Delfine im Miami Seaquarium

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Zu wenig Futter, vergammelter Futterfisch, Verletzungen, schmutziges Wasser: Das sind die Zustände in der Delfinhaltung im Miami Seaquarium, Florida (USA). Die für Tier- und Pflanzenschutzkontrolle zuständige APHIS-Behörde des US-amerikanischen Landwirtschaftsministeriums veröffentlichte jetzt die Ergebnisse einer von ihr durchgeführten Untersuchung.

Miami Seaquarium: Delfine vernachlässigt und misshandelt

Vergammelter Fisch

Insbesondere der einzige Orca Tokitae (auch als Lolita bekannt) leidet unter den Haltungsbedingungen in dem Delfinarium. Das 56 Jahre alte Weibchen erhält entgegen Tierarztempfehlung zu wenig Futter. Tokitae sowie die anderen im Miami Seaquarium lebenden Delfine und Robben bekamen tagelang vergammelten Fisch „serviert“. Und Tokitae muss trotz einer Kieferverletzung täglich Shows und Kunststückchen absolvieren.

Orca Hugo im Miami Seaquarium Delfinarium

1973: Tokitae oder Hugo im Miami Seaquarium Delfinarium – Foto: NOAA

Kranke Tiere

Dem Bericht zufolge verweigerten manche der Meeressäuger das verdorbene Futter. Andere wiesen Anomalien im Kot auf. Tokitaes Blut enthielt erhöhte Entzündungswerte. Ein weiterer Delfin wurde gleich mit Antibiotika versorgt, um weitere durch den schlechten Fisch hervorgerufene Krankheiten zu verhindern. „Fisch von schlechter Qualität oder teilzersetzter Fisch schadet der Gesundheit der Tiere und kann zu Krankheit, Immunschwäche und sogar zum Tod führen. Das Futter für Meeressäuger muss gesund, frei von Verunreinigungen, ausreichend und von gutem Nährwert sein, um Meeressäuger in einem guten Gesundheitszustand zu erhalten,“ heißt es im APHIS-Bericht.

Orca-Show im Miami Seaquarium

So sieht das „Leben“ von Tokitae und den anderen Meeressäugern im Miami Seaquarium aus – © FrodeCJ/pixabay

Weitere Mängel

Zudem bekommt Tokitae durch die geringe Futtergabe zu wenig Flüssigkeit. Denn Meeressäuger trinken ja nicht, sondern nehmen Wasser über die Nahrung auf. Beanstandet wurde unter anderem auch die Qualität des Poolwassers, das etliche Parasiten enthielt. Außerdem fehlt bei vielen der Meeressäugerbecken des Miami Seaquarium ein Sonnenschutz.

Delfin-Elend im Miami Seaquarium

So sieht das entsetzliche „Leben“ von Tokitae und den anderen Meeressäugern im Miami Seaquarium aus. Doch „Leben“ kann man dies ohnehin nicht nennen, was der vor mehr als 50 (!) Jahren in die Fänge der Delfinariumsbetreiber geratene Schwertwal in dem Delfinarium durchmacht. 1970 wurde Tokitae als Jungtier im Alter von wahrscheinlich erst 4 Jahren an der Westküste des amerikanischen Kontinents brutal von seiner Familie getrennt und gefangen. Er war ein Familienmitglied der sogenannten „Southern Resident“-Orcas, einer vor Westkanada lebenden Orcapopulation, die heute stark gefährdet ist.

Orca mit springendem Baby

Ein artgerechtes Leben in Freiheit war Tokitae nicht gegönnt – Foto: skeeze/Pixabay

Orca-Suizid?

Anstatt mit seiner Familie umherzuziehen, den eigenen Orca-Dialekt zu erlernen, auf Lachsfang zu gehen, einen passenden Mann zu finden und Nachwuchs zu bekommen, vegetiert Tokitae im angeblich kleinsten Becken der USA dahin. Bis 1980 gab es hier noch den Schwertwal Hugo. Der aber starb, weil er seinen Kopf immer und immer wieder gegen die Wand des Betonbeckens rammte. Manchmal dürfen nun andere Delfine als Gesellschaft zu Tokitae.

Miami Seaquarium in den Schlagzeilen

Das 1955 gegründete Miami Seaquarium ist eines der ältesten Anlagen der USA. Neben Tokitae leben dort Große Tümmler, Weißstreifendelfine, Seelöwen, Seehunde und Manatis. Immer wieder gerät das Delfinarien wegen seiner schlechten Haltungsbedingungen in die Schlagzeilen. Erst 2019/2020 starben innerhalb eines Jahres 5 Große Tümmler und 1 Seelöwe unter ungeklärten Umständen.


Artgerechte Haltung von Walen und Delfinen in Delfinarien gibt es nicht

Unsere langjährigen Partner vom International Marine Mammal Program des amerikanischen Earth Island Institute (EII) kämpfen seit Jahrzehnten gegen die Gefangenschaftshaltung von Walen und Delfinen. Zudem setzen sie sich für eine Umsiedlung in abgetrennte Meeresbereiche und, falls möglich, Wiederauswilderung sein. So war das EII maßgeblich an der der Befreiung des zur Berühmtheit gelangten Orcas Keiko (des Stars aus dem Kinofilm „Free Willy“) beteiligt.

Keiko im Freigehege nach seiner Befreiung aus der Delfinhaltung

Keiko nach seiner Auswilderung im Freigehege – Foto: EII

Dass EII drängt auf weitere Untersuchungen im Miami Seaquarium  und anderen US-Delfinarien. Ob sich in Miami jetzt allerdings etwas bessert, darf man bezweifeln. Mark Palmer, Meeressäugerspezialist vom EII, glaubt nicht, dass die APHIS-Behörde hier hart durchgreifen und die Betreiber des Delfinariums zur Verantwortung ziehen wird. Dagegen sprächen auch die bisherigen Defizite im Vollzug der Behörde: „Eine für humane Behandlung und Gesundheit von Nutztierhaltung und die Tötung von Raubtieren zum Schutz von Nutztieren zuständige Behörde eignet sich kaum dafür, sich mit Meeressäugern in Gefangenschaft zu befassen,“ erklärt Palmer.

Falsche Versprechen im Miami Seaquarium

Als Naturschutz und Aufklärung verbrämte Delfinhaltung soll Zuschauer anlocken und ihnen Sinnhaftigkeit vorgaukeln, wo es doch nur ums Geld geht. So versichert auch das Miami Seaquarium seinen Besuchern: „ … conservation and education go hand in hand“.

Fakt ist jedoch, dass die in Delfinarien gehaltenen Arten generell NICHT vom Aussterben bedroht sind! Und dass die Gefangenschaftshaltung den frei lebenden Verwandten NICHT im Geringsten hilft! Das, was man Delfinen in menschlicher Obhut beibringt, hat absolut NICHTS mit natürlichen Verhaltensweisen zu tun. Im Gegenteil: Das, was Besucher dort sehen, verleitet sie oft zu falschem Verhalten bei Begegnungen mit Delfinen in freier Wildbahn. Gerade in den USA gibt es immer wieder Probleme: So werden wilde Delfine gefüttert und angefasst. Deutliche Zeichen der Aggression werden fälschlich als Spielverhalten interpretiert.

Zum Clown degradiert

Was soll man auch lernen, wenn diese intelligenten und in komplexen Sozialverbänden lebenden Tiere den Menschen als Clowns und Unterhaltungskünstler vorgeführt werden?

Delfinshows haben nichts mit natürlichen Verhaltensweisen der Meeressäuger zu tun – Foto: matmoe/Pixabay

Orca-Show im Delfiarium wie man sie auch im Miami Seaquarium sehen kann

Was kann man tun?

Besuche von Delfinarien oder Aquarien mit Delfinhaltung fördern das Fortbestehen solcher Einrichtungen. Deshalb: Verzichten Sie auf Besuche von Delfinarien!

Free Lolita

Wir unterstützen Free Lolita. Engagieren auch Sie sich für die Umsiedlung von Lolita in ein Meeresgehege. Meeresbiologe Ken Balcomb hat bereits einen umfassenden Plan erstellt, um Lolita endlich einen schönen Lebensabend zu ermöglichen.

Titelfoto: Orca in Gefangenschaft, Jacqueline Schmid/Pixabay