FAD-Fischerei mit Ringwadennetzen – was ist das?

Beim Einsatz eines FAD (Fish Aggregating Device / Fischsammler) nutzen Fischer das natürliche Schutzbedürfnis von Jung- und Schwarmfischen. Denn diese sammeln sich gerne unter an der Wasseroberfläche treibenden größeren Objekten. Natürliche, wie FADs wirkende Objekte (Baumstämme, Algenansammlungen), gab es schon immer. Auch ein vor sich hin trödelnder Blauwal oder Riesenhai kann ein Fischsammler sein.

Zur Oberflächenvergrößerung und um ein Verdriften zu verhindern, sind an Fischsammlern (FAD-Fischerei) Netze befestigt, die in der Wassersäule schweben.
© IPNLF

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen frei treibenden und fest verankerten FADs. Letztere können auch größere begehbare Plattformen sein. In der Regel sind FADs allerdings reine Bambusflöße, Flöße aus zusammengebundenen Fässern oder anderen geeigneten Materialien. Wohingegen andere in einer bestimmten Wassertiefe schwimmen.

Frei treibende Fischsammler sind oft mit Netzmaterial verstärkt, was die Gefahr der Verdriftung reduzieren soll. Zusätzlich erhöhen die Netzteile die Attraktivität des FAD als Aggregationsort für Fische und andere Meerestiere wie Schildkröten.

An der Wasseroberfläche treibende Objekte sind für junge und kleinere Thunfische zudem eine Art „Landmarke“ oder „Treffpunkt“. Hier finden sie sich zu größeren Schwarmverbänden zusammen.

Diese Fischansammlungen bleiben Meeresjägern natürlich nicht lange verborgen. Folglich kommen große Thunfische, Haie oder Delfine gerne einmal für eine Mahlzeit vorbei.

Ringwadennetze – Umschließungsnetze

Meist setzen Fischer Ringwadennetze (Umschließungsnetze / purse seine fishing) ein, um die sich unter einem FAD versammelten Meerestiere abzufischen.

Fischkutter mit Ringwadennetz, das bei der FAD-Fischerei einegsetzt wird.

Ein Ringwadennetz legt man als Ring auf der Wasseroberfläche aus. Mithilfe einer am unteren Ende des Netzes befindlichen Zugleine zieht man es am unteren Ende zu. Dadurch bildet sich eine große Tasche (purse). Diese verkleinern die Fischer durch Verkürzen der an der Wasseroberfläche treibenden Schwimmleine.

Anschließend ziehen sie die Ringwade mit allen darin befindlichen Tieren über die große Umlenkrolle eines Auslegers an Bord.

Im Fanggebiet Tropischer Ostpazifik (ETP) führte der Einsatz von Ringwadennetzen zur größten Meeressäuger-Massenvernichtung in der Geschichte der Menschheit.

Die Ringwadennetzfischerei mit frei treibenden FADs ist eine der schädlichsten legalen Fischfangmethoden.

  • Hohe Beifänge von Haie, Meeresschildkröten und Delfinen.
  • Die Blue Marine Foundation schätzt, dass allein im Indischen Ozean jedes Jahr mindestens 100.000 Seidenhaie als Beifang in der Ringwadennetzfischerei mit FADs sterben.
  • Jedes Jahr finden Fischer Zehntausende ihrer FADs nicht wieder. Man kann sie dafür nicht zur Rechenschaft ziehen.
  • Beschädigung küstennaher Ökosysteme (Korallenriffe, Seegraswiesen, Mangrovenwälder) durch verloren gegangene FADs und deren Netze.
  • Erhöhte Geisternetzproblematik durch treibende Netze verloren gegangener FADs.
  • Küstenstaaten des Globalen Südens stehen vor einer FAD-Müllproblematik an ihren Stränden.

Viele Küstenstaaten verfügen nicht über eine funktionierende Entsorgungsinfrastruktur, um die Flut der meist aus Kunststoff bestehenden Reste von angespülten FADs adäquat bewältigen zu können.
© Seychelles Island Foundation

Ein auf den Seychellen gestrandeter Fischsammler wird demontiert.

FAD-free fishing

Setzt man Umschließungsnetze nicht zum Einkreisen von Delfinschulen beim Thunfischfang oder ohne FADs beim sogenannten FAD-free fishing ein, erzielt man vergleichsweise niedrige Beifangraten von etwa 5 % des Gesamtfangs. Allerdings landen auf diese Weise weiterhin komplette Schwärme aus Jungfischen oder gemischte Schwärme (Gelbflossenthunfische mit Großaugenthunfischen, u.a.) in der Ringwade.

Seit wann gibt es FADs?

Die Fischerei mit Ringwadennetzen um natürliche schwimmende Objekte wird schon lange durchgeführt. Erst in den 1980er-Jahren begann der Einsatz künstlicher Objekte (FADs). Dieser entwickelte sich in den frühen 1990er-Jahren dann rasch weiter.

Zum leichteren Auffinden tragen viele der frei treibenden FADs Signalgeber. Manche haben sogar ein Echolot. Damit können Fischer die unter dem FAD schwimmende Fischmenge beurteilen.

Überfischung von Thunfischen im Indischen Ozean

Ringwadennetzfischerei mit frei treibenden FADs ist im Indischen Ozean eine enorm beliebte Fischereimethode. Zuständig für das Fischereimanagement ist hier die IOTC (Thunfischkommission für den Indischen Ozean). Der im Indischen Ozean gefangene Thunfisch ist vorwiegend für Märkte in der EU und in Großbritannien als Thunfischkonserve oder für Japan und die USA als Sashimi bestimmt.

Frei treibender Fischlammler. © IPNLF

Industrielle Ringwadenfischer fingen von 2015 bis 2021 über 98 Millionen junge Gelbflossenthunfische mithilfe von Fischsammlern. Das waren etwa 97 % der jährlichen Gesamtfangmenge.

Der Gelbflossenthunfisch gilt im Indischen Ozean bereits seit 2015 als überfischt. Neuerdings gilt dies auch für Großaugenthunfische. Dennoch gibt es innerhalb der Fischereikommission erhebliche Widerstände gegen eine Reduzierung der Verwendung frei treibender FADs. Federführend ist hier die Europäische Union.

Das hat seinen Grund, denn EU-Fangflotten aus Spanien, Frankreich, Italien und Portugal setzen mit Abstand die meisten FADs ein.

Die EU-Delegation bei der IOTC hatte sich 2021 und 2022 gegen Versuche zur Verbesserung der bestehenden FAD-Bewirtschaftungsmaßnahmen gewehrt. Angeblich fehle es an wissenschaftlichen Daten, die als Grundlage für solche Entscheidungen dienen könnten.

EU-Fangflotten plündern Thunfsichbestände im Indischen Ozean

Für die Überfischung des Gelbflossenthuns im Indischen Ozean sind hauptsächlich industrielle Ringwadenfänger verantwortlich. Dies hat bereits zu großen Spannungen zwischen den Küstengemeinden und lokalen Fischereien im Indischen Ozean und den großen Ringwadenfischereien geführt. Die Küstengemeinden befürchten, dass es für sie nicht mehr genügend Gelbflossenthunfische gibt und ihre lokale Wirtschaft zusammenbricht, sobald der Bestand vernichtet ist.

Nach den Statistiken für 2020 hat die EU-Flotte im westlichen Indischen Ozean 217.000 Tonnen Thunfisch gefangen. Von diesem Fang entfielen 69 % auf Spanien, 28 % auf Frankreich, 2 % auf Italien und 1 % auf Portugal. Der Fang bestand hauptsächlich aus Echtem Bonito (Skipjack-Thunfisch), Gelbflossen- und Großaugenthunfisch. Dabei hatten Gelbflossenthune mit mehr als 60 % des Fangs den höchsten Anteil unter den EU-Fängen.

Entscheidung für reduzierte FAD-Fischerei gilt nicht für EU-Fangflotten

Zwar unterstützten elf Küstenstaaten gegen den starken Widerstand der EU den Vorschlag von Indonesien zur Begrenzung der FAD-Fischerei. Demnach sollte ab dem 1. Januar 2024 die Zahl der zulässigen FADs pro Schiff schrittweise reduziert werden. Im ersten Jahr von 300 auf 250, dann auf 200 im Jahr 2025. Gleichfalls sollte es ab 2024 eine 72-tägige Sperrfrist für den Einsatz von FADs geben. Auch dieser Punkt stieß auf erbitterten Widerstand der EU. Sie drohte sogar, das gesamte Maßnahmenpaket scheitern zu lassen.

Dieser Schritt erwies sich wegen eines kuriosen IOTC-Schlupfloches letztlich als unnötig. Denn im April 2024 legten die EU und Frankreich sowie weitere Länder wie Oman, Kenia, die Seychellen und die Philippinen formell Einspruch gegen die Beschlüsse zur Reduzierung des Einsatzes von FADs ein.

EU nutzt Schlupfloch in den IOTC-Regeln

Das war clever. Denn nach ihren eigenen Regeln muss jedes Land, das innerhalb von 120 Tagen nach einer IOTC-Entscheidung Einspruch gegen eine Maßnahme einlegt, diese nicht anwenden. Das bedeutet, dass EU-Fangflotten, die mit Abstand die meisten FADs einsetzen und verlieren, die von der IOTC beschlossenen Beschränkungen vorerst nicht einhalten müssen. „Damit dürfen die für den Hauptfischereidruck im Indischen Ozean verantwortlichen Fangflotten aus der EU ihre Überfischungs- und Meereszerstörungsorgie mit Fischsammlern bis auf Weiteres fortführen“, betont Karlowski.

Die französische Organisation Bloom und die Blue Marine Foundation haben angekündigt, die Einwände der EU und Frankreichs rechtlich anzufechten. „Im Grunde ist diese Fischereikommission handlungsunfähig“, bedauert Karlowski. „Immer wieder legen Mitgliedsstaaten Einspruch ein, gegen Beschlüsse, die ihnen nicht passen und müssen dann nicht daran halten. Oder die IOTC nimmt gleich den gesamten Beschluss zurück, weil er nicht durchgesetzt werden kann. Das ist eine Farce“.

Meeresschützer halten eine grundlegende Überarbeitung des IOTC-Abkommens im Sinne einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Fischbestände des Indischen Ozeans für dringend erforderlich.

Außerdem beschloss die IOTC die Einrichtung eines Registers für frei treibende FADs. Damit erfüllte die Fischereikommission eine zentrale Forderung von Meeresschutzorganisationen. Dieses Register sorgt für mehr Transparenz und eine bessere Überwachung der umstrittenen Fischsammler.

Martin Purves, geschäftsführender Direktor der International Pole and Line Foundation (IPNLF), der an der Tagung teilnahm, sagt: „Wir beglückwünschen die Küstenstaaten, die so hart gearbeitet haben, um diesen wichtigen Sieg für die Thunfischbestände und die Lebensgrundlagen der Küsten in der gesamten Region des Indischen Ozeans zu sichern. Die neuen Maßnahmen zu den schädlichen treibenden FADs werden erhebliche Auswirkungen auf die Eindämmung der von den industriellen Ringwaden-Thunfischflotten verursachten Schäden haben.“

Unser Einsatz gegen FAD-Fischerei

Wir setzen uns für einen vollständigen Verzicht von frei treibenden FADs ein (FAD-free, FAD free fishing).

Im März 2021 hatten wir gemeinsam mit über 100 Organisationen von der Thunfischkommission für den Indischen Ozean Einschränkungen für die FAD-Fischerei gefordert.

Im Vorfeld einer Sondertagung der Kommission im Februar 2023 richteten wir gemeinsam mit 120 anderen Organisationen einen Appell an die EU-Kommission, die Generaldirektion Maritime Angelegenheiten und Fischerei (DG MARE), alle Staatsoberhäupter der Europäischen Union und den EU-Fischereiausschuss. Sie sollten sich ein wirksames Management von frei treibender FADs einsetzen.

Die Unterzeichner des Appells betonen, dass die EU moralisch und rechtlich verpflichtet ist, im besten Interesse ihrer 450 Millionen Bürger zu handeln. Es dürfen nicht nur die Interessen von Handelsunternehmen in Spanien, Frankreich und Italien geschützt werden, die von ihren Fischereiaktivitäten im Indischen Ozean profitieren.

Besserer Schutz für Haie und Rochen. Ein Seidenhai.
Seidenhai – Foto: Alex Chernikh
FAD-Fischerei im Indischen Ozean: Eine tote Meeresschildkroete hängt in einem Geisternetz.

© International Pole & Line Foundation (IPNLF)

Ökologische Folgen der Fischerei mit frei treibenden Fischsammlern

Die Beratungen dauerten mehr als drei Jahre. Dann stimmte die für die Bewirtschaftung von Thunfischen und thunfischähnlicher Arten im Indischen Ozean zuständige Fischereikommission, die Indian Ocean Tuna Comission (IOTC), auf ihrer Tagung im Mai 2023 erstmals über Einschränkungen für die ökologisch katastrophale FAD-Fischerei (frei treibenden Fischsammler / Fish Aggregating Device / FAD) ab. Vom Ergebnis sind Meeresschützer und Küstenstaaten gleichermaßen enttäuscht. Zwar einigte sich die IOTC auf verringerte Fangquoten für Großaugenthunfische oder Maßnahmen zur Reduzierung des Beifangs von Seevögeln und Walen. Auch ein Vorschlag von Mauritius für ein freiwilliges 30-tägiges Fangverbot für die im Indischen Ozean vom Aussterben bedrohten Gelbflossenthune wurde angenommen.

Nicht einigen konnte man sich dagegen auf ein entscheidendes Paket von Vorschlägen zur Begrenzung des Einsatzes von frei treibenden Fischsammlern (FADs). Vor allem europäische und ostasiatische Fangflotten setzen diese Fanghilfen bei der Ringwadennetzfischerei ein. FADs sind berüchtigt. „Ihr Einsatz ist ursächlich für die Überfischung der Thunfischbestände und hohe Beifangraten im Indischen Ozean verantwortlich. Zudem gehen sie in großer Zahl verloren. Dann richten sie als Geisternetze enorme ökokologische Schäden an. Küstenstaaten des Globalen Südens stehen außerdem vor einer kaum lösbaren Entsorgungsproblematik durch angetriebene FADs“, erklärt der Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz.

Ökologische Folgen der Fischerei mit frei treibenden Fischsammlern

Die FAD-Fischerei mit frei treibenden Fischsammlern und Ringwadennetzen ist eine nicht nachhaltige, zerstörerische Fischfangmethode. Zum einen werden viele Jungthunfische gefangen noch bevor sie sich vermehren konnten. Im Indischen Ozean trifft dies den Bestand der Gelbflossen-Thunfische, der bereits stark geschwächt ist. Zum anderen sterben beim Einholen der Ringwadennetze viele Nichtzielarten wie Meeresschildkröten, Delfine und Haie als Beifang, die sich ebenfalls gerne im Bereich der FADs aufhalten. .

Beim Einsatz von FADs wird der natürliche Schutzinstinkt von Schwarmfischen ausgenutzt, die sich gerne unter an der Wasseroberfläche treibenden Objekten versammeln. Zur Oberflächenvergrößerung und um ein Verdriften zu verhindern, sind an den Fischsammlern Netze befestigt, die in der Wassersäule schweben. Jedoch gehen jedes Jahr Zehntausende der aus Bambusstäben und anderen schwimmenden Materialien gefertigten Fischsammler verloren oder versinken. Bislang konnte man Fischer, die ihre FADs verlieren, nicht zur Rechenschaft ziehen.

Durch die verlorenen FADs ist ein gewaltiges Geisternetzproblem im Indischen Ozean entstanden. Beim Anlanden richten Netzteile der FADs zusätzliche Zerstörungen an Korallenriffen an. Außerdem stellen sie die zumeist armen Anrainerstaaten des Indischen Ozeans vor kaum zu lösende Entsorgungsprobleme für die aus Kunststoff bestehenden Netzabfälle.

MSC zertifiziert FAD-Fischerei

Im November 2018 zertifizierte das Marine Stewardship Council (MSC) erstmals eine FAD-Fischerei als nachhaltig. Es handelt sich um das spanische Unternehmen Echebastar. Folglich darf sie für im Indischen Ozean gefischten Skipjack-Thunfisch das begehrte, verkaufsfördernde blaue Fischsiegel verwenden.

8000 tote Seidenhaie mit nur 5 Schiffen für 35.000 Tonnen Thunfisch

Wie zerstörerisch die FAD-Fischerei von Echebastar ist, zeigt sich an den jährlich mindestens 8.000 als Beifang getöteten Seidenhaien (Carcharhinus falciformis). Bemerkenswert ist, dass diese gewaltige Beifang-Menge von nur 5 Trawlern verursacht wird. Deren durchschnittliche Fangmenge liegt bei etwa 35.000 Tonnen Thunfisch.

Auch der WWF, der einst gemeinsam mit Unilever 1997 das Marine Stewardship Council (MSC) gründete, kritisiert die Entscheidung. Konsequenterweise weist der WWF darauf hin, dass „Fischkonsumenten nicht davon ausgehen sollten, dass das Fischereiunternehmen Echebastar den Standards des MSC-Umweltsiegels in seiner Performance ausreichend nachkommt.“

Bislang hat der MSC damit geworben, dass er nur Fischereien zertifiziert, die keine Fischsammler (fad free fishing) einsetzen.

  • Achten Sie beim Kauf von Fischprodukten auf die Fangmethode UND das Fanggebiet.
  • Unterstützen Sie mit Ihrem Kauf Fischereien, die nachhaltige Fangmethoden einsetzen: Pole & Line (Angelruten), Handangeln, Fischfallen, Wurfnetze etc.
  • Meiden Sie grundsätzlich mit Fischsammlern (FAD) gefangenen Fisch. Achten Sie auf Kennzeichnungen wie: FAD-free, FAD free fishing
  • Meiden Sie Fisch aus dem Indischen Ozean ohne Angabe der Fangmethode.

Unter Verwendung von Informationen zur FAD-Fischerei von: Fischbestände online – Thünen-Institut für Ostseefischerei

Titelfoto: ISSF/Fabien Forget

Update: überarbeiteter und mit neuem Datum veröffentlichter Beitrag


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