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Wir unterstĂŒtzen die Kampagne âJeder Fisch zĂ€hlt!â der Environmental Justice Foundation (EJF) und weiterer Meeresschutzorganisationen fĂŒr eine korrekte Erfassung der Fischfangmengen durch EU-Fischereiflotten.
Derzeit reformiert die EU ihre Fischerei-Kontrollverordnung. Das ist nur auf den ersten Blick unspektakulĂ€r. Denn sollte jetzt die geplante weitere Erhöhung der sogenannten âToleranzmargeâ zugelassen werden, hĂ€tte dies weitreichende Konsequenzen. Eine korrekte wissenschaftliche Bewertung der FischbestĂ€nde in EU-GewĂ€ssern, aber auch in Fangregionen, in denen EU-Fangflotten aktiv sind, wĂ€re nicht mehr möglich. Dies hĂ€tte dramatische Konsequenzen. Besonders fĂŒr bereits stark ĂŒberfischte BestĂ€nde wie den Gelbflossenthun im Indischen Ozean. Hier zĂ€hlt in der Tat jeder Fisch!
Wie aus 5.500 Tonnen Fisch legal 4.500 Tonnen werden
Nach den derzeitig gĂŒltigen Vorschriften gibt es bereits eine zulĂ€ssige Fehlermarge von 10 % bei der SchĂ€tzung von FĂ€ngen fĂŒr einzelne Arten. Real 5.500 Tonnen gefangener Echter Bonito oder Skipjack-Thunfisch schrumpfen im Logbuch dann schnell auf 5.000 Tonnen. Damit ist die erlaubte 10-%-Spanne eingehalten.
Und obwohl jeder Fisch zĂ€hlt, finden kaum Kontrollen statt. Weder nach dem Fang noch bei der Anlandung. Damit öffnet sich die TĂŒr fĂŒr BetrĂŒgereien seitens der industriellen Fischereien noch weiter. Denn die 5.000 Tonnen Fisch im Logbuch können bei der Anlandung, unter erneuter âEinhaltungâ 10-%-Fehlermarge, auf 4.500 Tonnen reduziert werden.
Durch die (illegale) doppelte Anwendung der zulĂ€ssigen Fehlermarge schrumpft eine reale Fangmenge von 5.500 Tonnen dadurch auf wundersame Weise um 20 %. Damit sind 1.000 Tonnen Fisch âunter der Handâ zusĂ€tzlich angelandet. Es hat sie offiziell nie gegeben. Auf die Fangquote des Trawlers können sie nicht angerechnet werden.
ZukĂŒnftig noch ungenauere EU-Fangmeldungen?
Als wĂ€re dies nicht schon skandalös genug, sprechen sich einige Mitgliedstaaten und das Europaparlament dafĂŒr aus, kĂŒnftig noch ungenauere Fangmeldungen zuzulassen. Sie wollen die zulĂ€ssige Toleranzmarge fĂŒr viele Arten verdoppeln. Bei ThunfischfĂ€ngen sogar auf 25 % hochsetzen.

Mit der geplanten Toleranzmarge von 25 % wÀre es ohne Weiteres möglich, dass jeder zweite von EU-Fangflotten gefischte Gelbflossenthunfisch gar nicht erst in offiziellen Fangstatistiken auftaucht. © Ellen Cuylaerts / Ocean Image Bank
âIm Jahr 2022 ist es einfach nicht nachvollziehbar, warum die bisherigen Regeln zur Toleranzmarge von 10 % fĂŒr Fischer*innen in Gefahr sein und aufgeweicht werden sollen â gerade im Hinblick auf die weiter fortschreitende Technik. Dementsprechend war diese Aufweichung auch nicht von der EU-Kommission vorgesehen in ihrem Vorschlag fĂŒr die Ăberarbeitung der EU-Fischerei-Kontrollverordnung (Nr. 1224/2009) im Jahr 2018, sondern entstand erst durch ĂnderungsantrĂ€ge im Europaparlament und im Rat der EUâ, erklĂ€rt Georg Werner, Country Programme Manager fĂŒr EJF in Deutschland. âAllerdings hat die EU-Kommission eine rote Linie gezogen und will diese Lockerungen nicht akzeptieren. Es ist wichtig, dass das Europaparlament und die EU-Mitgliedstaaten ihre Positionen in Anbetracht des starken Widerstands der Zivilgesellschaft ĂŒberdenken. Wir hoffen, dass sich die Bundesregierung Ă€hnlich den Niederlanden und Finnland gegen die VorschlĂ€ge zur Aufweichung der Toleranzmarge ausspricht. Aus diesem Grund sammeln wir die Unterschriften und Partner-Logos fĂŒr diesen Brief â um der Bundesregierung die breite UnterstĂŒtzung zu verdeutlichen.â
Jeder Fisch zÀhlt: offener Brief an die EU
Die Ozeane sind unser wichtigsten VerbĂŒndeter im Kampf gegen die Klimakatastrophe. Sie sind Heimat fĂŒr vielleicht 10 Millionen oder mehr Meerestiere, Pflanzen und Mikroorganismen. Zudem sichern sie ErnĂ€hrung und Lebensgrundlagen von KĂŒstengemeinden weltweit. Noch.
Die EU will all das fĂŒr den Profit von Fischereikonzernen aufs Spiel setzen. Sie muss eine korrekte Erfassung der FĂ€nge sicherstellen! Denn jeder Fisch zĂ€hlt! Nur so kann der notorischen Ăberfischung durch europĂ€ische Flotten Einhalt geboten werden. Wir unterstĂŒtzen die Forderung der EJF fĂŒr eine korrekte Erfassung der Fangmengen in der EU.
Machen Sie mit
Keine erlaubten Falschmeldungen von Fangmengen in der EU
Jeder Fisch zÀhlt!
Titelfoto: Jeder Fisch zÀhlt! Ein Fischereibeobachter zÀhlt einen Fang Skipjack-Thunfische. © EJF