Erste Mikroplastik-Verbote in der EU

Seit Mitte Oktober ist der Verkauf von losem Glitzer mit Mikroplastikpartikeln oder von Produkten, die Mikroperlen enthalten, in der EU verboten. Das ist der Anfang einer langfristigen Strategie der EU-Kommission, die Freisetzung von umweltschädlichem Mikroplastik zu verringern. Denn in ihrem Null-Schadstoff-Aktionsplan hat die Kommission das Ziel festgelegt, bis zum Jahr 2030 die Umweltbelastung durch Mikroplastik in der EU um 30 % zu senken. Das ist ein ambitioniertes Ziel, auf das man sich am 25. September 2023 nach zähen über fünfjährigen Verhandlungen einigen konnte. „Für die Umwelt ist das EU-Mikroplastik-Verbot, trotz teilweise langer Übergangsfristen, ein bedeutender Gewinn. Es war längst überfällig“, sagt Ulrich Karlowski, Biologe bei der Deutschen Stiftung Meeresschutz.

Zug um Zug wird nun der Verkauf von festem Mikroplastik und von Produkten, denen es zugesetzt wurde – und die dieses bei der Verwendung freisetzen –, verboten (primäres Mikroplastik Typ-A). Darunter fallen beispielsweise Kosmetika, Körperpeelings, loser Glitzer, Reinigungs- und Waschmittel oder Füllmaterial (Granulat) für künstliche Sportflächen.

Jährlich 500.000 Tonnen weniger?

Ausgenommen von dem Verbot sind Produkte, die an Industriestandorten verwendet werden oder bei deren Verwendung kein Mikroplastik freigesetzt wird. Die Hersteller müssen jedoch detailliert über die Verwendung und Entsorgung des Produkts informieren. Zusätzlich müssen sie jährlich die geschätzten freigesetzten Mikroplastik-Mengen melden. Mit ihrem Mikroplastik-Verbot hofft die EU, die Freisetzung von einer halben Million Tonnen primärem Mikroplastik in die Umwelt zu unterbinden.

Mikroplastik-Verbote mit Übergangsfristen von bis zu zwölf Jahren

Während für Produkte, die Mikroperlen enthalten, oder losen Glitzer bereits seit Mitte Oktober 2023 Schluss ist, haben andere, wie Waschmittel, Übergangsfristen von mehreren Jahren. Je nach Komplexität des Produkts können das bis zu zwölf Jahre sein.

Bei Kunstrasen-Sportplätzen sind es acht Jahre. Dies ist bedauerlich. Denn plastikfreie Alternativen für Sportplätze sind bereits heute verfügbar. Nach Angaben des BUND emittieren allein die circa 18.000 Sportplätze (ohne Reitplätze) in Deutschland jährlich mehr als 50.000 Tonnen Mikroplastik.

Was ist Mikroplastik?

Unter dem Begriff Mikroplastik fasst man alle synthetischen Polymerpartikel mit einem Durchmesser von unter 5 mm, die organisch, unlöslich und schwer abbaubar sind, zusammen.

Primäres Mikroplastik Typ-A

Bei den meist mit bloßem Auge kaum noch sichtbaren Kunststoffpartikeln handelt es sich zum einen um gewollte Zusätze (primäres Mikroplastik Typ-A).

Primäres Mikroplastik Typ-B

Davon unterschieden wird unbeabsichtigt erzeugtes, primäres Mikroplastik Typ-B. Es entsteht in der Nutzungsphase durch Abrieb und Verwitterung (Autoreifen, Schuhsohlen, Textilien, Farben).

Sekundäres Mikroplastik

Im Zuge der Fragmentierung größerer Kunststoffabfälle (Makroplastik), wie Verpackungen, Plastiktüten oder -flaschen, entsteht außerdem sekundäres Mikroplastik. Dieses wiederum zerfällt mit der Zeit in noch kleinere Fragmente zu Nanoplastik.

Wo findet man Mikroplastik?

Mikroplastik-Partikel sind mittlerweile überall zu finden. In Trinkwasser, Bier, Lebensmitteln, Tieren, unserem Blut und sogar in mehr als 9.400 m in der Tiefsee. Auch Menschen können Mikro- und Nanoplastik nicht entgehen, denn man nimmt es zwangsläufig auf, beim Trinken, Essen und Atmen.

Mikroplastik-Teilchen aus der Tiefsee.
Mikroplastik-Teilchen in der Tiefsee. Foto: AWI

Forscher einer australischen Studie1 schätzten 2019, dass jeder Mensch, je nach seinen Lebensumständen, zwischen 0,1 bis 5 Gramm Mikroplastik pro Woche in seinen Körper einlagert. 5 Gramm entspricht ungefähr dem Gewicht einer Kreditkarte. Dabei beschränkten sich die Forscher auf Teilchen von bis zu einem Millimeter Größe.

In den Ozeanen haben unbeabsichtigt erzeugte Mikropartikel (primäres Mikroplastik Typ-B) den höchsten Anteil, während primäres Mikroplastik Typ-A, wie es jetzt von der EU verboten wird, einen Anteil von 2 % ausmacht2.

Wie schädlich ist Mikroplastik im Meer?

Umweltgifte, die im Mikroplastik enthalten sind, können schwerwiegende gesundheitliche Folgen für die betroffenen Organismen haben. Wissenschaftler befürchten, dass von den kleinen Plastikteilchen eine „chronische Toxizität“ ausgehen könnte.

  • Wenn Mikroplastik von Fischen und anderen Meerestieren aufgenommen wird, kann dies zu verminderter Nahrungsaufnahme, Fruchtbarkeits- und Verhaltensproblemen, im Extremfall zum Tod führen.
  • Mittlerweile findet man bei etwa 50 % aller Fische im Mittelmeer und 80 % aller Fischlarven in Flussmündungen in der EU Plastikpartikel im Körper.
  • Die Fragmentierung durch Wellenschlag und UV-Einstrahlung von Makroplastikabfällen (hauptsächlich Einwegkunststoffe und Verpackungen) setzt Klimagase frei. Meist handelt es sich um Methan und Ethylen.
  • Mit Mikroplastik kontaminiertes Plankton kann weniger Kohlenstoff aus der Atmosphäre binden. Infolgedessen verringert sich die Funktion der Ozeane als globale Kohlenstoffsenke.

Titelfoto: Mikroplastik-Partikel an der französischen Atlantikküste. © Fraunhofer UMSICHT/Leandra Hamann

  1. Kala Senathirajah, Simon Attwood, Geetika Bhagwat, Maddison Carbery, Scott Wilson, Thava Palanisami, Estimation of the mass of microplastics ingested – A pivotal first step towards human health risk assessment, Journal of Hazardous Materials, Volume 404, Part B, 2021, 124004, ISSN 0304-3894, https://doi.org/10.1016/j.jhazmat.2020.124004. ↩︎
  2. Heinrich-Böll-Stiftung, Plastikatlas 2019 ↩︎

Weiterführende Informationen