Zum zweiten Mal in Folge ist in der französischen Biskaya ein temporäres Fischereiverbot zum Schutz von Delfinen in Kraft. Es gilt jeweils vom 22. Januar bis zum 20. Februar und wurde letztes Jahr für eine Dauer von drei Jahren festgelegt.
Weniger tote Delfine
Das zur Universität La Rochelle gehörende Institut Observatoire Pelagis zog eine positive Bilanz des letztjährigen Fangverbots. Die Beifangrate etwa bei Gemeinen Delfinen ging im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2023 um rund 75 % zurück. Dennoch schließen die Forschenden nicht aus, dass nicht nur das Fischereiverbot, sondern auch andere Faktoren wie die Verteilung der Delfine und ihrer Beutetiere im Winter 2023/24 (1.12. bis 31. März) den Rückgang der Todesrate beeinflusst haben könnten. Denn das Beifangrisiko sei im Winter nicht konstant.
Gericht fordert besseren Schutz von Kleinwalen in der Biskaya
Die französische Regierung musste nach einem Urteil des obersten Verwaltungsgerichts (Staatsrat) handeln. Daher verhängte sie ab 2024 ein mit Einschränkungen verbundenes, temporäres Fischereiverbot. Es gilt allerdings nur für drei Jahre. Und es gilt nur für Fangboote ab einer Länge von 8 m. Auch Kutter, die mit akustischen Abschreckgeräten (Pingern) ausgerüstet sind oder mit Videokameras auf Fangfahrt gehen, sind ausgenommen.
Von dem Fangverbot sollen rund 350 Schiffe aus Frankreich und rund 40 aus Spanien betroffen sein. Sie erhalten staatliche Unterstützung für die entgangenen Einnahmen. Dennoch ist der Unmut unter den Fischern groß.
Zu kurz und zu viele Ausnahmen, doch der Anfang ist gemacht
Das Fischereiverbot zum Schutz von Delfinen und anderen Kleinwalen kam auf Druck französischer Umweltorganisationen und Forderungen von Wissenschaftlern zustande. Die von uns unterstützten Forderungen umfassten allerdings einen Fangstopp von drei Monaten im Winter und mindestens einem Monat im Sommer.
„Der Verbotszeitraum ist zu kurz. Wir erleben die Massenstrandungen an der französischen Atlantikküste jedes Jahr von Januar bis Ende März. Manchmal findet man bereits im Dezember und auch noch im April tote Delfine, die als Beifang in Fischernetzen starben“, meint Ulrich Karlowski. „Für Frankreich ist es jedoch ein revolutionärer Schritt. Vergleichbares haben wir in Deutschland nicht. Jetzt müssen weitere Restriktionen für die Fischerei zum Schutz von Delfinen und anderen Kleinwalen folgen.“

Delfinmassaker
Jedes Jahr sterben von Dezember bis März im Golf von Biskaya zwischen 5.000 und 10.000 Delfine und andere Kleinwale in den Schleppnetzen französischer, spanischer und portugiesischer Trawler als Beifang. In den vergangenen 30 Jahren sollen es mindestens 90.000 Tiere gewesen sein. Der Fischereiaufwand im Golf von Biskaya ist hoch.
Allein für die Art Gemeiner Delfin errechnete Pelagis einen jährlichen Durchschnitt von 6.100 toten Tieren in der Biskaya und dem westlichen Ärmelkanal, basierend auf den Jahren 2017 bis 2023. Die Meeressäugetiere verheddern sich in den Netzen und ertrinken qualvoll.
Bereits im Mai 2020 hatte der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) von der EU-Kommission die temporäre Schließung von Fischereien zum Schutz von Delfinen und anderen Kleinwalen gefordert1.
Fischereiaufwand im Golf von der Biskaya
Das Biskaya-Schelf ist eine Ökoregion im riesigen FAO-Fanggebiet 27 (Nordostatlantik). Zielfischarten der Schleppnetzfischerei sind vorwiegend der zu den Seehechten zählende Hechtdorsch (Merluccius merluccius) und der Europäische Wolfsbarsch oder Seebarsch (Dicentrarchus labrax). Letzteren findet man hierzulande als „Loup de mer“ auf der Speisekarte. Laut einer Studie2 französischer Wissenschaftler gingen 2018 rund 2.000 Fischereifahrzeuge im Golf von Biskaya auf Fangfahrt:
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1.486 französische Trawler, darunter 1.072 Schiffe von unter 12 m
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300 spanische Trawler mit einer durchschnittlichen Länge von 25 m
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22 Fischtrawler aus Irland mit durchschnittlich 33 m Länge
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18 britische Trawler mit einer durchschnittlichen Länge von 37 m
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12 Trawler aus Belgien mit einer Durchschnittslänge von 37 m
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5 deutsche Fischtrawler mit einer durchschnittlichen Länge von 41 m
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3 niederländische Supertrawler mit einer Durchschnittslänge von 113 m
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1 Fischtrawler aus Dänemark mit 60 m Länge
Etwa 30 % der Trawler fischten mit Grundschleppnetzen (Einzel- und Gespannfischer), der derzeit zerstörerischsten legalen Fischereimethode.
- Rogan E, Read AJ, Berggren P. Empty promises: The European Union is failing to protect dolphins and porpoises from fisheries by-catch. Fish Fish. 2021; 22: 865–869. https://doi.org/10.1111/faf.12556 ↩︎
- Peltier Helene, Authier Matthieu, Caurant Florence, Dabin Willy, Daniel Pierre, Dars Cecile, Demaret Fabien, Meheust Eleonore, Van Canneyt Olivier, Spitz Jerome, Ridoux Vincent; In the Wrong Place at the Wrong Time: Identifying Spatiotemporal Co-occurrence of Bycaught Common Dolphins and Fisheries in the Bay of Biscay (NE Atlantic) From 2010 to 2019; Frontiers in Marine Science, Voume 8 – 2021, https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fmars.2021.617342 ↩︎
Update: überarbeiteter und mit neuem Datum veröffentlichter Beitrag
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