Quecksilber in Delfin- und Walfleisch

4 Minuten

In Japan oder auf den Färöer-Inseln (Dänemark) wird immer noch Delfin- und Walfleisch verzehrt. Fleisch und Speck von Beluga- und Narwalen gehört in Kanada und Grönland zum Speiseplan der Inuit. Und das, obwohl kanadische Gesundheitsbehörden bereits 2011 vor Quecksilber im Walfleisch warnen. Denn es löst unter anderem die gefürchtete Minamata-Krankheit aus. Während der Schwangerschaft kann zu viel Quecksilber „schwache intellektuelle Leistungen“ beim Neugeborenen zur Folge haben. Dem vorausgegangen waren umfassende Untersuchungen an Grundschulkindern.

Unkalkulierbare Gesundheitsrisiken

Wissenschaftler der Universität Hokkaido fanden in Walfleisch, das in japanischen Delikatessengeschäften verkauft wurde, Quecksilbermengen, die um das bis zu 1.600-Fache über dem offiziellen Grenzwert lagen. Im Fleisch von Delfinen wurden dabei Werte von bis zu 2 mg/g Quecksilber festgestellt. Das übersteigt den japanischen Grenzwert um das 5.000-fache. Außerdem fanden sie große Mengen von Dimethyl-Quecksilber und Kadmium. Das wiederum sind Auslöser der Minamata und der Itai-Itai-Krankheiten. „Ich habe noch nie zuvor von so stark mit giftigen Chemikalien belasteten Lebensmitteln gehört“, sagte Dr. Tetsuya Endo, Leiter eines der Untersuchungsteams.

Mit Dimethyl-Quecksilber belastetes Delfin- und Walfleisch

Untersucht wurden 15 gekochte Fertiggerichte aus Wal-Lebern und -Nieren. Dabei enthielten die Leberprodukte durchschnittlich 275 ppm (Teile pro Millionen) Quecksilber und 11 ppm Dimethyl-Quecksilber. In den Nieren wurden 35 ppm Quecksilber und 3,15 ppm Dimethyl-Quecksilber gemessen. Obwohl das japanische Gesundheitsministerium Grenzwerte von 0,4 ppm und 0,3 ppm vorschreibt. Eine der untersuchten Lebern war sogar mit 645 ppm Quecksilber belastet. Das ist fast 1.600-mal mehr als der Grenzwert. Auch bei Kadmium wurde der offizielle Grenzwert mit durchschnittlichen Belastungen von bis zu 11,8 ppm weit überschritten.

Schleichende Quecksilbervergiftung

Bisher ist nur wenig über die Gesundheitsgefahren niedriger Quecksilber-Langzeitbelastungen bekannt. Immerhin stellten Wissenschaftler der Universität Odense bei siebenjährigen Kindern auf den Färöer-Inseln typische Symptome einer schleichenden Quecksilbervergiftung fest. Darunter fallen dann Sprach-, Konzentrations- oder Erinnerungsstörungen. Ursache der Schäden war belastete Muttermilch. Die Vergiftungssymptome waren umso ausgeprägter, je mehr Grindwalfleisch die Mütter während der Schwangerschaft konsumiert hatten. 2008 dann empfahl die Gesundheitsbehörde der Färöer-Inseln, auf den Verzehr zu verzichten – leider vergeblich.

Grindwalfleisch von Färöer-Inseln ist stark mit Quecksilber und anderen Umweltgiften belastet.

Wenn es auf den Färöer-Inseln frischen Grindwal gibt, wird nur ein Teil davon sofort zubereitet. Meistens in einem großen Topf, Familie und Freunde essen dann zusammen. Der Großteil jedoch wird gepökelt und getrocknet. Foto: IngBla (licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license)


Minamata: Eine vergessene Umweltkatastrophe

Mitte der 1950er-Jahre häuften sich in der Umgebung der Stadt Minamata und entlang des Yatsushiro-Sees bei Menschen und Tieren Symptome einer zunächst rätselhaften Krankheit. Lähmungen, Psychosen, Schädigungen des Nervensystems, in schweren Fällen Koma. Kinder kamen mit Missbildungen zur Welt. Nicht selten endete die Krankheit tödlich.

Schließlich wurde der Chemiekonzern Chisso als Verursacher entlarvt. Chisso hatte in unverantwortlicher Weise organisches Methylquecksilberiodid ins Meerwasser verklappt. Daraufhin reicherten sich Quecksilber und Quecksilberverbindungen wie das gefährliche Dimethyl-Quecksilber in Algen und in der Folge in Fischen an. Wesentliche Nahrungsgrundlage der Einwohner des Küstenortes Minamata.

Man schätzt, dass etwa 17.000 Menschen geschädigt wurden. Mindestens 3.000 starben. Minamata gilt bis heute als eine der schwersten Umweltkatastrophen durch Quecksilber. Die Nahrung aus dem Meer wurde den Menschen zum Verhängnis.

Titelfoto: Foto: Erik Christensen (licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)


Weiterführende Informationen