Keine Tiefseefischerei in neuem Meeresschutzgebiet

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Zum Welttag der Meere 2022 erklärte die kanadische Regierung das rund 44.000 km2 große „Eastern Canyons Marine Refuge“ vor der Küste der kanadischen Provinz Neuschottland zum Meeresschutzgebiet. Damit sind artenreiche Tiefsee-Lebensräume vor schädlichen Auswirkungen der Tiefseefischerei, insbesondere der Grundschleppnetzfischerei, geschützt. In dem fischreichen Gebiet gibt es die größten bekannten Kaltwasserkorallenriffe vor der Atlantikküste Kanadas, Tiefseeschwämme und viele Delfine. „Man kann es sich wie einen alten Wald im Meer vorstellen“, sagte Kristian Curran von der Abteilung für Fischerei und Ozeane (Department of Fisheries and Oceans/DFO) gegenüber CBS News.

Verbot für bodenberührende Tiefseefischerei

Das „Eastern Canyons Marine Refuge“ liegt vor Sable Island und reicht bis zur ausschließlichen Wirtschaftszone Kanadas (AWZ, Seegebiete des Küstenmeeres bis zur 200-Seemeilen-Grenze). Es grenzt an das „Gully Marine Protected Area“. Dieses war das Erste seiner Art vor der kanadischen Atlantikküste. In dem neuen Meeresschutzgebiet sind alle Fischereien, bei denen der Meeresboden berührt wird (Tiefseefischerei) , verboten. Darunter fallen Grundschleppnetze, Reusen, Fangkörbe und Langleinen.

Kleine Fischereizone

Lediglich auf etwa 0,2 Prozent Fläche gibt es noch eine Fischereizone für kleinere Fischkutter, die Langleinen einsetzen. Bei Fangfahrten müssen jedoch DFO-Fischereibeobachter an Bord sein. Damit verliert die Tiefseefischerei in dieser Region einen durchschnittlichen Anlandewert von 700.000 US-Dollar berichtet, CBS News. Bezogen auf das Fischerei-Managementgebiet „Eastern Scotian Shelf“ sind das etwa fünf Prozent des hier insgesamt in einem Jahr erwirtschafteten Anlandewerts.

Fischereiorganisationen nur mäßig begeistert

Pinke Kaltwasserkoralle in der Tiefsee. Auch sie sind vom neuen Meeresschutzgebiet vor Nova Scotia vor den Gefahren der Tiefseefischerei geschützt.
Kaltwasserkorallen wachsen extrem langsam. © ROV-Team, GEOMAR (CC BY 4.0)

Obwohl die Verhandlungen über die Einrichtung des „Eastern Canyons Marine Refuge“ unter Beteiligung aller Betroffenen seitens der Fischereiindustrie, indigener und lokaler Gemeinschaften einvernehmlich getroffen wurde, sind Vertreter von Fischereiorganisationen unzufrieden. Sie stört insbesondere das Verbot des Einsatzes von Langleinen zum Fang von Heilbutt. Denn ihrer Meinung nach richtet die Tiefseefischerei mit Langleinen kaum Zerstörungen an.

Gemeinsam mit anderen Meeresschutzorganisationen begrüßen wir das neue Meeresschutzgebiet vor Nova Scotia einhellig. Denn damit entsteht ein Biodiversitätsreservoir zur Erholung aller von Fischerei, insbesondere der Tiefseefischerei betroffener Arten und Lebensräume. Dies bietet auch neue Perspektiven für die Fischerei. Anerkanntermaßen profitieren an gut geschützte und überwachte Meeresschutzgebiete angrenzende Meeresregionen vom sogenannten „Spillover-Effekt“. Denn die regenerierte Artenvielfalt breitet sich mit der Zeit weit über das geschützte Gebiet hinaus aus.

Kanada übertrifft UN-Nachhaltigkeitsziel 14

Die Einrichtung des „Eastern Canyons Marine Refuge“ ist Teil der Verpflichtung der Kanadas, bis 2025 25 Prozent seiner Küstengewässer und bis 2030 30 Prozent unter Schutz zu stellen. Kanada hatte 2020 immerhin bereits 14 Prozent seiner Küstengewässer gegen heftigen Widerstände der Fischerei- und Tiefseebergbauindustrie unter wirkungsvollen Schutz gestellt.

UN-Nachhaltigkeitsziel 14 Leben unter Wasser.

Laut des UN-Nachhaltigkeitsziels 14 – Unterziel 14.5 – sollten weltweit bis 2020 mindestens 10 Prozent der Meeresflächen unter Schutz stehen. Dieses Ziel wurde mit rund 7 % klar verfehlt. Zudem handelt es sich bei vielen der Gebiete um wirkungslose „Paper Parks“, wie z. B. in den deutschen Küstenmeeren.

Titelfoto: Tiefsee-Oktopus © DSCC


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