Geigenrochen im Fidschi-Archipel auf der Spur, mit eDNA-Analysen

Die Schweizer Meeresbiologin und Haiforscherin Kerstin Glaus untersucht für uns seit Dezember 2021 das Vorkommen von Geigenrochen und deren Artzusammensetzung bei den Fidschi-Inseln. Denn es gibt verlässliche Hinweise (Beifänge und anekdotische Berichte lokaler Fischer), dass sie noch in den Gewässern von Fidschi leben. Unbekannt ist jedoch, in welchen Lebensräumen sie sich aufhalten und um welche Arten es sich handelt. Experten vermuten sogar das Vorkommen endemischer Arten. Also von Arten, die es nur hier und sonst nirgends auf der Welt gibt.

„Erstmals überhaupt soll es bei Fidschi Untersuchungen zum Vorhandensein und zur Artenvielfalt von Geigenrochen geben. Es handelt sich um ein Pilotprojekt, das Maßstäbe für Erfassung, Management und Schutz seltener und bedrohter Meerestierarten im Südpazifik mittels einer nicht invasiven Methode setzt“, erklärt Kerstin Glaus.

Mit eDNA-Analyse Geigenrochen aufspüren

„Da die meisten dieser seltsamen Knorpelfische am Rande des Aussterbens stehen, ist es dringend notwendig, sie zu schützen. Doch dazu muss man erst einmal herausfinden, welche Arten es gibt und wo ihre Lebensräume sind. Das gilt besonders für die Gewässer der Inseln im Südpazifik, die bisher kaum untersucht wurden“, erklärt Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz.

Wie beim parallel laufenden Projekt „Ein Herz für Bullenhaie“ wird hier die clevere, nicht invasive und relativ neue Methode der Analyse von Umwelt-DNA (eDNA) eingesetzt. Sie basiert auf der Gewinnung von genetischem Material. Denn jeder Organismus hinterlässt genetische Spuren (DNA) in seiner natürlichen Umgebung.

Kerstin Glaus nach einem erfolgreichen sampling mit einer gefilterten Wasserprobe.
Kerstin Glaus hält eine gefilterte Wasserprobe
für die spätere eDNA-Analyse.

Jede einzelne DNA-Probe wurde aus 40 Litern Meerwasser filtriert. Dazu werden mit einer peristaltischen Pumpe (auch als Schlauch- oder Rohrpumpe bekannt) das Meerwasser durch einen SPYGEN-Filter (0,2 μm Porengröße) in eine kleine Probenkapsel gepumpt. In der Kapsel befindet sich dann DNA aus dem abgepumpten Meerwasser. Mit diesen DNA-Daten kann man schlussendlich Arten identifizieren.

Kein Tier muss eingefangen oder aufwendig unter Wasser aufgespürt werden. Auch auf andere gängige Methoden wie den ressourcenintensiven Einsatz ferngesteuerter Unterwasservideokameras mit Ködern kann verzichtet werden.

Mit der eDNA-Analyse lässt sich das Vorkommen selbst seltenster oder schwer auffindbarer Arten in einem Ökosystem effizient untersuchen.

Ziele des Projekts

Forscher plädieren dringend für umfassende und koordinierte Schutzmaßnahmen für Geigenrochen. Auch um lokales Aussterben, wie es bei Sägerochen in vielen Ländern bereits stattgefunden hat, zu verhindern. Schutzprojekte für Säge- und für Geigenrochen könnten dabei in vielen Lebensräumen gut miteinander kombiniert werden. Um diese von Wissenschaftlern im Englischen auch rhino rays (Nashorn-Rochen) getauften sonderbaren Knorpelfische schützen zu können, muss man wissen, wo es sie noch gibt und um welche Arten es sich handelt.

Zur Erholung und Erhaltung von Geigenrochen-Populationen sind Maßnahmen erforderlich, die den Artenschutz, die räumliche Bewirtschaftung (Ausmaß der Befischung) sowie die Verringerung von Beifängen umfassen.

Wir haben die einmalige Chance, einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt dieser bedrohten Meerestiere zu leisten. Denn die Regierung von Fidschi setzt sich global und lokal aktiv für die Erhaltung und das Management von Haien und Rochen ein. So verbot man 2019 den Import- und Export von Haifischflossen.

Erstnachweise mit eDNA

Im Dezember 2022 lagen die ersten vorläufigen Ergebnisse aus dem Analyselabor SPYGEN vor: Bei Nasoata und Savusavu gelang der Nachweis von Gitarrenrochen-DNA! Sie stammt von Arten aus der Familie der Rhinobatidae (drei Gattungen mit ca. 31 Arten).

Großer Geigenrochen liegt am Meeresboden im Sand eingegraben, Natadola Bay, Fidschi.
Großer Geigenrochen in der Natadola Bay, © K.Glaus/DSM

Licht in dunkle Diversität bringen

Von dunkler Diversität (dark diversity/versteckter Artenvielfalt) spricht man in der Biodiversitätsforschung, wenn Arten, die es in einem Biotop eigentlich geben sollte, dort nicht gefunden werden können. Sind sie tatsächlich verschwunden? Oder sind sie einfach so selten, dass man sie mit gängigen Methoden nicht (mehr) findet? Mithilfe von eDNA-Analysen kann man in vergleichsweise kurzer Zeit und auf sanfte Weise Licht in dunkle Diversität bringen.

Artenschützer und Wissenschaftler, die sich mit dunkler Diversität beschäftigen, arbeiten unmittelbar an der unsichtbaren Grenzlinie des sechsten globalen Massenaussterbens. Es ist menschengemacht. Wir haben es jedoch in der Hand, den fatalen Trend umzukehren. Doch um seltene Arten schützen zu können, muss man wissen, wer wo noch vorkommt. Erst dann können Schutzgebiete eingerichtet und Artenschutzgesetze angepasst werden. Ohne dieses Wissen würden Schutzbemühungen für vom Aussterben bedrohte Arten ins Leere laufen.

Wir wollen zusammen mit den Behörden in Fidschi und der lokalen Bevölkerung die Restbestände der seltenen Rochen wiederaufbauen und langfristig wirkende Schutzkonzepte auf den Weg bringen.

Titelfoto: Ein ca. 2 m großer Weißfleck Geigenrochen oder Wedgefish (Rhynchobatus australiae) in der Natadola Bay-InterContinental, Fidschi, © InterCon und ReefSafari
Weitere Fotos: © K.Glaus


Weiterführende Informationen