Galapagosinseln: Masterprojekt genetische Fitness von Mangroven

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Wir unterstützen das Masterprojekt von Tobias Poprick von der Universität Bremen über die Populationsgenetik von Mangroven auf den Galapagosinseln. Denn für die Erhaltung und Wiederherstellung von Mangrovenwäldern als unverzichtbare, naturbasierte CO₂-Speicher (Nature-based Solutions, NbS) und Hotspots der Artenvielfalt sollte man deren genetische Fitness kennen. Welche Varianten einer Mangrovenart kommen besser mit bestimmten Umweltbedingungen klar und haben daher Wachstumsvorteile? Tobias Poprick will mit seinem Forschungsprojekt den Galapagos-Nationalpark bei Renaturierungs- und Schutzmaßnahmen unterstützen. Er betritt hier wissenschaftliches Neuland mit direktem Bezug für ein verbessertes Ökosystem-Management.

Das Masterprojekt wird im Rahmen der Arbeitsgruppe Mangrovenökologie am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Zimmer durchgeführt. Dr. Véronique Helfer und Dr. Marlis Reich von der Universität Bremen obliegt dabei die Supervision. Vor Ort erhält Tobias Poprick Unterstützung von der Charles Darwin Foundation, insbesondere von María José Barragan und Nicolas Moity.

UPDATE: Auszeichnung für Tobias Poprick mit dem „Best Student Poster Presentation Award“ auf der „6th Mangrove Macrobenthos and Management meeting“ in Cartagena, Kolumbien.

Vom 24. bis 28. Juli fand in Cartagena in Kolumbien das „6th Mangrove Macrobenthos and Management meeting“ (MMM6) statt. Das MMM6 ist DAS Get-together der „Mangroven-Community“ mit Teilnehmenden aus der ganzen Welt. Jedoch erhalten deutsche Masterstudierende so gut wie keine Fördermittel aus staatlichen Töpfen, um ihre Arbeit auf derartigen Konferenzen vorzustellen. Deshalb unterstützten wir Tobias Poprick gemeinsam mit zwei weiteren Stiftungen. Damit konnte er die ersten vorläufigen Ergebnisse seines Masterprojekts auf der MMM6 präsentieren.

Mangroven auf den Galapagosinseln

Der Vater der modernen Evolutionstheorie und Naturforscher Charles Darwin verhalf den rund 1.000 Kilometer vom Festland entfernten isolierten Galapagosinseln zu Weltruhm. Seit 1959 steht Darwins Evolutionslabor mit seiner einzigartigen Flora und Fauna unter strengem Naturschutz.

Riesenschildkröte blockiert einen Touristenbus auf den Galápagos-Inseln.

Touristenbus triff auf eine Riesenschildkröte.
© PublicDomainPictures/pixabay

Trotz beschädigender Einflüsse des Menschen (ca. 25.000 Einwohner, seit der Coronapandemie wieder über 100.000 Touristen, mindestens 40 invasive eingeschleppte Arten u. a. m.) blieben die Mangroven auf den Galapagosinseln bislang weitgehend intakt. Dank dieser Unberührtheit sind sie hervorragend für populationsgenetische Studien geeignet.

Galapagos-Mangroven auf Lavafeldern und als Inselhüpfer

Da Mangrovensetzlinge eine Zeit lang im Meerwasser überlebensfähig sind, konnten sie sich mit den Meeresströmungen auf Galapagos als Inselhüpfer ausbreiten. Jedoch ist ihr Siedlungserfolg auf den mehr als 100 Inseln des Archipels höchst unterschiedlich.

Galápagos-Inseln mit unterschiedlichem Mangrovenbewuchs.

Einige Inseln sind nur lückenhaft oder unterentwickelt besiedelt. Während Mangroven auf anderen Inseln wiederum prächtig gedeihen. Dies trifft z. B. auf die geologisch jüngeren Inseln zu. Dort wachsen Mangroven völlig unüblich sogar auf Lavafeldern. © Penny/pixabay

Neben einem unterschiedlichen Nährstoffangebot vermuten Wissenschaftler hinter dem unterschiedlichen Siedlungserfolg auch die Auswirkungen eines verminderten Genpools. Dem will Tobias Poprick auf die Spur kommen.

Er konzentriert sich auf drei Arten: Weiße Mangrove (Laguncularia racemosa), Rote Mangrove (Rhizophora mangle) und Schwarze Mangrove (Avicennia germinans). Es geht ihm darum, genetische Variationen dieser Arten innerhalb und zwischen den Inseln zu dokumentieren. Noch kein Forscher vor ihm hat dies versucht.

Mangrovenblätter für die Suche nach genetischen Variationen

Alles, was Tobias Poprick dazu braucht, sind drei Blattproben von jeder Art von unterschiedlichen Standorten. Davon verbleibt jeweils ein Blatt für die Archivierung bei der Charles Darwin Foundation.

Verteilung der Mangroven auf den Galápagos-Inseln.

Verteilung der Mangrovenbäume innerhalb der Galapagosinseln mit potenziellen Beprobungspunkten (angedeutet in Gelb) für die Sammlung der Blätter (modifiziert von Moity et al. 2019).

Die genetischen Analysen finden im ZMT-Labor in Bremen statt. Zusätzlich wird Tobias Poprick an jedem Probenahmeort Umweltparameter wie z. B. pH-Wert und Salzgehalt des Meerwassers messen und Besonderheiten des Substrats dokumentieren.

Gibt es unterschiedliche Mangroven-Ökotypen auf den Galapagosinseln?

Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, Mangroven-Ökotypen zu erkennen, die als lokale Anpassungen an unterschiedliche Umweltbedingungen entstanden sind.

Pelikan in einem Mangrovenbaum.
© Charles Darwin Foundation, Nicolas Moity

Zurzeit ist die genetische Vielfalt der Galapagos-Mangroven nicht bekannt. Um den Herausforderungen der Klimakatastrophe und daraus folgenden Umweltveränderungen begegnen zu können, benötigt man jedoch dieses Wissen. Nur so lassen sich die richtigen Entscheidungen für ein verbessertes, effizienteres Ökosystem-Management treffen. Nur so können Schutz- und Wiederherstellungsprojekte effizient durchgeführt werden.

Genetische Vielfalt der Arten bestimmt ihre Widerstandsfähigkeit

Die genetische Vielfalt ist ein wesentlicher Bestandteil der biologischen Vielfalt. Sie bestimmt die Widerstandsfähigkeit oder das evolutionäre Potenzial von Arten zur Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen. Ist die genetische Vielfalt gering, sind Arten und Populationen stärker vom Aussterben bedroht. Sie befinden sich in einer genetischen Sackgasse. Dieser genetische Flaschenhals-Effekt (Bottleneck Effect) kann auf geografisch isolierten Inseln schnell entstehen.

Ein Galápagos-Seelöwe döst am Strand.

Galapagos-Seelöwen gibt es nur auf den Galapagosinseln. Sie sind mit Kalifornischen Seelöwen verwandt. Die Population im Galapagos-Archipel umfasst rund 50.000 Tiere. Bei ihnen gibt es keinen genetischen Flaschenhals-Effekt. © Penny/pixabay

Problematische Renaturierung von Mangrovenwäldern

Noch hat keines der vielen Projekte zur (Wieder-)Ansiedlung von Mangroven genetische Informationen berücksichtigt, obwohl dies von wesentlicher Bedeutung ist. Doch ohne ein ausreichendes Maß an genetischer Vielfalt haben neu angepflanzte Mangroven nur eine verringerte Überlebensfähigkeit. Das gilt insbesondere bei der Berücksichtigung von Anpassungsmerkmalen an lokale (aktuelle und/oder zukünftige) Umweltbedingungen.

Mangroven müssen genetisch fit sein, um an einem neuen Standort gedeihen zu können! Hierzu will Tobias Poprick einen wichtigen Beitrag leisten. Für ein besseres Mangroven-Management und bessere Entscheidungen bei Wiederherstellungs- und Schutzinitiativen. Für den Erhalt dieser weltweit schwindenden, wunderbar artenreichen Wälder.

Nach Informationen des Förderantrags von Tobias Poprick:
Populationsgenetik der Mangroven auf den Galapagosinseln
Titelfoto: © Charles Darwin Foundation, Fotograf: Juan Manuel García


Wissenschaft trifft Musik: Den Mangroven gewidmet

26.07.2021: Musik-Premiere am ZMT! Unterstützt durch den Mangrovenökologen Prof. Dr. Martin Zimmer, hat der ehemalige ZMT-Bachelor-Student Tobias Poprick alias „Biyotob“ einen neuen Musiktrack herausgebracht. Das Stück mit dem Titel „Laguncularia“ ist der Opener von Tobias neuem Album „Impressionen aus dem Biyotob“ und wird von Zimmer ein