Vaquita – Kalifornischer Schweinswal

Der Kalifornische Schweinswal oder Vaquita (Phocoena sinus) ist nicht nur der seltenste und einer der kleinsten Meeressäuger. Er beansprucht zudem den kleinsten Lebensraum aller Wal- und Delfinarten: Er lebt ausschließlich im Nordzipfel des Golfs von Kalifornien. Dort wurde die auch Hafenschweinswal genannte Art erst 1958 entdeckt und beschrieben. Das Schicksal der kleinen Meeressäuger liest sich wie die Chronik eines angekündigten Artentodes. Seit der Jahrtausendwende nahm der Bestand rasant ab: von 567 Tieren im Jahr 1997 auf rund 30 Exemplare im Jahr 2016. In der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN ist für 2022 ein Bestand von 18 erwachsenen Schweinswalen aufgeführt. Jüngste Schätzungen sprechen dagegen von nur noch 6 bis 8 überlebenden Tieren.

Warum ist der Vaquita vom Aussterben bedroht?

Ursache für das Aussterben des Vaquita sind illegale Stellnetze aus dünnem Nylon. Diese können die kleinen Schweinswale nicht orten. Sie verfangen sich in den dünnen Netzen und sterben.

Schweinswale können die feinen Fäden der Stellnetze schlecht orten.
Stellnetz aus feinem Nylon. © U.Karlowski/DSM

Dabei sind die Kalifornischen Schweinswale nur Beifang. Denn die Fischer haben es nicht auf die Meeressäuger, sondern auf die Schwimmblasen von Totoabas (Totoaba macdonaldi) abgesehen. Der Totoaba ist ein über 2 m großer und über 100 kg schwerer Umberfisch. Er ist laut Roter Liste der IUCN gefährdet, mit abnehmender Bestandsentwicklung.

Seine große Schwimmblase wird ihm zum Verhängnis. Sie gilt als Heilmittel und Aphrodisiakum in der traditionellen chinesischen Medizin.

Bis zu 100.000 Dollar kostet 1 kg Totoaba-Schwimmblase auf dem chinesischen Schwarzmarkt. In das lukrative Geschäft sollen laut dem mexikanischen Nachrichtenportal Reporte Indigo inzwischen auch mexikanische Drogenbanden verwickelt sein. Daher bezeichnet man Totoaba-Schwimmblasen auch als Kokain des Meeres.

Warnungen der Wissenschaft

Dass es die scheuen Hafenschweinswale überhaupt noch gibt, grenzt an ein Wunder. Denn bereits seit über 30 Jahren warnen Wissenschaftler vor der Ausrottung des Vaquita. Forscher aus den USA und Mexiko waren davon ausgegangen, dass es 2021 keine Kalifornischen Schweinswale mehr geben würde. Doch sie sind immer noch da, was die Fachleute erstaunte.

Wissenschaftsausschuss der Internationalen Walfangkommission (IWC)

Erstmals in seiner Geschichte warnte der Wissenschaftsausschuss der Internationalen Walfangkommission (IWC) im August 2023 vor der unmittelbar bevorstehenden Ausrottung einer Art. „Das Aussterben des Vaquita ist unvermeidlich, wenn nicht sofort alle Stellnetze durch alternative Fanggeräte ersetzt werden, die sowohl den Vaquita als auch den Lebensunterhalt der Fischer schützen. Wenn dies nicht jetzt geschieht, wird es zu spät sein“, so die Erklärung der IWC-Wissenschaftler.

CITES zieht Reißleine für den Vaquita

Das CITES-Sekretariat (Washingtoner Artenschutzübereinkommen) verhängte Ende März 2023 ein generelles Handelsverbot für wild lebende Tieren und Pflanzen aus Mexiko. Damit wollte die Artenschutzbehörde in allerletzter Minute den Druck auf das mittelamerikanische Land erhöhen. Mexiko soll endlich effektive Schutzmaßnahmen für die letzten Vaquitas ergreifen. Bereits im November 2022 hatte CITES Mexiko aufgefordert, einen Rettungsplan zu erstellen. Dem kam die mexikanische Regierung jedoch nicht nach.

Mexiko exportiert Tiere und Pflanzen und Produkte daraus im Wert von Millionen von Dollar in die ganze Welt. Insgesamt sind rund 3.159 mexikanische Pflanzen und Tiere unter CITES gelistet.

Überlebenskünstler Kalifornischer Schweinswal

Überraschend ist, dass die verbliebenen Vaquitas gesund sind und sich weiterhin vermehren. Sowohl 2019 als auch 2021 wurden Kälber gesichtet. Wissenschaftler der Fischereiabteilung der Wetter- und Ozeanografiebehörde der Vereinigten Staaten (NOAA) sahen einen Hoffnungsschimmer, dass die Art überleben kann. Man vermutet, dass erwachsene Tiere gelernt haben könnten, Fischernetze zu meiden. Allerdings betonten die Forscher auch, dass der einzige Weg, um den Vaquita langfristig vor dem Artentod zu retten, darin besteht, dass keinerlei Stellnetze mehr im Lebensraum der kleinen Schweinswale ausgebracht werden.

Ein Vaquita (Kalifornischer Schweinswal) im Golf von Kalifornien.

Ein Vaquita (Kalifornischer Schweinswal) im Golf von Kalifornien. Foto: Paula Olson/NOAA

„Trotz aller Widrigkeiten haben wir noch eine letzte Chance, den Vaquita zu retten“, meint Barbara Taylor, Forscherin am Southwest Fisheries Science Center von NOAA Fisheries und Mitautorin der Studie More vaquita porpoises survive than expected. „Gib diesen Tieren eine Chance und sie können überleben!“

Wie sieht ein Vaquita aus?

Es sind kräftige, mit maximal 1,5 m recht kleine Tiere, mit kleinen, breiten Flippern und dreieckiger Finne. Charakteristisch sind die mit einem schwarzen Fleck umrandeten Augen. Dieser Gesichtszeichnung verdanken sie den Namen „Panda der Meere“.

Wo leben Kalifornische Schweinswale?

Es gibt die Art ausschließlich im Nordzipfel des Golfs von Kalifornien. Ihr Lebensraum entspricht etwa einem Viertel der Größe von Los Angeles.

Wie alt wird ein Vaquita?

Genau weiß man das nicht. Wahrscheinlich werden sie nicht viel älter als 20 Jahre.

Halbherzige Schutzbemühungen

Obwohl erste Schutzbemühungen ins Jahr 1993 zurückreichen, scheiterten diese an mangelnder Umsetzung. Damals rief Mexiko den Lebensraum der beiden endemischen Arten Vaquita und Totoaba zum Biosphärenreservat aus. Drei Jahre später trat ein Rettungsplan in Kraft. 2005 dann örtlich begrenzte Fischereiverbote. 2014 ein zweijähriges Stellnetzverbot.

Gleichzeitig stellte die Regierung 74 Millionen US-Dollar als Ausgleichszahlungen an die Fischer bereit. Doch all das half nichts. Denn vielfach floss das Geld in neue Boote und Motoren. Folglich nahm der Fischereidruck weiter zu. Zwar ist die Stellnetzfischerei seit Juni 2017 endgültig verboten. Doch ohne konsequente Kontrollen und Strafen bleibt dies weitgehend wirkungslos.

VaquitaCPR: Verzweifelte Rettungsaktion

Im Herbst 2017 starteten über 90 internationale Wissenschaftler eine Rettungsaktion, um das Aussterben der Art zu verhindern. Unter Leitung des mexikanischen Umweltministeriums (SEMARNAT) und mit Unterstützung mehrerer Zoos und Aquarien, unter anderem SeaWorld und der Tiergarten Nürnberg, wurde das Projekt VaquitaCPR (Conservation Program Plan for Critically Endangered Vaquitas in the Upper Gulf of California) ins Leben gerufen.

Ziel war es, die damals noch etwa 30 verblieben Kalifornischen Schweinswale mithilfe von Ortungsgeräten und vier Großen Tümmlern der US-Navy aus San Diego, die auf das Aufspüren von Meeressäugern dressiert sind, einzufangen und in ein Meeresgehege vor San Felipe umzusiedeln. Dort sollten sie in Sicherheit leben und sich vermehren. Bis eines fernen Tages die Gefahren in ihrem natürlichen Lebensraum gebannt wären und sie wieder in die Freiheit entlassen werden könnten …Trotz geballter wissenschenschaftlicher Expertise endete VaquitaCPR in einem Desaster.

Vaquita-Weibchen stirbt, Schicksal eines Jungtiers ungewiss

Eine Woche nach Beginn der Aktion am 12. Oktober 2017 gelang es, ein jungen, etwa sechs Monate alten weiblichen Kalifornischen Schweinswal einzufangen und in einen vorbereiteten Schwimmkäfig zu setzen. Jedoch geriet das junge Weibchen in extreme Panik. Sicherheitshalber ließ man sie wieder frei. Dennoch bejubelten die Forscher dies als historischen Erfolg. Denn erstmals war es gelungen, einen der scheuen Wale zu fangen. Ob der kleine Vaquita die Prozedur und die Trennung von der Mutter überlebt hat, ist unbekannt.

Beim zweiten Versuch kam es noch schlimmer. Das dabei eingefangene, geschlechtsreife Weibchen zeigte ebenfalls starke Stress-Symptome. Noch bevor man es wieder in die Freiheit entlassen konnte, starb es unter den Händen der Tierärzte. Drei Stunden lang versuchten sie, es zu reanimieren. Vergeblich. Daraufhin stellte VaquitaCPR weitere Fangoperationen ein.

Petition auf change.org

Save Mexico’s Vaquita Porpoise from Imminent Extinction!

Update: überarbeiteter und mit neuem Datum veröffentlichter Beitrag

Titelfoto: © Paula Olson/NOAA/public domain


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