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Seit Mitte des Jahres pendelt das erste Müllschiff Indonesiens, die „Tirta Intan“ (Diamantwasser), zwischen den Banda-Inseln in der Bandasee. Ihre Mission: Plastikmüll zum Recycling bringen. Und davon so viel wie möglich. Bewohner der Insel-Dörfer sammeln die für die Meeresumwelt so gefährlichen Zivilisationsabfälle an Stränden, Flüssen und im Land. Dann sortieren sie die Kunststoffe, schreddern sie und verpacken sie in große Reissäcke. Von Bord des Müllschiffs wird die Ladung auf ein Cargoschiff verfrachtet. Dieses transportiert die Plastikabfälle anschließend zu einer Recyclinganlage in Surabaya (Java). Das Cargoschiff transportiert Güter von Surabaya auf die Banda-Inseln. Früher fuhr es diese Strecke dann unbeladen zurück.
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Müllschiff eröffnet neue Möglichkeiten zur Beseitigung von Plastikmüll
BandaSEA e. V. aus Bonn arbeitet seit einigen Jahren auf den Banda-Inseln mit verschiedenen Projekten gegen die Plastikvermüllung in der Bandasee. „Wir sind stolz und froh, dass wir jetzt mit einem eigenen Müllschiff operieren können“, freut sich Meeresbiologin Dr. Mareike Huhn, Gründerin von BandaSEA. „Damit stoßen wir, auch dank der Unterstützung der Deutschen Stiftung Meeresschutz, in ganz neue Dimensionen vor.“ Das neue Müllschiff kann 17 Tonnen Ladung an Bord nehmen.
Doch erst einmal gilt es, das neue Sammelsystem mit der in Rhun auf der Banda-Insel Pulau 2016 vom Stapel gelaufenen „Tirta Intan“ zu testen. Außerdem müssen die Müllsammler*innen an Land geschult werden.
Next Step: 10 Tonnen Plastikmüll mit dem Müllschiff im Monat
Ab dem kommenden Jahr hoffen Mareike Huhn, der aus Banda stammende Projektkoordinator Magafira Ali und ihre indonesischen Helfer, dass das Müllschiff jeden Monat 10 Tonnen Plastikmüll wegschafft. Dann würde sich der Betrieb der „Diamantwasser“ selbst tragen. Denn mit den Erlösen aus dem Plastikverkauf an den Recycler könnten dann nicht nur 4 Mann Besatzung sowie die Müllsammler*innen an Land bezahlt werden, sondern auch eventuell zusätzlich notwendiger Dieseltreibstoff sowie ausgediente Reissäcke zum Verpacken des vorsortierten Plastikmülls.
Umgerechnet etwa 19 Cent – je nach Marktlage und Plastiksorte – zahlt der Recycler pro Kilo vorsortierter Plastikabfälle. Mit der Pyrolyse-Anlage des Projekts lässt sich zudem Diesel zum Betrieb der schwimmenden Müllabfuhr aus nicht recyclingfähigem Müll produzieren.
Sofortunterstützung
Doch noch sind 10 Tonnen Plastik pro Monat nicht erreicht. Daher halfen wir mit 3.400 € als Sofortunterstützung. Damit kann das Müllschiff bis zum Jahresende weiterfahren. Denn es benötigt Zeit, bis alle Komponenten des Systems reibungslos zusammenarbeiten.
„Ich empfinde es als unglaublich, wenn ich mir vorstelle, dass wir bald schon jeden Monat 5–6 t Plastik zum Recycling schicken können. Das meiste wäre sonst wahrscheinlich im Meer gelandet. Dazu kommt ja noch das, was in der Pyrolyse verarbeitet wird“, freut sich Mareike Huhn über den bisherigen Erfolg.
Müllschiff mit kleinem ökologischem Rucksack

„Das Konzept besticht durch seinen denkbar kleinen ökologischen Rucksack“, betont der Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz. „Fast alles ist unter Recycling-Gesichtspunkten konzipiert. Angefangen mit dem im Land in Holzbauweise gebauten Schiff. Über die großen gebrauchten Reissäcke, mit denen man das sortierte Plastik im Schiff bunkert. Bis zum aus Müll selbst hergestellten Kraftstoff.“
Plastiksammeln schafft Einkommen – Cash for Trash
BandaSEA ermöglicht der Dorfbevölkerung jetzt auch, sich in einer „Müllbank“ zu registrieren. Dadurch können sie, je nach Plastiksorte, unterschiedliche Kilopreise erhalten und sich die Summe von der „Müllbank“ einmal im Monat auszahlen lassen. „Wir hoffen, dass sich das Plastikproblem auf den Banda-Inseln damit praktisch von allein löst“, ist Mareike Huhn zuversichtlich.
Ausflüge für Schulklassen auf dem Müllschiff
Der Einsatz der Tirta Intan ist eng mit dem Programm „Plastikfreie Schulen“ verzahnt. Teilnehmende Schulklassen werden zu einem Erlebnistag auf das Müllschiff eingeladen. Während das Schiff an einer Boje liegt, können die Schüler*innen gemeinsam mit Betreuern von BandaSEA schnorcheln, Korallen mit eigenen Augen sehen und Plastikmüll aus dem Wasser fischen.

Durch „echtes“ Erleben in und auf dem Meer versuchen wir Kinder und Jugendliche für
Meeresschutz zu begeistern, BandaSEA.
Außerdem erfahren sie von verschiedenen Behörden etwas über deren Arbeit. So berichtete die für den Meerespark Taman Wisata Perairan Laut Banda oder einfach TWP Banda zuständige Behörde vom Konzept von Meeresschutzzonen. Der Chef der Fischereibehörde erzählte über seine Arbeit. Und die Seerettungsbehörde führte Rettungsübungen mit den Schüler*innen durch. Das Werfen eines Rettungsrings und anschließende Bergen von Personen bereitete besondere Freude.
Müllschiff – Schiffsdaten
Früher war die aus Eisenholz gebaute „Tirta Intan“ ein schmuckloser Holztransporter. Sie bediente Routen zwischen der Molukken-Insel Seram und den Banda-Inseln. 2021 wurde sie vollständig überholt.
Angetrieben wird das 15,5 m lange Müllschiff von einem 4-Zylinder-Dieselmotor. Damit sind etwa 7 kn oder fast 13 km/h Reisegeschwindigkeit drin. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 10 kn oder 18,5 km/h. Pro Stunde verbraucht der Motor im Schnitt 14 l Diesel, der, sobald die Lizenz hierfür von der zuständigen Behörde erteilt ist, größtenteils selbst hergestellt wird.
Den Hauptteil der Kosten für Kauf und die Grundüberholung des Schiffs für sein neues Leben als Müllschiff trug die indonesische Stiftung „Tirto Utomo Foundation“. Ihre Vorsitzende wünschte sich, für das Schiff den Namen „Tirta Intan“. Zu Deutsch: Diamantwasser.
Alle Fotos: © BandaSEA