Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Stop Finning – Stop the Trade1“ endete nach zwei Jahren erfolgreich am 31. Januar 2022. Wir unterstützten die Initiative von Beginn an und waren Teil eines starken europäischen Bündnisses von Hai- und Meeresschutzorganisationen. Gemeinsam konnten wir 1.119.996 Menschen aus den EU-Mitgliedsstaaten motivieren, ihre Stimme für ein EU-weites Handelsverbot für Haiflossen abzugeben. Damit war die notwendige Zielmarke übertroffen. Nach Abschluss der Gültigkeitsprüfung der abgegebenen Stimmen folgte Anfang 2023 eine Anhörung von Vertretern der Initiative im EU-Parlament. Anschließend veröffentlichte die EU-Kommission am 5. Juli 2023 ihre Antwort auf die Forderung der Bürgerinitiative. Darin wird die Bedeutung der Haie und ihres Schutzes zwar anerkannt, konkrete Schritte folgten jedoch nicht.
Die Verzögerungstaktik der EU
Die EBI ist ein gewichtiges demokratisches Instrument. Es ermöglicht den Bürgern, aktiv an der Gestaltung künftiger Rechtsvorschriften mitzuwirken. Mit ihrer Unterstützung von Stop Finning – Stop the Trade zeigen die EU-Bürger, dass ihnen unsere Ozeane und insbesondere das Schicksal der Haie am Herzen liegen. Sie fordern, dass die Europäische Union Einfuhr, Transit und Ausfuhr abgetrennter Haifischflossen in Europa verbietet.
Öffentliche Anhörungen
Doch statt zu handeln, veranlasste die Kommission eine langwierige Folgenabschätzung (Impact Assessment).
Das Impact Assessment bestand aus zwei Modulen, einer öffentlichen Anhörung (Public consultation) und einer Expertenanhörung (Call for evidence). Während letztere am 22. Februar startete und am 16. Mai mit 209 Teilnahmen zu Ende ging, begann die öffentliche Anhörung am 12. März und endete am 4. Juni. Sie ergab eine ungewöhnlich hohe Resonanz von 3.455 Einreichungen (2.808 aus der EU und 517 von außerhalb). Spitzenreiter waren Menschen aus Deutschland (27 % der Einreichungen) und Frankreich (23 %).
Der Bericht dieser schriftlichen Konsultationen aus dem ersten Halbjahr 2024 sollte eigentlich Ende August veröffentlicht werden, steht aber noch aus. Allein die ungewöhnlich hohe Beteiligung seitens der Bürger*innen lässt jedoch deutlich das Interesse an den Forderungen der EBI Stop Finning – Stop the Trade erkennen.
Anhörung in Vigo
Eine erste öffentliche Anhörung von Interessenvertretern fand dann im Juli dieses Jahres in Vigo, Spanien, dem Heimathafen der atlantischen Haifangflotte, statt. Weitere Anhörungen sind bislang nicht terminiert.
Eine Entscheidung zum Votum der EBI Stop Finning – Stop the Trade ist frühestens im vierten Quartal 2025 zu erwarten!
Schlüsselrolle der EU
Die EU nimmt eine Schlüsselrolle im globalen Handel mit Hai- und Rochenprodukten ein. Sie zählt mit Spanien und Portugal weltweit zu den größten Haifangnationen und auch zu den größten Lieferanten von Haifischflossen nach Südostasien. Wobei Flossen nicht nur aus der EU exportiert, sondern auch importiert und Re-exportiert werden.
Shark Finning ist in der EU seit 2013 durch die sogenannte „Fins Naturally Attached“-Verordnung (Ganzkörperanlandung) verboten. Dies wird aber kaum kontrolliert. Deshalb kann niemand sagen, wie viele Haiflossen illegal angelandet werden. Und solange der Handel mit Haiflossen erlaubt ist, floriert auch die Haiflossenfischerei.
Typisch für die Hilflosigkeit der Behörden gegenüber der industriellen Haifischerei von EU-Fischern war der Fund von wahrscheinlich illegal gefischten 53 Tonnen Blauhai-Fleisch und Blauhai-Flossen am 19. Juni 2024 im Hafen von Leixões im Bezirk Porto in Portugal. Die von Kap Verde stammende Lieferung wurde durch die nationale Gendarmerie Portugals GNR – Comando Territorial do Porto über den Natur- und Umweltschutzdienst (SEPNA) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Naturschutz und Wälder (ICNF) vorsorglich konfisziert.
Nach Angaben der Fischereigenossenschaft Viana Pesca aus Viana do Castelo, der mehr als 560 Fischereien angehören, musste die Ladung jedoch zurückgegeben werden. Anschließend gelangten Haifleisch und -flossen legal in den freien Verkauf.
Stellungnahmen
Die Europäische Bürgerinitiative
Seit 2012 können Bürgerinnen und Bürger der EU sich mit einer Europäischen Bürgerinitiative direkt an die Europäische Kommission wenden. Mindestens eine Million Unterschriften werden dazu benötigt. Zudem bedarf es einer Mindestanzahl in mindestens einem Viertel der EU-Staaten. In Deutschland sind das 72.000 Unterschriften. Die Abstimmung findet sowohl schriftlich als auch online statt.
Beispiele für erfolgreiche EU-Bürgerinitiativen:
- Verbot von Glyphosat und Schutz von Menschen und Umwelt vor giftigen Pestiziden
- Stop Vivisection
- Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht! Wasser ist ein öffentliches Gut und keine Handelsware!
- Die EU-Bürgerinitiative stand unter Federführung von Stop Finning EU. Mehr als 100 Umwelt- und Meeresschutzorganisationen und viele Prominente zählen zu den Unterstützern. Darunter Meeresbiologe und Tierfilmer Robert Marc Lehmann oder der bekannte Naturfilmer Hugo Clement aus Frankreich. Auch Sportler wie Tennisspieler Dominic Thiem und Nationalspieler Kai Havertz machten sich für die Haie stark. ↩︎
Update: überarbeiteter und mit neuem Datum veröffentlichter Beitrag