Eindämmung von Fischereisubventionen: Welthandelsorganisation (WTO) scheitert

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Am späten Abend des 1. März 2024 ging die Ministerkonferenz der 166 Mitgliedsländer der Welthandelsorganisation (WTO) in Abu Dhabi ohne Einigung über eine weitreichende Eindämmung von Fischereisubventionen auseinander. Damit liegt ein ambitioniertes WTO-Fischereiabkommen vorerst auf Eis. Es war gedacht als Ergänzung eines 2022 von der WTO nach 20-jährigen Verhandlungen beschlossenen Abkommens. Damals hatte man nicht sämtliche Subventionen abgeschafft und Schlupflöcher offengelassen. In Abu Dhabi ging es darum, sämtliche Fischereisubventionen einzudämmen, die zu Überfischung oder Überkapazitäten der Fangflotten führen. Am Sitz der WTO in Genf soll nun nachverhandelt werden.

WTO beschränkt erstmals Fischereisubventionen

Mehr als 20 Jahre lang diskutierte man bei der Welthandelsorganisation (WTO) über die Einschränkung von Fischereisubventionen. Erst Mitte Juni 2022 kam Bewegung in die festgefahrenen Auseinandersetzungen. Auf der 12. WTO-Konferenz in Genf erzielte man eine erste zaghafte Einigung zur Reduzierung schädlicher Fischereisubventionen. Allerdings nicht gegen alle.

Dennoch war die Einigung ein Fortschritt. Denn Staaten, die IUU-Flotten (illegale Fischerei) fördern, können jetzt vor WTO-Schiedsgerichten angeklagt werden. Außerdem sind Regierungen künftig verpflichtet, ihre Subventionen bei der WTO anzumelden. Eine Überprüfung, mit Möglichkeiten für Verschärfungen, soll alle fünf Jahre stattfinden. Insbesondere Indien hatte bei der WTO darauf gedrungen, dass Industrieländer ihre Fischereisubventionen einstellen und aufhören, die Ozeane leer zu fischen.

Schätzungen gehen davon aus, dass Fischereien weltweit (Küsten- und Hochseefischerei) mit 14 bis 35 Milliarden US-Dollar subventioniert werden. Somit finanzieren Steuerzahler mehr als ein Drittel (35 Prozent) der globalen Fischereikosten. Nur so können eigentlich unrentable Fischereien, wie die zumeist defizitär operierende Fischerei auf der Hohen See, überhaupt existieren. Beispiele hierfür sind die Schleppnetzfischerei in der Tiefsee und die Fischerei auf Tintenfische in internationalen Gewässern.

Spitzenreiter bei Subventionen für den Fischfang auf der Hohen See ist Japan, gefolgt von Spanien, China, Südkorea und den USA. In allen diesen Ländern übertreffen die Zuschüsse bei Weitem die Einnahmen.

Vielerlei Ausnahmen

Aufgrund vieler Ausnahmeregelungen befürchteten Experten, dass die WTO-Regelungen aus 2022 hauptsächlich kleinere Fischereien aus dem Globalen Süden schädigen würden. Denn schlussendlich durchgesetzt haben sich wohlhabende Länder. Sie flochten zahlreiche Ausnahmen zu ihren Gunsten in das Abkommen. So blieb ein Großteil der Subventionen für Schiffsdiesel vorerst ausgeklammert.

Fischkutter mit aufgespanntem Ringwadennetz.
© U.Karlowski

EU-Fischereisubventionen fördern Überfischung und Treibhausgasemissionen

Auch die Europäische Union heizt mit ihren Fischeiersubventionen die Überfischung der Meere und die Klimakatastrophe an. EU-Fischer verbrauchen jedes Jahr etwa 2,3 Milliarden Liter Schiffsdiesel. Dabei erzeugen sie fast 7,3 Millionen Tonnen CO₂. Trotzdem zahlt die EU Subventionen von bis zu 1,5 Milliarden Euro aus Steuererleichterungen. Dies zeigt der Bericht „Climate Impacts & Fishing Industry profits from EU Fuel Tax Subsidies“. Vorgelegt hatte ihn die Organisation Our Fish Mitte 2022. Er basierte auf den damals neuesten verfügbaren Daten (2018).

Subventionierte EU-Trawler auf Raubzug vor den Küsten armer Länder

Fischereisubventionen ermöglichen den Betrieb zu vieler und zu großer Fangboote. Gleichzeitig hält die EU an zu hohen Fangquoten fest. Die Folge sind gravierende negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt. Daher stehen Arten wie der Kurzflossen-Makohai im Nordatlantik am Rande der Ausrottung. EU-Fischer operieren teilweise Tausende Kilometer außerhalb heimischer Gewässer. Dort zerstören sie die Lebensgrundlage lokaler Kleinfischer. Plündern den Fischreichtum entlang der Küsten von zumeist armen Ländern. Hinzu kommt, dass in vielen Fanggebieten weitaus mehr Fisch gefangen wird, als es ökologisch verträglich wäre. Daher sind bereits zwei Drittel aller Fischbestände ausgeschöpft oder überfischt.

Fischereisubventionen erlauben EU-Fischern in großer Entfernung zu fischen: EU-Thunfischboote im Hafen auf den Seychellen

Dank Fischereisubventionen können EU-Fischer bei den Seychellen mit ihren Thunfischbooten auf Fangfahrt gehen. Foto: iStockphoto.com/Juan Carlos Hernández Hernández

Nun wird die Energiebesteuerungsrichtlinie im Rahmen des Green Deal von der EU-Kommission überarbeitet. Damit soll die Besteuerung an die Energie- und Klimapolitik angepasst werden. Daher fordern Meeres- und Klimaschützer ein Ende der Steuerbefreiungen. „An diesem Punkt des Klimanotstands zählt jede Tonne Kohlendioxid. Steuerbefreiungen für EU-Fischer sollten vollständig aus der überarbeiteten Richtlinie gestrichen und alle Energieprodukte nach ihrem Energie- und Kohlenstoffgehalt besteuert werden“, fordert Rebecca Hubbard von Our Fish.1


2018: Neue EU-Subventionen für neue Fischtrawler

Allen Beteuerungen und Reformbestrebungen der europäischen Fischereipolitik zum Trotz gewährte die EU-Kommission im September 2018 für die sogenannten „Gebiete in äußerster Randlage“ neue Fischereisubventionen zum Kauf neuer Fischtrawler. Es gibt neun EU-Gebiete in äußerster Randlage. Dazu gehören aus Frankreich: Guadeloupe, Französisch-Guayana, La Réunion, Martinique, Mayotte und St. Martin. Während Portugal Madeira und die Azoren ins Rennen schickt. Schließlich sind da noch die zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln.

Begründet wurde dies u. a. mit der dringend notwendigen Modernisierung der Fischereiflotten in den Gebieten in äußerster Randlage. Denn die dortigen Flotten seien untragbar veraltet. Zudem seien die Kutter zu klein. Folglich können sie wegen beschränkter Kapazität und niedriger Entfernungsleistung auf See Fischereiressourcen nur ineffektiv nutzen.

Fischkutter Two Brothers.

Foto: Barbara Preston/pixabay

Fischereisubventionen verpuffen wirkungslos

Gemeinsam mit 40 anderen Meeresschutzorganisationen unterstützen wir einen vom WWF-Europa initiierten Appell an die damaligen EU-Kommissare Cecilia Malmström (Handel) und Karmenu Vella (Umwelt, Maritime Angelegenheiten und Fischerei). Sie sollten keine neuen EU-Subventionen für die Fischerei für den Bau neuer Fangboote freigeben.

Angesichts des anhaltenden Versagens der EU, Überfischung oder Beifang in den Griff zu bekommen und die EU-Fischereiflotten auf eine nachhaltige Nutzung der Bestände zu verpflichten, wird das Vorhaben, neue Fangboote zu subventionieren, die kritische Situation zahlreicher Fischbestände nur weiter verschärfen.

In dem Appell wird betont, dass Subventionen für Fangboote in Gebieten in äußerster Randlage in der Vergangenheit wirkungslos verpufft sind. Zudem hat sich die Situation der Flotten nicht signifikant verbessert. So gewährte Frankreich 2008 für neue Fischkutter 40,5 Mio. Euro. Auch die Azoren erhielten großzügige Subventionen für die Fischerei. Dorthin flossen zwischen 2007 und 2013 Mittel in Höhe von 17 Mio. Euro für neue Fischkutter.

EU-Parlament fordert neues Geld für neue Fangboote

Bereits im April 2017 hatte sich das Europäische Parlament mit der Frage befasst. Wir unterstützten eine Initiative des European Marine Programme von The Pew Charitable Trust. Gemeinsam mit vielen anderen Meeresschutzorganisationen forderten wir die Abgeordneten des EU-Parlaments auf, ein seit 2004 bestehendes Verbot für den Einsatz öffentlicher Gelder zum Neubau von Fischereifahrzeugen aufrechtzuerhalten. Denn der subventionierte Bau neuer Fangboote untergräbt das Ziel der Gemeinsamen Fischereipolitik, die Überfischung zu beenden.

Es gelang, zahlreiche Abgeordnete auf unsere Seite zu ziehen. Dennoch konnte sich die Meeresschutz-Koalition am Ende leider nicht durchsetzen. Schlussendlich unterstützte eine Mehrheit des Parlaments mit 358 zu 240 Stimmen den Antrag für neue EU-Fischereisubventionen zum Kauf neuer Fangboote.


Auch Meeressäuger leiden unter der auf über 63.000 Fischereifahrzeuge künstlich aufgeblähten Fischereiflotte der EU – darunter eine Furcht einflößende Armada von zumeist in den Niederlanden registrierten Supertrawlern. Jedes Jahr töten französische, spanische und portugiesische Fischer mit ihren Schleppnetzen im Golf von Biskaya Zehntausende Gemeine Delfine. Am 26. Oktober 2023 erließ die französische Regierung daher ein zeitlich begrenztes Fischfangverbot.

Zusammenfassung:
„Beifang ist weltweit die größte Bedrohung für Delfine und Schweinswale. Obwohl diese Arten unter dem besonderen Schutz der EU-Habitat-Richtlinie stehen, hat die EU es versäumt, den Beifang von Kleinwalen angemessen zu bewerten und erforderlichenfalls einzudämmen. Das Fischereimanagement ist diffus. Zudem verfolgt die EU keine übergreifenden, quantitativen Erhaltungsziele. Um dieses Problem zu lösen, empfehlen wir, dass die EU einen umfassenden Plan zum Schutz von Delfinen und Schweinswalen in europäischen Gewässern verabschiedet. Dieser Plan sollte regelmäßige formale Bewertungen der Kleinwalpopulationen beinhalten. Einschließlich der Festlegung quantitativer Ziele im Fischereimanagement. Außerdem sollte die Höhe der Bestände erfasst und nachhaltige Beifangsterblichkeitsraten festgelegt werden. Es gilt, biologische Referenzpunkte als Richtschnur für Fischereimanagementmaßnahmen zu vereinbaren, um sicherzustellen, dass die Beifänge ein nachhaltiges Niveau nicht überschreiten.“

Update: überarbeiteter und mit neuem Datum veröffentlichter Beitrag

Titelfoto: © pixabay


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