Grauwal-Sterben: Trendwende in Sicht?

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Es gibt immer weniger Grauwale (Eschrichtius robustus) im Ostpazifik. In diesem Jahr sank der Bestand auf 14.500 erwachsene Exemplare. Das zeigen aktuelle Zählungen der Fischereiabteilung der Wetter- und Ozeanografiebehörde der USA, NOAA Fisheries. Im Jahr 2016 gab es noch 27.000 Grauwale. NOAA-Wissenschaftler sind jedoch zuversichtlich, dass der Bestand beginnt sich zu erholen.

Unusual Mortality Event

Im Jahr 2019 setzte entlang der Westküste von Kanada, der USA und Mexikos ein massives Grauwal-Sterben ein, dessen Ursachen bislang nicht geklärt sind. Von 2019 bis 2021 strandeten rund 600 Tiere. Die meisten an den Küsten der USA und Mexikos.

Es gibt immer weniger Grauwale.
Grauwal-Sterben entlang der Westküste von Nordamerika von Dezember 2018 bis Mai 2021. Quelle: NOAA Fisheries

NOAA Fisheries erklärte das Grauwal-Sterben zu einem „außergewöhnlichen Sterblichkeitsereignis“ (Unusual Mortality Event/UME). Ein UME ist ein Notstand aufgrund ungewöhnlich hoher Todesfälle in einer Meeressäugerpopulation. Er erfordert sofortige Untersuchungen und daraus folgende Schritte. Im Rahmen des UME-Untersuchungsprozesses stellte NOAA Fisheries ein Team von Wissenschaftlern zusammen. Die Experten untersuchen unter anderem gestrandete Tiere auf mögliche Gründe für das Massensterben. Einige, aber nicht alle der gestrandeten Wale waren abgemagert. Andere starben durch Schiffskollisionen oder bei Angriffen von Orcas.

Bestandserholung in Sicht?

Aktuelle Daten zeigen nun, dass der Bestand sich wieder erholen könnte:

  • Im Jahr 2023 gibt es entlang der über 10.000 km langen Grauwal-Wanderroute von Alaska bis Mexiko insgesamt weniger tote Tiere. Das deutet auf ein Ende des Grauwal-Sterbens hin.
  • Die körperliche Verfassung und die Fitness der Tiere in den Lagunen der Baja California, Mexiko, haben sich verbessert.
  • In Mexiko strandeten in diesem Jahr weniger Wale als in jedem anderen Jahr seit Beginn des UME im Jahr 2019.
  • Die Zahl der Wale in den Lagunen hat zugenommen. Es gab in diesem Jahr mehr Mütter mit Kälbern als in den vergangenen fünf Jahren.
Es gibt immer weniger Grauwale: Weibchen mit Kalb.

„Die Berichte über einen leichten Anstieg neugeborener Wale in Mexiko sind ein vielversprechendes Zeichen“, sagt Forschungsbiologin Dr. Aimée Lang vom Southwest Fisheries Science Center der NOAA in Kalifornien, die an der Leitung der diesjährigen Grauwalzählung beteiligt war.
Foto: NOAA Fisheries

Wissenschaftler intensivieren Walzählungen

Die jährlich stattfindenden Grauwal-Rundwanderungen zwischen den Nahrungsgründen vor Alaska und den Fortpflanzungsgebieten entlang der Küste Mexikos und zurück gehören zu den längsten im Tierreich. Jedes Jahr legen die bis zu 15 m langen und 34 Tonnen schweren Giganten dabei etwa 20.000 Kilometer zurück.

Springender Grauwal
Foto: NOAA Fisheries/Dave Weller

Wissenschaftler der NOAA zählen den Grauwalbestand während der Wanderungen normalerweise zweimal alle fünf Jahre. In diesem Jahr jedoch fand eine zusätzliche Zählung statt. Und im Winter 2024 wird es eine weitere Zählung geben.

„Wir beobachten die Population weiterhin genau“, sagte Dr. David Weller, Direktor der Abteilung für Meeressäuger und Schildkröten beim Southwest Fisheries Science Center. „Wir wollen alle Anzeichen oder Signale für eine positive Veränderung des besorgniserregenden Trends, den die Population in letzter Zeit erlebt hat, rechtzeitig erkennen.“

Es gab schon einmal ein massives Grauwal-Sterben

Bislang geht man davon aus, dass das ungewöhnliche Grauwal-Sterben keine langfristige Bedrohung für das Überleben der Art widerspiegelt. Denn der jetzt zu beobachtende Rückgang ähnelt früheren Schwankungen der ostpazifischen Population.

Zwischen 1999 und 2000 starb mehr als ein Fünftel der Gesamtpopulation. Anschließend ging es wieder bergauf. 2016 zählten NOAA-Wissenschaftler 27.000 Tiere. Das war der bisherige Höchststand.

„The Rigors of Research“ beschreibt, wie Wissenschaftler der SWFSC Grauwale identifizieren und herausfinden, wo sie sich aufhalten.

Titelfoto: OceanImageBank/HannesKlostermann


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