Gefährliches Leben in der Plastiksuppe

3 Minuten

Müll wird Meerestieren zum Verhängnis nicht nur, weil sie sich darin verfangen oder ihn als vermeintliche Beute verspeisen. Plastikmüll im Meer zerfällt extrem langsam in immer kleinere Fragmente und verschwindet wahrscheinlich nie ganz. Und so verwandelt sich das Meer in eine regelrechte Plastiksuppe, deren kleine Bestandteile von Meerestieren unabsichtlich mit der Beute aufgenommen werden. Dabei ist Mikroplastik für Filtrierer wie Bartenwale oder Riesenhaie besonders gefährlich. Denn sie nehmen Unmengen Plastiksuppe mit der Nahrung auf.

Plastiksuppe aus Mikroplastik

Mikroplastik reichert sich in Plankton und Kleingetier an, das Fische, Seevögel und Meeressäuger mit der Beute aufnehmen. Filtrierer wie Bartenwale oder Riesenhaie sehen Forscher um Maria Cristina Fossi dabei einem besonders hohen Risiko ausgesetzt.1 Und zwar aufgrund ihrer spezifischen Ernährungsweise.

Um die toxischen Auswirkungen von Mikroplastik in diesen Tieren zu bestimmen, untersuchten sie im Mittelmeer lebende Finnwale und Riesenhaie. Die großen Filtrierer nehmen Unmengen Wasser auf, aus dem sie sich ihre Nahrung – Plankton und Kleingetier – herausseihen. Auf diese Weise verschlucken sie mit der Plastiksuppe auch jede Menge kleintieliges Plastik, sowohl direkt als auch über das Zooplankton.

Bei Finnwalen zum Beispiel entspricht ein „Mundvoll“ rund 70.000 Litern Wasser, das sie dann durch ihre Barten wieder herauspressen. Die Beute bleibt an den Barten hängen und wird verschluckt. Bei Riesenhaien dienen Kiemenreusen als Filter.

Klein, aber gefährlich

Plastikpartikel können im Organismus Giftstoffe abgeben. Etwa den Weichmacher Phthalat oder die Chemikalie Bisphenol A, die in den Hormonhaushalt eingreifen und somit schädliche Auswirkungen unter anderem auf die Fortpflanzung haben kann. Zudem agieren die Kunststoffteilchen als Träger für Umweltgifte wie DDT oder PCBs, die sich dort anheften und so in die Organismen gelangen.

Studie Plastikmüll im Meer

Die Forscher untersuchten die Gewebeproben der Tiere auf Phthalate (Kunststoff-Weichmacher) und chlororganische Verbindungen wie DDT und PCBs. Dabei stammten die Proben der Riesenhaie von Beifangopfern in der Fischerei. Während die der Finnwale gestrandeten Tieren entnommen wurden, die man zwischen 2007 und 2012 an unterschiedlichen Orten der italienischen Küste fand.

Plastiksuppe im Mittelmeer

Das Ergebnis der Forscher ist niederschmetternd: Im Mittelmeer bestehe grundsätzlich eine hohe Konzentration an Mikroplastik. Die geschätzte durchschnittliche Menge der Plastiksuppe im Meer im Schutzgebiet des Pelagos Sanctuary entspricht schätzungsweise sogar der des großen Müllstrudels im Nordpazifik!

Filtrierende Organismen sind einer permanenten hohen Belastung gefährlicher Chemikalien durch Mikroplastik ausgesetzt. Eine weitere menschengemachte Gefahr für Meerestiere, die ohnehin schon viel unter dem rücksichtslosen Verhalten der Menschen zu leiden haben.

1 Fossi, M.C., et al., Large filter feeding marine organisms as indicators of microplastic in the pelagic environment: The case studies of the Mediterranean basking shark (Cetorhinus maximus) and fin whale (Balaenoptera physalus), Marine Environmental Research (2014), http://dx.doi.org/10.1016/j.marenvres.2014.02.002


Weiterführende Informationen