Nach fünf Jahren Recherche und zwei Jahren des Schreibens veröffentlichte der geborene Kölner Frank Schätzing 2004 seinen Öko-Thriller „Der Schwarm“. Auf fast 1.000 Seiten nimmt er die Leser mit auf eine Achterbahnfahrt gemischt aus Action, Emotion und geballter Wissenschaft. Wer das Buch damals las, hatte sich damit gleich eine solide Grundlage in Meeresbiologie, Geologie, Whalewatching, Meeresverschmutzung und zu den Hintergründen der sich damals bereits abzeichnenden Klimakatastrophe erarbeitet. Ein paar Hundert Menschen rettete das Buch sogar das Leben, wie Schätzing in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt vom November 2005 erzählt.
Die Büchse der Pandora ist geöffnet
Vor Peru verschwindet ein Fischer spurlos. Norwegische Ölbohrexperten stoßen auf merkwürdige Organismen, die Hunderte Quadratkilometer Meeresboden in Besitz genommen haben. Währenddessen geht mit Walen und Orcas entlang der Küste von British Columbia eine unheimliche Veränderung vor.
Mit offensichtlichem Vergnügen erdachte sich Schätzing gemeinsam mit den von ihm aufgesuchten Wissenschaftlern (er reiste dafür um die ganze Welt) marine Horror-Szenarien.

Der real existierende Protagonist, der GEOMAR-Geologe Gerhard Bohrmann, stellt zusammen mit dem fiktiven norwegischen Biologieprofessor Sigur Johanson, fest, dass plötzlich große Mengen des in Methanhydraten des norwegischen Kontinentalschelfs gefangenen Methans entweichen. In der Folge gerät der Kontinentalschelf ins Rutschen. In düsteren Worten beschreibt Schätzing einen dadurch ausgelösten, die Küsten Nordeuropas verheerenden Tsunami.
Niemand ahnte im Frühjahr 2004, dass Schätzings‘ Horror-Szenario nur wenige Monate nach dem Erscheinen von Der Schwarm bittere Realität werden würde. Im Dezember 2004 riss ein Tsunami Tausende Menschen in Südostasien in den Tod, verwüstete die Küsten. Damals wusste kaum jemand, was das überhaupt ist, ein Tsunami. Doch Urlauber, die Der Schwarm gelesen hatten, verdanken der Lektüre ihr Leben. Sie erkannten, was da gerade passiert, und brachten sich rechtzeitig in Sicherheit.
Frühe Parabel auf die Klimakatastrophe
Aus heutiger Sicht beklemmend ist, wie vieles von dem, was man Schätzing damals als Science-Fiction auslegte, Realität geworden ist. In Der Schwarm spielt zwar das Klimagas Methan die zentrale Rolle und nicht Kohlendioxid. Doch im Buch handelnde Wissenschaftler warnen bereits damals, dass durch die Erhitzung der Erde die Menschheit vom Aussterben bedroht ist. Man benötigt eine erfolgreiche Gegenstrategie. Diese hat jemand anderes bereits entworfen. Eine rätselhafte marine Schwarmintelligenz – die Yrr. Sie hat einen einfachen Plan, um die Klimakatastrophe zu stoppen: vernichtet die Menschheit.

Unbekanntes Leben in der Tiefsee: Zum Zeitpunkt der Beobachtung waren sich die Wissenschaftler nicht sicher, ob es sich bei diesem Organismus, der während des Tauchgangs 08 der dritten „Voyage to the Ridge-Expedition“ gesehen wurde, um eine Weichkoralle, einen Schwamm oder ein Manteltier handelt. © Bild mit freundlicher Genehmigung von NOAA Ocean Exploration, Voyage to the Ridge 2022.
Was bleibt von Der Schwarm?
Frank Schätzing dekliniert in seinem Meisterwerk auf fundamentale Art die nicht neue Idee der Existenz eines kollektiven Schwarmlebewesens aus der Tiefsee, das dem Menschen feindselig gegenübersteht. Weil die Menschheit die Lebensgrundlagen des Planeten zerstört.
In einem wilden Ritt rund um den Globus zu den Schauplätzen der Attacken aus dem Meer kommt es schließlich auf einem US-Hubschrauberträger zum Showdown zwischen Militär und Wissenschaft. Während erstere alles daran setzen, die Yrr zu vernichten, möchten die Forscher Kontakt aufnehmen und vermitteln. Am Ende sind fast alle Protagonisten tot. Den wenigen Überlebenden gelingt es, einen fragilen Waffenstillstand mit den Yrr zu schließen. Ob er hält, bleibt offen.
Das Thema hatte unter anderem James Cameron im Hollywood-Blockbuster „The Abyss – Abgrund des Todes“ 1989 aufgegriffen. Während bei Cameron eine mögliche nukleare Eskalation der Supermächte Hintergrund für das Eingreifen der Tiefsee-Intelligenz war, nimmt Schätzing die Klimakatastrophe zum Anlass. Der Schwarm war eine frühe Warnung vor Entwicklungen, die jetzt, fast 20 Jahre später, brandaktuell sind und das Weiterleben des Menschen auf der Erde infrage stellen.
Vieles, was Schätzing vor fast 20 Jahren wissenschaftsbasiert als Warnungen zu Papier brachte, ist heute real. Unter anderem hat sich der für das Klima in Europa so wichtige Golfstrom bereits um 15 Prozent abgeschwächt. Er verliert an Kraft.
Und das schwarmintelligente Wesen? Wer weiß …
Der Schwarm – achtteilige TV-Miniserie im ZDF
Dem Buch, das eine Gesamtauflage von 4,5 Millionen Exemplaren erreichte und in 27 Sprachen übersetzt wurde, folgt nach fast 20 Jahren nun eine gleichnamige achtteilige TV-Miniserie. Für medialen Wirbel im Vorfeld der Ausstrahlung sorgen Buchautor Schätzing und Produzent Frank Doelger. Denn Frank Schätzing übt beißende Kritik, nachdem er aus dem Filmprojekt ausstieg: „Es pilchert mehr, als es schwärmt“, wird er in den Medien zitiert. Die Serie sei zusammengeschusterter Unsinn und ohne aktuelle Relevanz. Gleichwohl verteidigt man beim ZDF die mit 40 Millionen Euro aufwendigste deutschsprachige TV-Produktion der Geschichte.

Die Verfilmung von Schätzings Roman als achtteilige TV-Miniserie geht am 6. März 2023 um 20:15 Uhr im ZDF an den Start. Für Ungeduldige: Die Folgen 1 bis 3 sind ab dem 22. Februar 2023 in der ZDF-Mediathek verfügbar. Folgen 4-6 und 7/8 dann jeweils im Abstand von einer Woche. © ZDF/Staudinger + Frank / [M] Serviceplan
Ab 22. Februar in der Mediathek, ab 6. März im ZDF jeweils um 20:15 Uhr
Der Schwarm als Buch
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 978-3-462-03374-8
Ersterscheinung 17.02.2004
1008 Seiten
Preis: 26,00 Euro gebundene Ausgabe/11,99 Euro E-Book
Limitierte Sonderausgabe
Erscheinungstermin 09.02.2023
ISBN: 978-3-462-00510-3
1056 Seiten
Preis: 50 Euro (gebundene Ausgabe)
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Titelbild: Pixabay
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