Masterprojekt genetische Fitness von Galapagos-Mangroven

Wir unterstützen das Masterprojekt von Tobias Poprick von der Universität Bremen über die Populationsgenetik von Mangroven auf den Galapagosinseln. Denn für die Erhaltung und Wiederherstellung von Mangrovenwäldern als unverzichtbare, naturbasierte CO₂-Speicher (Nature-based Solutions, NbS) und Hotspots der Artenvielfalt sollte man deren genetische Fitness kennen. Welche Varianten einer Mangrovenart kommen besser mit bestimmten Umweltbedingungen klar und haben daher Wachstumsvorteile? Tobias Poprick will mit seinem Forschungsprojekt den Galapagos-Nationalpark bei Renaturierungs- und Schutzmaßnahmen unterstützen. Er betritt hier wissenschaftliches Neuland mit direktem Bezug für ein verbessertes Ökosystem-Management.

Das Masterprojekt wird im Rahmen der Arbeitsgruppe Mangrovenökologie am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Zimmer durchgeführt. Dr. Véronique Helfer und Dr. Marlis Reich von der Universität Bremen obliegen dabei die Supervision. Vor Ort erhält Tobias Poprick Unterstützung von der Charles Darwin Foundation, insbesondere von María José Barragan und Nicolas Moity.

Mangrovenwälder auf den Galapagosinseln

Der Vater der modernen Evolutionstheorie und Naturforscher Charles Darwin verhalf den rund 1.000 Kilometer vom Festland entfernten isolierten Galapagosinseln zum Weltruhm. Seit 1959 steht Darwins Evolutionslabor mit seiner einzigartigen Flora und Fauna unter strengem Naturschutz.

Riesenschildkröte blockiert einen Touristenbus auf den Galápagos-Inseln.

Touristenbus triff auf eine Riesenschildkröte.
© PublicDomainPictures/pixabay

Trotz beschädigender Einflüsse des Menschen (ca. 25.000 Einwohner, seit der Coronapandemie wieder über 100.000 Touristen, mindestens 40 invasive eingeschleppte Arten u. a. m.) blieben die Galapagos-Mangroven bislang weitgehend intakt. Dank dieser Unberührtheit sind sie hervorragend für populationsgenetische Studien geeignet.

Galapagos-Mangroven auf Lavafeldern und als Inselhüpfer

Da Mangrovensetzlinge zeitweise im Meerwasser überlebensfähig sind, konnten sie sich mit den Meeresströmungen auf Galapagos als Inselhüpfer ausbreiten. Jedoch ist ihr Siedlungserfolg auf den mehr als 100 Inseln des Archipels höchst unterschiedlich.

Galápagos-Inseln mit unterschiedlichem Mangrovenbewuchs.

Einige Inseln sind nur lückenhaft oder unterentwickelt besiedelt. Während Mangroven auf anderen Inseln wiederum prächtig gedeihen. Dies trifft z. B. auf die geologisch jüngeren Inseln zu. Dort wachsen Mangroven gänzlich unüblich sogar auf Lavafeldern. © Penny/pixabay

Neben einem unterschiedlichen Nährstoffangebot vermuten Wissenschaftler hinter dem unterschiedlichen Siedlungserfolg auch die Auswirkungen eines verminderten Genpools. Dem will Tobias Poprick auf die Spur kommen.

Er konzentriert sich auf drei Arten: Weiße Mangrove (Laguncularia racemosa), Rote Mangrove (Rhizophora mangle) und Schwarze Mangrove (Avicennia germinans). Es geht ihm darum, genetische Variationen dieser Arten innerhalb und zwischen den Inseln zu dokumentieren. Noch kein Forscher vor ihm hat dies versucht.

Alles, was Tobias Poprick dazu benötigt, sind drei Blattproben von jeder Art von unterschiedlichen Standorten. Davon verbleibt jeweils ein Blatt für die Archivierung bei der Charles Darwin Foundation.

Verteilung der Mangroven auf den Galápagos-Inseln.

Verteilung der Mangrovenstandorte innerhalb der Galapagosinseln mit potenziellen Beprobungspunkten (angedeutet in Gelb) für die Sammlung der Blätter (modifiziert von Moity et al. 2019).

Die genetischen Analysen finden im ZMT-Labor in Bremen statt. Zusätzlich wird Tobias Poprick an jedem Probenahmeort Umweltparameter wie pH-Wert und Salzgehalt des Meerwassers messen und Besonderheiten des Substrats dokumentieren.

Gibt es unterschiedliche Mangroven-Ökotypen auf den Galapagosinseln?

Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, Mangroven-Ökotypen zu erkennen, die als lokale Anpassungen an unterschiedliche Umweltbedingungen entstanden sind.

Pelikan in einem Mangrovenbaum.
© Charles Darwin Foundation, Nicolas Moity

Zurzeit ist die genetische Vielfalt der Galapagos-Mangroven nicht bekannt. Um den Herausforderungen der Klimakatastrophe und daraus folgenden Umweltveränderungen begegnen zu können, benötigt man jedoch dieses Wissen. Nur so lassen sich die richtigen Entscheidungen für ein verbessertes, effizienteres Ökosystem-Management treffen. Nur so können Schutz- und Wiederherstellungsprojekte effizient durchgeführt werden.

Genetische Vielfalt der Arten bestimmt ihre Widerstandsfähigkeit

Die genetische Vielfalt ist ein wesentlicher Bestandteil der biologischen Vielfalt. Sie bestimmt die Widerstandsfähigkeit oder das evolutionäre Potenzial von Arten zur Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen. Ist die genetische Vielfalt gering, sind Arten und Populationen stärker vom Aussterben bedroht. Sie befinden sich in einer genetischen Sackgasse. Dieser genetische Flaschenhals-Effekt (Bottleneck Effect) kann auf geografisch isolierten Inseln schnell entstehen.

Ein Galápagos-Seelöwe döst am Strand.

Galapagos-Seelöwen gibt es nur auf den Galapagosinseln. Sie sind mit Kalifornischen Seelöwen verwandt. Die Population im Galapagos-Archipel umfasst rund 50.000 Tiere. Bei ihnen gibt es keinen genetischen Flaschenhals-Effekt. © Penny/pixabay

Problematische Mangroven-Renaturierungen

Noch hat keines der vielen Projekte zur Wiederansiedlung von Mangroven genetische Informationen berücksichtigt, obwohl dies von wesentlicher Bedeutung ist. Doch ohne ein ausreichendes Maß an genetischer Vielfalt haben neu angepflanzte Mangroven nur eine verringerte Überlebensfähigkeit. Das gilt insbesondere bei der Berücksichtigung von Anpassungsmerkmalen an lokale (aktuelle und/oder zukünftige) Umweltbedingungen.

Mangroven müssen genetisch fit sein, um an einem neuen Standort gedeihen zu können! Hierzu will Tobias Poprick einen wichtigen Beitrag leisten. Für ein besseres Mangroven-Management und bessere Entscheidungen bei Wiederherstellungs- und Schutzinitiativen. Für den Erhalt dieser weltweit schwindenden, wunderbar artenreichen Wälder.

Nach Informationen des Förderantrags von Tobias Poprick:
Populationsgenetik der Mangroven auf den Galapagosinseln
Titelfoto: © Charles Darwin Foundation, Fotograf: Juan Manuel García


Mangroven-Konferenz in Kolumbien

Bericht von Tobias Poprick vom 6. August 2023.

Auszeichnung der besten studentischen Präsentationen und Poster auf der Konferenz „6th Mangrove Macrobenthos and Management meeting“ in Cartagena, Kolumbien
Auszeichnung der besten studentischen Präsentationen und Poster.

Die Konferenz „Mangrove Macrobenthos and Management meeting“ ist das prestigeträchtigste Mangroven-Netzwerktreffen. Es zieht Wissenschaftler*innen und Interessenvertreter*innen aus der ganzen Welt an, die sich für den Schutz von Mangroven-Ökosystemen einsetzen. Dieses Jahr fand sie vom 24. bis 28. Juli in Cartagena in Kolumbien statt. In Form einer Poster-Präsentation konnte ich dort mein Masterprojekt „Populationsgenetik der Mangroven auf den Galapagosinseln“ vorstellen und somit ein aktiver Teil der Mangroven-Konferenz sein.

Auszeichnung

Als Höhepunkt der Konferenz wurde mir die Ehre zuteil, mit dem „Best Student Poster Presentation Award“ ausgezeichnet zu werden (siehe Foto oben). Diese Anerkennung bestärkt die Relevanz des Projekts und ermutigt mich, weiterhin an meiner Forschung zu arbeiten und mich für den Schutz der Mangroven einzusetzen.

Poster-Präsentation mit Nicolas Moity (links) und Dr. Véronique Helfer (rechts) auf der Konferenz „6th Mangrove Macrobenthos and Management meeting“ in Cartagena, Kolumbien

Poster-Präsentation mit Nicolas Moity (links) und Dr. Véronique Helfer (rechts).

Selbst ein Teil der Veränderung sein

Das Feedback vor Ort war sehr bereichernd und hilfreich. Es gibt mir definitiv einen weiteren Motivationsschub für die nächste Phase des Projekts, die genetische Analyse. Fernab der eigenen Repräsentation meines Projekts eröffnete die Mangroven-Konferenz zudem die Möglichkeit, mit Menschen aus dem Fachgebiet zu interagieren und wissenschaftliche Zusammenhänge zu besprechen, ohne wie üblich die Literatur ausgiebig durchforsten zu müssen.

Internationale Kooperationen für besseren Mangroven-Schutz

Ebenso war der Grundtenor der Konferenz, nicht nur Veränderungen zu fordern, sondern selbst Teil von Veränderungen zu sein und an der Fähigkeit zu arbeiten, die eigene Forschung hinterfragen zu können.

Maßgeblicher Bestandteil war, von sogenannter „parachute science“ abzusehen, Kooperationen einzugehen und zu intensivieren und keine redundanten Projekte zu starten. Ferner die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung zu verfolgen und vor allem Forschungsansätze sowie Schutz- und Restaurationsprojekte an den Bedürfnissen vor Ort zu orientieren und zu integrieren.

Zwei Galapagos-Seelöwen am Rand eines Mangrovenwaldes, Galapagos-Inseln.
© Tobias Poprick/CDF

Diese inspirierende Atmosphäre der gemeinsamen Passion für Mangroven gibt einen außergewöhnlichen Impuls, weiter daran festzuhalten, Mangroven in Zukunft besser schützen zu wollen und daran zu arbeiten, die Thematik zunehmend in den Diskurs der öffentlichen Wahrnehmung zu rücken.

Danksagung

Ich bin außerordentlich dankbar, als Masterstudent die Möglichkeit gehabt zu haben, Teil der Mangroven-Konferenz gewesen zu sein. Das ist sicherlich nicht selbstverständlich und es ehrt mich zutiefst, dass die Deutsche Stiftung Meeresschutz, die Kellner & Stoll Stiftung und die Brede Stiftung mir das finanziell ermöglicht haben. Ebenso bin ich sehr dankbar, dass alle an diesem Projekt beteiligten Personen weiterhin eine immense Unterstützung bereitstellen und sich durch die Konferenz alle Projektpartner*innen in Person treffen und austauschen konnten.


Wissenschaft trifft Musik: Den Mangroven gewidmet

Unterstützt durch den Mangrovenökologen Prof. Dr. Martin Zimmer, hat der ehemalige ZMT-Bachelor-Student Tobias Poprick alias „Biyotob“ einen neuen Musiktrack herausgebracht. Das Stück mit dem Titel „Laguncularia“ ist der Opener von Tobias‘ neuem Album „Impressionen aus dem Biyotob“ und wird von Martin Zimmer eingesprochen.