Seit August 2023 unterstützen wir ein Renaturierungsprojekt der israelischen Meeresschutzorganisation Delphis aus Ashdod. Mit viel Herzblut, Fachwissen und Engagement will Delphis die dauerhafte Rückkehr von Mittelmeer-Mönchsrobben (Monachus monachus) an die Küste des Landes ermöglichen. Die Art galt in Israel bis 2010 als lokal ausgestorben. Seitdem tauchen wieder einzelne Tiere sporadisch an der 200 km langen israelischen Mittelmeerküste auf. Um diese auf natürlichem Wege erfolgende Rückbesiedelung zu stabilisieren, restauriert Delphis für Mönchsrobben geeignete Höhlen und Grotten.
Ziel des Projekts ist es, den seltenen Meeressäugern gute Lebensbedingungen in Israel zu verschaffen und in der Bevölkerung das Bewusstsein für derartige Schutzmaßnahmen zu schärfen.
Die ständige Anwesenheit dieser Küsten-Spitzenprädatoren wäre von unschätzbarem Vorteil für die Ökosystem-Stabilität und den Erhalt der Artenvielfalt in den israelischen Meeresschutzgebieten und entlang unserer Mittelmeerküste.
Projektmitarbeiter und Apexraubtierforscher Dr. Aviad Scheinin
Erste Mönchsrobben kehren von allein nach Israel zurück
Die bis zu fast 3 m große Mittelmeer-Mönchsrobbe gehört zu den am stärksten vom Aussterben bedrohten Meeressäugetieren Europas und zu den am stärksten gefährdeten Robbenarten.

Bis 2010 galt die Art in Israel als lokal ausgestorben. Dann tauchten nach 50 Jahren Abwesenheit zwei Tiere für eine wenige Tage dauernde Stippvisite auf.
Seitdem dokumentierte Delphis fast 100 Sichtungen an der israelischen Mittelmeerküste. Um wie viele Individuen es sich dabei handelte, ist nicht bekannt. Immerhin konnte Delphis nachweislich vier bereits bekannte Mönchsrobben identifizieren.
Man nimmt an, dass es sich um einzelne Tiere aus der türkischen Population handelt, die nach Süden unterwegs sind. Im März 2023 veröffentlichte Delphis eine umfassende Bestandsaufnahme zum Zustand der israelischen Mittelmeerküste. Das Ergebnis ist alarmierend.

© Delphis/Shumlik Landau
Für eine dauerhafte Rückkehr der großen Robben gibt es in Israel keine geeigneten Lebensräume mehr.
Die meisten Höhlen sind eingestürzt, wurden vom Menschen verändert oder sind durch den Anstieg des Meeresspiegels und intensiven Tourismus nicht mehr für die Tiere nutzbar.1
„Mönchsrobben, die die israelische Küste erreichen, finden nur einige wenige Höhlen vor, die für eine kurze Rast geeignet sind, mehr aber auch nicht“, erklärt Dr. Mia Elasar von Delphis, Leiterin des Mönchsrobben-Projekts in Israel.
Höhlenrestauration und Schaffung künstlicher Höhlen
Experten gehen davon aus, dass die einzigen Robben des Mittelmeers früher ungeschützte Strände zum Ausruhen und die Geburt der Jungen nutzten. Nach Jahrzehnten intensiver Bejagung und anschließend einsetzenden, bis heute anhaltenden Störungen durch den Tourismus, zogen sie sich dann immer mehr in schwer zugängliche Felsenhöhlen an der Küste zurück.
Um ihnen eine Möglichkeit zu geben, in Israel wieder heimisch zu werden, renaturiert Delphis vorhandene Höhlen. Ein Beispiel sind die Höhlen im Meeresschutzgebiet Rosch HaNikra (Marine Protected Area/MPA). Sie stürzten in den 1990er-Jahren ein.

Regelmäßiger Gast in der Gegend um Rosch HaNikra ist die Mönchsrobbe Maya. Sie wurde hier von 2010 bis 2018 fünfmal gesichtet.
Zusätzlich möchte man auch künstliche Höhlen bauen, beispielsweie am Küstenabschnitt zwischen HaBonim und Ma’agan Micha‘el. Zusammen mit zwei restaurierten Höhlen in Rosch HaNikra, die beide in einem Meeresschutzgebiet liegen, könnte das Gebiet dann zu einem attraktiven Lebensraum für Mönchsrobben werden.

Grund zum Optimismus in Israel

Entgegen allen Erwartungen hat sich die Population der Mittelmeer-Mönchsrobben in den vergangenen Jahren leicht erholt. Man schätzt, dass es rund 700 Individuen gibt. Etwa 400 von ihnen leben an den Küsten Griechenlands, Zyperns und der Türkei.
„Es gibt also Grund zum Optimismus“, sagt Dr. Mia Elasar. „Wenn wir wollen, dass sie hierbleiben, müssen wir ihnen Orte bieten, an denen sie ungestört leben können. Wir müssen ein Zuhause für sie schaffen.“
Projektarbeit
Delphis betreibt ein eigenes Informationszentrum: das Dolphin & Sea Center in Aschdod. Hier finden Bildungsprogramme, Führungen und Erlebnistouren für Jung und Alt rund um das Thema Delfine, Mönchsrobben und andere Meerestiere des Mittelmeers statt.

2024
2024 war ein schwieriges Jahr in Israel. Trotzdem und vielleicht gerade wegen der Bemühungen, sich mit optimistischen Themen wie Naturschutz und Meer statt mit Krieg zu beschäftigen, brachte Delphis das Mönchsrobben-Projekt mit umfassenden Lehrerfortbildungen und pädagogischer Öffentlichkeitsarbeit weiter voran.
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Zwei professionelle Fortbildungsprogramme für Lehrer mit jeweils 30 Stunden. Ein Schulungsprogramm richtete sich an Grundschullehrer (Klassen 1–6), das andere an Pädagogen der Mittelstufe (Klassen 7–9).
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Ausweitung des Bildungsprogramms auf Oberschüler.
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Intensivseminar für 18 Betreuer von Vorschulkindern unter dem Motto „Das Meer in den Kindergarten bringen“.
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Delphis nutzte die Kriegszeit, zur Beschaffung formeller Genehmigungen für die Restauration einer eingestürzten Höhle an der Grenze zum Libanon.

2025
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Anfang Mai 2025 begannen die Renaturierungsarbeiten an einer der eingestürzten Höhlen bei Rosch HaNikra an der Grenze zum Libanon.
Mönchsrobbe Yulia verzaubert die Menschen
Die Vision, den Mönchsrobben wieder Lebensräume in Israel zu bieten, erschien den meisten anfangs wie ein ferner Traum. Dann kam Yulia. Seelenruhig suchte die etwa 2 m große Robbe für ihren Fellwechsel im Mai 2023 verschiedene Strände an der israelischen Mittelmeerküste auf.

„Nur zwei Monate nach dem Start des Projekts beschloss eine Mittelmeer-Mönchsrobbe aus eigenem Antrieb, ohne auf eine offizielle Einladung zu warten, in unserem Land aufzutauchen“, schreibt Delphis augenzwinkernd über Yulia. Sie kam Mitte Mai an einen Strand bei Tel Aviv-Jaffa und blieb dort eine Weile.
Ganz untypisch für diese sonst eher scheuen Robben robbte Yulia an Land. Von den vielen herbeigeeilten Schaulustigen ließ sie nicht aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil begann Yulia, sich von ihrer langen Reise von der türkischen Mittelmeerküste auszuruhen und in der Sonne zu baden. Freiwillige von Delphis und Behördenmitarbeiter stellten rund um die Uhr sicher, dass sie nicht gestört würde.
Auch als sie einen Strand im Gazastreifen aufsuchte, arbeiteten Israelis und Palästinenser zusammen, damit Yulia ihre Ruhe hatte. „Sie kennt keine Grenzen, keine Kriege zwischen den Ländern“, sagte Ruthy Yahel, Meeresökologin bei der staatlichen Naturparkbehörde, gegenüber der New York Times.
Ihren Namen erhielt Yulia von Muhammad, einem Teenager, der zufällig am Strand war, als sie dort auftauchte. Delphis-Forscher hatten ihn um Hilfe gebeten, damit er seine Freunde davon abhielte, das Tier mit Steinen zu bewerfen. Dafür durfte er dann einen Namen für die Mönchsrobbe aussuchen.
Yulia ist keine Unbekannte: Das reisefreudige, etwa 20 Jahre alte Weibchen wurde erstmals 2007 in der Türkei gesichtet, wie türkische Forschende anhand von Fotos erkannten! In der Türkei hatten zwei Forschergruppen sie auf die Namen Tugra und Gulgez getauft.
- Roditi-Elasar, M., Bundone, L., Goffman, O., Scheinin, A. P. and Kerem, D.H. 2021. Mediterranean monk seal (Monachus monachus) sightings in Israel 2009-2020: Extralimital records or signs of population expansion? Marine mammal Science 37: 344-351. DOI: 10.1111/mms.12734 ↩︎
Weiterführende Informationen
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Israeli and Cypriot researchers team up on extreme cave makeover for rare monk seals – The Times of Israel, 16. Mai 2025
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Preparing the ground for the monk seal’s return to the Israeli coast – Monk Seal Alliance