Die 24. Sondersitzung der Fischereikommission ICCAT (Internationale Kommission zum Erhalt des Atlantischen Thunfischs), die vom 11.–18. November in Limassol auf Zypern stattfand, endete mit enttäuschenden Ergebnissen für die Haie im Atlantik. Als akkreditierte Beobachterin hatte Dr. Iris Ziegler, Hai- und Fischereispezialistin, für die Deutsche Stiftung Meeresschutz an der Konferenz teilgenommen.
Japan und China blockierten das Management von Haien im Atlantik
„Die Fischereikommission ignoriert weiterhin die Zeichen der Zeit für atlantische Haie. Für den Kurzflossen-Makohai oder den Blauhai bleiben Fischereidruck und Beifangsterblichkeit hoch, obwohl die Bestände bereits kollabieren. Japan und China blockierten zudem die Einführung einer wirkungsvollen Regulierung der Haiflossenfischerei, des berüchtigten Shark Finning. Und das trotz einer beispiellosen Unterstützung durch 42 Mitgliedsländer für die sogenannte Fins-naturally-attached-Bestimmung“, berichtet Iris Ziegler vom für Haie weitgehend enttäuschenden Ergebnis der Konferenz.
Zu den Unterstützern der Fins-naturally-attached-Bestimmung (FNA/Ganzkörperanlandung) gehörten u. a. Ägypten, Brasilien, die EU, Großbritannien, Island, Marokko, Norwegen, Panama, die Philippinen und Südafrika.
The Writing on the Wall for Sharks/Die Zeichen an der Wand für Haie
Die Deutsche Stiftung Meeresschutz reichte zu Beginn der Sondersitzung eine auch von Pro Wildlife und der Gallifrey Foundation unterzeichnete gemeinsame Erklärung unter dem Titel „The Writing on the Wall for Sharks/Die Zeichen an der Wand für Haie“ als offizielles Sitzungsdokument ein. Die Organisationen fordern darin deutlich verschärfte Fangregeln für Haie im Atlantik wie Seidenhaie, Walhaie, Hammerhaie, Fuchshaie und Mobularochen. Zusätzlich fordern wir Beifang reduzierende Modifikationen in der Langleinenfischerei und bei frei treibenden Fischsammlern (FADs).
Vieles erreicht, nur nicht für die Haie im Atlantik
Erhebliche Fortschritte konnte die ICCAT beim Management von tropischen Thunfischbeständen, Schwertfischen und Roten Thunfischen erzielen. Auch die Einrichtung einer ständigen Expertengruppe zur Klima-Folgenabschätzung für Ökosysteme und Fischbestände ist ein wichtiger Schritt im Zuge einer Transformation zu ökosystemarem Fischereimanagement.

Positiv war auch, dass Deutschland mit Nils Friedrichs vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vertreten war. „Wir begrüßen den Einsatz Deutschlands für die Haie innerhalb der EU und bei der ICCAT und hoffen, dass auch im nächsten Jahr wieder jemand vor Ort sein wird, um den Schutz der Haie im Atlantik zu stärken. Denn bei der ICCAT besteht erheblicher Nachholbedarf im Hinblick auf den Haischutz“, erklärt Iris Ziegler.
Bedauerlicherweise hatten nur wenige EU-Staaten eigene Vertreter zum Jahrestreffen nach Zypern geschickt. Das BMEL hatte sich zudem bei der EU-Kommission bereits im Vorfeld für den Makohai eingesetzt.
Offensichtlich ist die Fischereikommission weiterhin nicht in der Lage, sich auf Fortschritte bei der Bewirtschaftung von Haien im Atlantik zu einigen. Auch dann nicht, wenn die befischten Arten von beträchtlichem kommerziellem Wert sind. Und das, obwohl nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen seit 1995 zu den Zielen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen gehört.

„Für atlantische Haie gab es dieses Jahr am Ende nur wenig zu gewinnen und das trotz der noch nie dagewesenen, breiten Allianz aus Mitgliedsstaaten und Meeresschutzorganisationen für die Einführung von ‚Fins Naturally Attached’. Denn trotz der Befürwortung durch 42 Mitgliedsstaaten scheiterte dieses Vorhaben erneut am Veto von Japan und China“, lautet das ernüchternde Fazit von Iris Ziegler. „Lediglich, die Tatsache, dass jetzt der Blauhai tatsächlich auf dem Arbeitsplan des Wissenschaftlichen Komitees für die Evaluierung von Managementstrategien zur nachhaltigen Bewirtschaftung der beiden Bestände im Atlantik steht, ist ein kleiner Lichtblick. Diese Aufgabe ist eigentlich seit 2021 überfällig und noch immer nicht garantiert, solange nicht damit begonnen wird … und das wird laut Plan frühestens Ende 2025 sein“, ergänzt Ziegler.
Regionale Fischereikommissionen (Regional fisheries management organisations/RFMOs)
RFMOs gehören zu den entscheidenden Instrumenten zur Durchsetzung einer nachhaltigen Fischerei und Bekämpfung der Überfischung. Sie sind unverzichtbar für den Erhalt der Artenvielfalt in den Ozeanen. Die ICCAT ist eine der bedeutendsten dieser Kommissionen. Gegründet wurde sie 1966 in Rio de Janeiro. Sie hat 53 Mitglieder, darunter die EU, die USA, Kanada, China, Russland und Japan. Zuletzt trat das mittelamerikanische Costa Rica im Juni 2024 bei.
In den Zuständigkeitsbereich der ICCAT fällt das fischereiliche Management weit wandernder Fischarten im Atlantik. Darunter fallen neben Thunfischen, Marline und Schwertfische. Insgesamt sind es 30 Arten, verteilt über den gesamten Nord- und Südatlantik.
Für intensiv befischte Haie im Atlantik wie Mako- oder Blauhaie kann die ICCAT Managementrichtlinien verabschieden, sie muss es aber nicht. Denn noch haben nicht alle Mitgliedsstaaten eine bereits 2019 beschlossene Mandatserweiterung ratifiziert.
FNA – fins naturally attached
Die Profitabilität der Hai- und Rochenfischerei beruht vorwiegend auf dem Profit, den man mit den Flossen der Tiere auf den südostasiatischen Märkten erzielen kann. Das ist die Hauptursache, dass jedes Jahr zwischen 63 und 273 Millionen Haie sterben müssen. Der jahrelange Raubbau führte dazu, dass die Bestände nahezu aller Arten von Hochseehaien in den vergangenen 50 Jahren um 70 Prozent zurückgegangen sind oder am Rand des Zusammenbruchs stehen.

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Um die gezielte Flossenfischerei (Finning) einzudämmen, wurde in der EU mit der Verordnung 605/2013 die sogenannte FNA-Regel (fins naturally attached/Ganzkörperanlandung) eingeführt. Seit 2013 dürfen EU-Fangschiffe Haie nur anlanden, wenn sie noch intakt sind, also nur, wenn sich alle Flossen auf natürliche Weise am Tierkörper befinden. Das gilt auch für Fänge von Haien im Atlantik. Die Kontrollen sind allerdings mangelhaft, sodass die EU nach wie vor Drehscheibe im internationalen Handel mit Flossen von Haien und Rochen ist.
Bisher hat keine der vier großen Fischereikommissionen (RFMOs) das Abtrennen der Flossen auf See analog zur EU-Verordnung 605/2013 verboten. Daher ist das Auffinden von abgetrennten Flossen an Bord eines Schiffes im Rahmen einer der seltenen Kontrollen auf Hoher See oder in einem Hafen außerhalb der EU auch kein Verstoß gegen die vielen nationalen Finning-Verbote.