Weniger Seehunde im Wattenmeer: niedrigster Bestand seit 2010

Zum dritten Mal in Folge verringerte sich die Zahl der im Wattenmeer lebenden Seehunde deutlich. Laut des aktuellen Expertenberichts des Gemeinsamen Wattenmeersekretariats (CWSS) in Wilhelmshaven ergaben die jährlichen Zählungen im Juni und zum Fellwechsel der Robben im August einen Gesamtbestand von 22.621 Tieren. Das sind rund 1.000 Seehunde weniger als 2022. Das ist der niedrigste Stand seit 2010. Die Zahlen umfassen das Wattenmeer in Deutschland (inklusive Helgoland), Dänemark und den Niederlanden.

Seehunde im Wattenmeer: Starker Rückgang

In Schleswig-Holstein sank der Bestand um 5 Prozent, auf Helgoland sogar um 27 Prozent (72 Tiere gegenüber 98 im Vorjahr). Dänemark hingegen verzeichnete 19 Prozent weniger Seehunde im Wattenmeer, während der Bestand in den Niederlanden um 11 Prozent sank. Lediglich Hamburg und Niedersachsen verzeichneten Zuwächse um 17 Prozent gegenüber 2022.

Zahl der Seehunde im Wattenmeer im August 2023 (im Vergleich zum Vorjahr):

  • Schleswig-Holstein: 7.936 Tiere (8.384)
  • Niederlande: 6.706 (7.550)
  • Niedersachsen und Hamburg: 5.639 Tiere (4.822)
  • Dänemark: 2.268 Tiere (2.800)
  • Helgoland: 72 Tiere (98)

Wieder mehr Jungtiere

Während 2022 auch die Zahl der Seehundwelpen deutlich zurückgegangen war (um 22 Prozent gegenüber 2021), verzeichneten die Juni-Zählungen des CWSS für 2023 in Dänemark, Schleswig-Holstein und den Niederlanden einen Anstieg um 820 auf 9.334 Jungtiere. Lediglich in Niedersachsen und Hamburg sank die Zahl der Seehundwelpen geringfügig (Rückgang um 5 Prozent zu 2022). Auf Helgoland wurde kein Seehundwelpe gesichtet.

Ursachen sind unklar

Noch gibt es keine belastbaren Hinweise, warum es immer weniger der kleinen Hundsrobben in der deutschen Nordsee gibt. Experten vermuten, dass der Bestand der Seehunde im Wattenmeer unter verschlechterten Umweltbedingungen leidet oder seine biologische Kapazitätsgrenze erreicht hat. „Eingeschränkte Nahrungsressourcen oder Umweltgifte, die die Tiere schädigen, sind hier sicher ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Zudem gibt es immer mehr Störungen durch zu viele Touristen (Übertourismus) und zumindest in Deutschland kein professionell aufgestelltes Meeressäuger-Management“, erklärt der Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz.

Seehundjäger mit einem jungen Seehund am Strand von St. Peter-Ording.
Seehundjäger erschießen im Wattenmeer jedes Jahr Hunderte kranke, verletzte oder verlassene, meist junge, Robben. © U.Karlowski

Robben im Wattenmeer gefährdet durch immer mehr Plastikmüll

Auch die zunehmende Belastung des Wattenmeers mit Plastikmüll hat Einfluss auf die Robbenbestände. Das zeigen Studien niederländischer und belgischer Wissenschaftler. Dabei sind Seehunde im Wattenmeer hauptsächlich durch das Verschlucken von Nylon-Angelschnüren gefährdet.

Ungewöhnlich viele geschwächte Seehundwelpen

Kleiner Seehund im Robbenzentrum Föhr
© Robbenzentrum Föhr

In diesem Jahr verzeichnete das Robbenzentrum in Wyk auf Föhr wie bereits im Vorjahr ungewöhnlich viele zu kleine und extrem geschwächte Seehundwelpen. Viele davon hatten seit ihrer Geburt kaum zugenommen. Offensichtlich hatten sie nicht genügend Nahrung gefunden.

Robben zählen mit Luftaufnahmen

Gezählt werden Robben im Wattenmeer und auf Helgoland durch Luftaufnahmen während der Fortpflanzungszeit und in der Zeit des Fellwechsels. Seehunde sind dann recht gut auf Sandbänken zu beobachten.

Nach der Kegelrobbe ist der Seehund das zweitgrößte heimische Meeressäugetier.

Update: überarbeiteter und mit neuem Datum veröffentlichter Beitrag

Titelfoto: Robbenzentrum Föhr


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