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Spezialisierte Veterinäre der Tierärztlichen Fakultät der Uni Zagreb kümmern sich seit vielen Jahren in der kroatischen Adria um Meeressäuger und andere Meerestiere in Not. Meist jedoch geht es um die Bergung von gestrandeten oder im Meer treibenden toten Walen und Delfinen. Denn die Zagreber Tierärzte sind dafür zuständig, die Todesursachen von in kroatischen Küstengewässern gestorbenen Delfinen, Walen und Mönchsrobben herauszufinden. So auch 2021 als 28 Totfunde gemeldet wurden, plus vier Nachträge aus dem Vorjahr. Darunter waren 25 Große Tümmler und 2 Streifendelfine. Bei 5 Tieren konnte die Art jedoch nicht mehr bestimmt werden. Bedauerlicherweise ließ sich bei keinem der gestrandeten Meeressäuger die Todesursache feststellen. Denn coronabedingt konnten die Tierärzte 2021 nur einen Kadaver bergen. Doch war es auch ein spannendes Jahr, denn es gab einige Sichtungen nicht alltäglicher Meerestiere.
Inhaltsverzeichnis
Delfinrettung per Telefon
Zumindest in einem Fall gelang die Rettung eines Delfins vor dem sicheren Tod – per telefonischer Anleitung von Tierarzt Tom Gomerčić. Fischer hatten einen wie leblos im Wasser treibenden Großen Tümmler nahe der vor Split gelegenen kroatischen Insel Čiovo entdeckt. Er war verletzt und wirkte bereits sehr geschwächt. Seine Fluke war heillos in einem Seil verwickelt.
Über die kroatische Notrufnummer 112 forderten die Fischer Hilfe an. Gemeinsam mit einem dreiköpfigen Team der Wasserschutzpolizei gelang es den Helfern, das Tier mithilfe der telefonischen Anweisungen von Tom Gomerčić zu befreien.
Nach kurzer Zeit kam wieder Leben in den Delfin und er schwamm davon. Rettung geglückt!
Sichtungen Meerestiere in der Adria 2021
Meeressäugetiere
Große Tümmler (Tursiops truncatus) sind die einzigen Delfine, die das ganze Jahr über in den kroatischen Küstengewässern leben. Andere Meeressäugerarten schauen nur gelegentlich vorbei, vor allem wenn sie nahrungsreichen Wasserströmungen folgen.
So gab es – wie fast jedes Jahr – auch 2021 wieder eine dokumentierte Sichtung eines Finnwals (Balaenoptera physalus) im Juli bei Sušac in Süddalmatien.
Im Oktober erreichte uns eine Meldung über eine der seltenen Mittelmeer-Mönchsrobben (Monachus monachus) bei der Insel Pag und später noch einmal über eine Sichtung zweier Tiere bei Pula in Istrien. Mittelmeer-Mönchsrobben gelten in der Adria als ausgestorben. Man nimmt an, dass einzelne Jungtiere aus der griechischen Population in die Adria wandern.
Ganz außergewöhnliche Gäste besuchten im Frühjahr 2021 die Kvarner Bucht. Eine fünfköpfige Schule von Kleinen Schwertwalen (Pseudorca crassidens), darunter auch ein Kalb, wurde nahe dem Container-Terminal in Rijeka mehrfach gesichtet, wie der Biologe Draško Holcer und seine Kollegen berichten. Es ist die erste dokumentierte in der kroatischen Adria seit einem historischen Beleg aus dem Jahr 1936. Im gesamten Mittelmeer kommt die Art nur gelegentlich vor.
Kleine Schwertwale, die zur Delfinfamilie zählen, erreichen Größen von 5 bis 6 m. Foto: iStock.com/Debra McGuire
Meeresschildkröten
Eine Lederschildkröte (Dermochelys coriacea) hatte es in die Gegend von Maslenica in Norddalmatien verschlagen – leider mit Ballast: Sie war in einem Fischernetz verheddert. Aufmerksame Bootsfahrer entdeckten das Meeresreptil, konnten es befreien und so vor einem qualvollen Tod bewahren! Lederschildkröten sind gefährdet und tauchen nur noch ganz selten in der kroatischen Adria auf.
Eine Touristin berichtete uns außerdem von der Sichtung einer Unechten Karettschildkröte (Caretta caretta). Sie ist die häufigste der drei in der Adria vorkommenden Meeresschildkrötenarten.
Unechte Karettschildkröte bei der Insel Vrgada im August 2021. Foto: Mariella En Henri Janssen
Haie und Rochen
Zu den ungewöhnlichen Meerestieren in der Adria des Jahres 2021 zählte auch ein Riesenhai (Cetorhinus maximus). Er wurde im März zwischen der Insel Cres und dem Ort Koromačno in Istrien entdeckt. Diese mit bis zu 12 m Länge zweitgrößte Fischart ist stark gefährdet.
Mehrfach erreichten uns auch Sichtungen von Blauhaien (Prionace glauca), etwa bei den Inseln Vis, Korčula und im Norden vor der Hafenstadt Rijeka. Im Mittelmeer gilt die Art als vom Aussterben bedroht.
Im September meldete man uns sogar die Sichtung eines Meeresteufels (Mobula mobular) bei der kroatischen Insel Žirje. Die zu den Teufelsrochen zählende Art ist in der Adria eher selten. Vor allem in den Sommermonaten sollen sie mitunter teils zu Hunderten oder gar Tausenden im offenen Meer im südlichen und zentralen Teil der Adria zusammenkommen. Die Art gilt weltweit als stark gefährdet.
Mondfisch
Diese außergewöhnliche Fischart fingen Hobbyangler im Juli nahe der Insel Cres. Sie ließen das rund 200 kg schwere Tier zum Glück jedoch wieder frei. Mondfische zählen zu den schwersten und größten Knochenfischen. Weltweit gelten sie nach der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN als gefährdet.
Mondfische der Art Mola mola werden durchschnittlich 1,80 m groß und 1 t schwer. Foto: © istock.com/Michael Zeigler
Bedrohte Artenvielfalt in der Adria
In unserer Broschüre „Bedrohte Artenvielfalt in der Adria“ stellen wir insgesamt 32 Meerestiere in der Adria von Groß bis Klein vor: von Walen, Delfinen und Mönchsrobben über Haie, Schildkröten und Thunfische bis zu Seepferdchen.
Neben kurzen Steckbriefen und Wissenswertem zu den Arten stellen wir auch Informationen über Sichtungen und Gefahren für die Tiere bereit sowie Leitlinien zum korrekten Verhalten bei Begegnungen mit Meeressäugern. Ebenso informieren wir darüber, wie und wo man Hilfe im Falle von verletzten Tiere holt.
Ergänzend gibt es Tipps, wie jeder zum Schutz der Adria – und der Meere überhaupt – beitragen kann.
Titelfoto: Mitglieder des DSM-Teams im Einsatz nahe der Insel Ugljan bei Zadar. Fotoidentifikation von Adria-Delfinen. Foto: Martina Đuras