Keine neuen Schutzgebiete in der Antarktis

Die 44. Jahrestagung der Antarktis-Kommission CCAMLR endete am 31. Oktober 2025 in Hobart, Australien, nach zweiwöchigen Verhandlungen weitgehend ergebnislos. Seit vielen Jahren ist die CCAMLR blockiert. So konnte man sich erneut nicht auf die von Meeresschützern und Wissenschaftlern dringend geforderte Ausweisung dreier großer Meeresschutzgebiete einigen. Auch bei der umstrittenen Krillfischerei konnte lediglich verhindert werden, dass diese ausgeweitet wird. Dabei steht das Ökosystem des Südpolarmeeres unter immer stärker werdendem Druck. Hauptsächlich durch Folgen des Klimawandels (schmelzende Eisschilde und Gletscher, schrumpfende Meereisflächen) und der industriellen Krillfischerei.

Kernaussagen

  • Die 44. CCAMLR-Jahrestagung konnte sich erneut nicht auf neue Antarktis-Schutzgebiete einigen, trotz zunehmendem Druck auf das Ökosystem des Südpolarmeeres.
  • Vorgeschlagen werden drei große Meeresschutzgebiete: das East Antarctic MPA, das Weddell Sea MPA und das Antarctic Peninsula MPA.
  • Der Antarktische Krill ist eine Schlüsselart in antarktischen Nahrungsnetzen und leidet unter den Auswirkungen der Erderwärmung und der industriellen Fischerei.
  • Die CCAMLR hat 27 Mitglieder, aber Russland und China blockieren seit Jahren wichtige Entscheidungen bezüglich der Schutzgebiete.
  • Die Erhaltung der biologischen Vielfalt im Südpolarmeer steht aufgrund fehlender Einigkeit in der Kommission auf der Kippe.

Drei neue Antarktis-Schutzgebiete?

Karte Antarktis-Schutzgebiet im Ross-Meer und Vorschläge für neue Schutzgebiete.

East Antarctic

Den Vorschlag zur Einrichtung des East Antarctic MPA (EAMPA) gibt es bereits seit 2012. Es beruht auf einem Vorschlag Australiens und würde drei Blöcke entlang der Ostantarktis umfassen. Hier gibt es viele Kaltwasserkorallen. Außerdem sind sie ein wichtiges Nahrungsgebiet für Pinguine.

Weddell Sea

Das 1,8 Millionen Quadratkilometer große Weddell Sea MPA (WSMPA) im Weddellmeer neben der antarktischen Halbinsel. Mit diesem Antarktis-Schutzgebiet wäre das größte zusammenhängende Meeresschutzgebiet entstanden. Etwa sechsmal so groß wie Deutschland.

Das Weddellmeer steht stark unter Druck durch die Auswirkungen der Erderhitzung und der industriellen Fischerei. Große Industrietrawler fangen hier Antarktische Seehechte (Tiefseelangleinenfischerei). Zusätzlich schädigt die Krillfischerei dieses sensible Ökosystem am anderen Ende der Welt.

Antarctic Peninsula

Schließlich gibt es noch den von Argentinien und Chile eingebrachten Vorschlag für das Antarctic Peninsula MPA (D1MPA), westlich der antarktischen Halbinsel. Dieses an die Südspitze von Südamerika grenzende antarktische Gebiet ist besonders anfällig für Tourismusauswirkungen und Fischereiaktivitäten und leidet unter der globalen Erhitzung.

Aktuelle Antarktis-Schutzgebiete

  • Südpolarmeer-Meeresschutzgebiet oder South Orkney Islands Southern Shelf Marine Protected Area (SOISS MPA): Das eine Fläche von ca. 94.000 km² umfassende Hochseegebiet wurde als erstes Antarktis-Schutzgebiet bereits 2009 von der CCAMLR eingerichtet.
  • Das Rossmeer-Meeresschutzgebiet oder Ross Sea region Marine Protected Area (RSr MPA) wurde 2016 eingerichtet. Es ist mit 2,09 Millionen Quadratkilometern Fläche das weltweit größte Meeresschutzgebiet und in drei Zonen mit unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten unterteilt. In der Kernzone ist die kommerzielle Fischerei verboten. Das RSrMPA hat ein Ablaufdatum. Es bleibt bis 2052 in Kraft und kann anschließend bei Bedarf verlängert oder angepasst werden.
  • Das Danger Islands (ASPA Nr. 180) liegt an der Nordostspitze der Antarktischen Halbinsel. Das rund 4,5 km2 große Archipel besteht aus sieben Inseln. Es wurde 2024 auf Initiative von Deutschland und den USA als Antarctic Specially Protected Area (ASPA) ausgewiesen. Primär dient es dem Schutz der dort lebenden Adeliepinguine und anderer Vogelarten. Von den zehn auf den Danger Islands nachgewiesenen nistenden Brutvogelarten ist der Adeliepinguin die weitaus häufigste Art. Nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) sind die Danger Islands die Heimat der weltweit größten lokalen Brutpopulation dieser Pinguine. Im Südsommer 2023/2024 nisteten hier etwa 1,14 Mio. Paare. Deutschland obliegt auch die Verantwortung für das Management dieses Schutzgebietes.
Pinguin läuft von Eisscholle und springt ins Wasser.
© John Weller

Antarktischer Krill: Schlüsselart antarktischer Nahrungsnetze

Die kleinen Krebse (Leuchtgarnelen) gehören zum Zooplankton und sind eine der Schlüsselarten der antarktischen Nahrungsnetze. Sie sind ein Bindeglied zwischen Primärproduzenten wie Algen und höheren Konsumenten. Krilljäger wie Wale, Pinguine, Fische und Robben verlieren ohne ausreichend große Krillschwärme einen wesentlichen Teil ihrer Nahrungsgrundlage. Im Südlichen Ozean existieren allerdings noch andere Zooplanktongemeinschaften. Hier dominieren Flohkrebse, Salpen oder der Antarktische Silberfisch als Schlüsselarten.

Krill wird zu Fischöl für Aquakulturen und Tierfutter verarbeitet. Von 2007 bis 2022 wuchs die Krillfischerei laut einer Statistik der CCAMLR von knapp 105.000 Tonnen auf mehr als 415.000 Tonnen. Hauptsächlich, weil größere und modernere Fischkutter eingesetzt werden.

Ein Meerestier der Superlative

Antarktischer Krill (Euphausia superba) kommt nur im Südlichen Ozean vor. Die Art zählt zu den vielen in der Antarktis endemischen Arten. Krillkrebse gehören zu den Leuchtgarnelen. Mit einer Länge von bis zu sechs Zentimetern ist der Antarktische Krill nicht nur eine der größten Schwimmgarnelen des Südpolarmeers. Er kann zudem bis zu elf Jahre alt werden. Antarktischer Krill bildet die größte bekannte tierische Biomasse. Sein zirkumpolares Vorkommen wird – ohne Larven – auf 133 Millionen Tonnen geschätzt. Mehr Gesamtgewicht bringt nur noch der Mensch auf die Waage.1

Der Fortpflanzungszyklus des Antarktischen Krills ist eng an das Vorhandensein von Meereis geknüpft. Schwindet das Meereis, verschwindet der Krill. Weniger Krill bedeutet schrumpfende Bestände der von ihm abhängigen Prädatoren und für die Krillfischerei.


Was ist die CCAMLR?

Die „Kommission für die Erhaltung der lebenden Ressourcen der Antarktis“ (Commission for the Conservation of Antarctic Marine Living Resources/CCAMLR) wurde als Teil des Antarktis-Vertragssystems2 gegründet, um die biologische Vielfalt des Südpolarmeeres zu erhalten. Die Gründung erfolgte als Reaktion auf das zunehmende kommerzielle Interesse am antarktischen Krill und anderer Meeresressourcen der Antarktis. Beim Schutz antarktischer Meeresökosysteme verfolgt die Kommission einen ökosystembasierten Managementansatz. Nutzungen von Meeresressourcen sollen nachhaltig erfolgen und Auswirkungen der Fischerei auf andere Bestandteile des Ökosystems berücksichtigen.

Die CCAMLR besteht seit 1982 und hat 27 Mitglieder, darunter die EU, sowie zehn Staaten mit beratender Funktion. Entscheidungen müssen einstimmig getroffen werden. Russland und China blockieren seit Jahren die Einrichtung neuer Antarktis-Schutzgebiete oder weitergehende Beschränkungen für die Krillfischerei. Die Kommission ist im Stillstand.

  1. WOR 6 Arktis und Antarktis – extrem, klimarelevant, gefährdet | 2019 ↩︎
  2. Das Antarktis-Vertragssystem ↩︎

Titelfoto: © John Weller

Update: überarbeiteter und mit neuem Datum veröffentlichter Beitrag


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