charles Darwin Foundation die Bereitschaft, Blattmaterial von zwei weiteren Inseln und Standorten für die genetische Analyse zur Verfügung zu stellen.

Die aufgenommenen Parameter im Feld sollen bestmöglich Aufschluss über Unterschiede innerhalb der Mangrovenarten und des Standorts geben und dann anschließend mit den genetisch gewonnenen Daten gekoppelt werden.

Gesammelte Mangrovenblätter für die spätere genetische Analyse, Galapagos-Inseln.

Die für die genetische Analyse bestimmten Proben kommen mit zurück nach Deutschland. Dort, in den Laboren des ZMT, wird die DNA der einzelnen Blätter extrahiert und anschließend sequenziert. Foto: Tobias Poprick/CDF

Galapagos-Mangroven haben viel zu erzählen

Die Zeit auf Galapagos war prall gefüllt mit atemberaubender Natur, prägenden Erfahrungen, Herausforderungen und Abenteuern, die mich als Mensch und vor allem als Wissenschaftler nachhaltig beeinflussen werden. Ich bin mir sicher, dass die Mangroven von Galapagos noch einige Geschichten bereithalten.

Tobias Poprick bei der Feldarbeit, Mangroven Galapagos-Inseln.

Ich bin dankbar für jede einzelne Person, die die Bereitschaft gezeigt hat, dieses Projekt unterstützen zu wollen und zu ermöglichen.
Foto: Tobias Poprick/CDF

1: Das „Nagoya-Protokoll über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt“ ist ein Instrument für den internationalen Naturschutz, das einerseits Regelungen über den Zugang zu genetischen Ressourcen enthält und andererseits eine Beteiligung an den Ergebnissen, die aus der Nutzung der genetischen Ressourcen entstehen, vorsieht.

Titelfoto: Tobias Poprick/CDF


Mangrovenwälder – unverzichtbar für den Klimaschutz und den Erhalt der marinen Artenvielfalt

Mit ihrer atemberaubenden Artenvielfalt gehören Mangrovenwälder neben Korallenriffen, Seegraswiesen und tropischen Regenwäldern zu den produktivsten Ökosystemen der Erde. Sie sind unvergleichlich. 

Mangrovenwald Orpheus Island Australien.
© OceanImageBank/MattCurnock

Die Küstenwälder haben eine herausragende Funktion im Küsten- und Klimaschutz und für die Ernährungssicherung der Küstenbevölkerung. Sie speichern, ähnlich wie Seegraswiesen, langfristig und effektiv große Mengen des Treibhausgases CO₂ als „blauen Kohlenstoff“ oder Blue Carbon.

Derzeit verlieren wir Mangrovenwälder schneller als tropische Regenwälder. Experten befürchten, dass diese Küstenwälder innerhalb der kommenden 100 Jahre gänzlich verschwinden könnten. Wir setzen uns dafür ein, dass das nicht passiert!

Genetische Vielfalt der Arten bestimmt ihre Widerstandsfähigkeit

Für den Erfolg von Projekten zur Wiederherstellung von Mangrovenwäldern als unverzichtbare, naturbasierte CO₂-Speicher (Nature-based Solutions, NbS) und Hotspots der Artenvielfalt sollte man deren genetische Fitness kennen. Welche Varianten einer Mangrovenart kommen besser mit bestimmten Umweltbedingungen klar und haben daher Wachstumsvorteile?

Diesen spannenden Fragen geht Meeresökologe Tobias Poprick in seiner Masterarbeit nach. Er betritt hier wissenschaftliches Neuland. Seine Arbeit hat einen direkten Bezug für ein verbessertes Ökosystem-Management von Mangrovenwäldern.

Erhalt und Renaturierung von Mangrovenwäldern

Auf dem Heimweg von der Feldarbeit, Fluss Rewa, Fidschi.

Engagieren Sie sich für den Erhalt unverzichtbarer Küstenökosysteme. Für den Klimaschutz! Für den Küstenschutz! Für die Artenvielfalt!

Galapagosinseln: Masterprojekt genetische Fitness von Mangroven

Voraussichtliche Lesedauer: 7 Minuten

Wir unterstützen das Masterprojekt von Tobias Poprick von der Universität Bremen über die Populationsgenetik von Mangroven auf den Galapagosinseln. Denn für die Erhaltung und Wiederherstellung von Mangrovenwäldern als unverzichtbare, naturbasierte CO₂-Speicher (Nature-based Solutions, NbS) und Hotspots der Artenvielfalt sollte man deren genetische Fitness kennen. Welche Varianten einer Mangrovenart kommen besser mit bestimmten Umweltbedingungen klar und haben daher Wachstumsvorteile? Tobias Poprick will mit seinem Forschungsprojekt den Galapagos-Nationalpark bei Renaturierungs- und Schutzmaßnahmen unterstützen. Er betritt hier wissenschaftliches Neuland mit direktem Bezug für ein verbessertes Ökosystem-Management.

Das Masterprojekt wird im Rahmen der Arbeitsgruppe Mangrovenökologie am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Zimmer durchgeführt. Dr. Véronique Helfer und Dr. Marlis Reich von der Universität Bremen obliegt dabei die Supervision. Vor Ort erhält Tobias Poprick Unterstützung von der Charles Darwin Foundation, insbesondere von María José Barragan und Nicolas Moity.

UPDATE: Auszeichnung für Tobias Poprick mit dem „Best Student Poster Presentation Award“ auf der „6th Mangrove Macrobenthos and Management meeting“ in Cartagena, Kolumbien.

Vom 24. bis 28. Juli fand in Cartagena in Kolumbien das „6th Mangrove Macrobenthos and Management meeting“ (MMM6) statt. Das MMM6 ist DAS Get-together der „Mangroven-Community“ mit Teilnehmenden aus der ganzen Welt. Jedoch erhalten deutsche Masterstudierende so gut wie keine Fördermittel aus staatlichen Töpfen, um ihre Arbeit auf derartigen Konferenzen vorzustellen. Deshalb unterstützten wir Tobias Poprick gemeinsam mit zwei weiteren Stiftungen. Damit konnte er die ersten vorläufigen Ergebnisse seines Masterprojekts auf der MMM6 präsentieren.

Mangroven auf den Galapagosinseln

Der Vater der modernen Evolutionstheorie und Naturforscher Charles Darwin verhalf den rund 1.000 Kilometer vom Festland entfernten isolierten Galapagosinseln zu Weltruhm. Seit 1959 steht Darwins Evolutionslabor mit seiner einzigartigen Flora und Fauna unter strengem Naturschutz.

Riesenschildkröte blockiert einen Touristenbus auf den Galápagos-Inseln.

Touristenbus triff auf eine Riesenschildkröte.
© PublicDomainPictures/pixabay

Trotz beschädigender Einflüsse des Menschen (ca. 25.000 Einwohner, seit der Coronapandemie wieder über 100.000 Touristen, mindestens 40 invasive eingeschleppte Arten u. a. m.) blieben die Mangroven auf den Galapagosinseln bislang weitgehend intakt. Dank dieser Unberührtheit sind sie hervorragend für populationsgenetische Studien geeignet.

Galapagos-Mangroven auf Lavafeldern und als Inselhüpfer

Da Mangrovensetzlinge eine Zeit lang im Meerwasser überlebensfähig sind, konnten sie sich mit den Meeresströmungen auf Galapagos als Inselhüpfer ausbreiten. Jedoch ist ihr Siedlungserfolg auf den mehr als 100 Inseln des Archipels höchst unterschiedlich.

Galápagos-Inseln mit unterschiedlichem Mangrovenbewuchs.

Einige Inseln sind nur lückenhaft oder unterentwickelt besiedelt. Während Mangroven auf anderen Inseln wiederum prächtig gedeihen. Dies trifft z. B. auf die geologisch jüngeren Inseln zu. Dort wachsen Mangroven völlig unüblich sogar auf Lavafeldern. © Penny/pixabay

Neben einem unterschiedlichen Nährstoffangebot vermuten Wissenschaftler hinter dem unterschiedlichen Siedlungserfolg auch die Auswirkungen eines verminderten Genpools. Dem will Tobias Poprick auf die Spur kommen.

Er konzentriert sich auf drei Arten: Weiße Mangrove (Laguncularia racemosa), Rote Mangrove (Rhizophora mangle) und Schwarze Mangrove (Avicennia germinans). Es geht ihm darum, genetische Variationen dieser Arten innerhalb und zwischen den Inseln zu dokumentieren. Noch kein Forscher vor ihm hat dies versucht.

Mangrovenblätter für die Suche nach genetischen Variationen

Alles, was Tobias Poprick dazu braucht, sind drei Blattproben von jeder Art von unterschiedlichen Standorten. Davon verbleibt jeweils ein Blatt für die Archivierung bei der Charles Darwin Foundation.

Verteilung der Mangroven auf den Galápagos-Inseln.

Verteilung der Mangrovenbäume innerhalb der Galapagosinseln mit potenziellen Beprobungspunkten (angedeutet in Gelb) für die Sammlung der Blätter (modifiziert von Moity et al. 2019).

Die genetischen Analysen finden im ZMT-Labor in Bremen statt. Zusätzlich wird Tobias Poprick an jedem Probenahmeort Umweltparameter wie z. B. pH-Wert und Salzgehalt des Meerwassers messen und Besonderheiten des Substrats dokumentieren.

Gibt es unterschiedliche Mangroven-Ökotypen auf den Galapagosinseln?

Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, Mangroven-Ökotypen zu erkennen, die als lokale Anpassungen an unterschiedliche Umweltbedingungen entstanden sind.

Pelikan auf Mangroven auf den Galápagos-Inseln.
© Charles Darwin Foundation, Nicolas Moity

Zurzeit ist die genetische Vielfalt der Galapagos-Mangroven nicht bekannt. Um den Herausforderungen der Klimakatastrophe und daraus folgenden Umweltveränderungen begegnen zu können, benötigt man jedoch dieses Wissen. Nur so lassen sich die richtigen Entscheidungen für ein verbessertes, effizienteres Ökosystem-Management treffen. Nur so können Schutz- und Wiederherstellungsprojekte effizient durchgeführt werden.

Genetische Vielfalt der Arten bestimmt ihre Widerstandsfähigkeit

Die genetische Vielfalt ist ein wesentlicher Bestandteil der biologischen Vielfalt. Sie bestimmt die Widerstandsfähigkeit oder das evolutionäre Potenzial von Arten zur Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen. Ist die genetische Vielfalt gering, sind Arten und Populationen stärker vom Aussterben bedroht. Sie befinden sich in einer genetischen Sackgasse. Dieser genetische Flaschenhals-Effekt (Bottleneck Effect) kann auf geografisch isolierten Inseln schnell entstehen.

Ein Galápagos-Seelöwe döst am Strand.

Galapagos-Seelöwen gibt es nur auf den Galapagosinseln. Sie sind mit Kalifornischen Seelöwen verwandt. Die Population im Galapagos-Archipel umfasst rund 50.000 Tiere. Bei ihnen gibt es keinen genetischen Flaschenhals-Effekt. © Penny/pixabay

Problematische Renaturierung von Mangrovenwäldern

Noch hat keines der vielen Projekte zur (Wieder-)Ansiedlung von Mangroven genetische Informationen berücksichtigt, obwohl dies von wesentlicher Bedeutung ist. Doch ohne ein ausreichendes Maß an genetischer Vielfalt haben neu angepflanzte Mangroven nur eine verringerte Überlebensfähigkeit. Das gilt insbesondere bei der Berücksichtigung von Anpassungsmerkmalen an lokale (aktuelle und/oder zukünftige) Umweltbedingungen.

Mangroven müssen genetisch fit sein, um an einem neuen Standort gedeihen zu können! Hierzu will Tobias Poprick einen wichtigen Beitrag leisten. Für ein besseres Mangroven-Management und bessere Entscheidungen bei Wiederherstellungs- und Schutzinitiativen. Für den Erhalt dieser weltweit schwindenden, wunderbar artenreichen Wälder.

Nach Informationen des Förderantrags von Tobias Poprick:
Populationsgenetik der Mangroven auf den Galapagosinseln
Titelfoto: © Charles Darwin Foundation, Fotograf: Juan Manuel García


Wissenschaft trifft Musik: Den Mangroven gewidmet

26.07.2021: Musik-Premiere am ZMT! Unterstützt durch den Mangrovenökologen Prof. Dr. Martin Zimmer, hat der ehemalige ZMT-Bachelor-Student Tobias Poprick alias „Biyotob“ einen neuen Musiktrack herausgebracht. Das Stück mit dem Titel „Laguncularia“ ist der Opener von Tobias neuem Album „Impressionen aus dem Biyotob“ und wird von Zimmer eingesprochen.