Walfang

Warum gibt es in unserer modernen Welt überhaupt noch kommerziellen Walfang? Es ist unbegreiflich. Wir wissen heute so viel mehr über diese Meeressäugetiere als zu Zeiten der hemmungslosen Jagd, über ihr Leben, über ihre Rolle im Ökosystem – und dennoch setzen sich Norwegen, Island und Japan über das von vielen ehemaligen Walfangnationen akzeptierte Walfangmoratorium hinweg. Das sind wohlhabende Länder des Westens mit einem hohen Lebensstandard. Niemand ist dort noch auf Walfleisch als Nahrungsquelle angewiesen. Im Gegenteil, oftmals gibt es Absatzschwierigkeiten und der Verkauf und/oder Verzehr von Walfleisch werden mit Subventionen und Werbeaktionen angekurbelt. Es ist absurd!

Schätzungen zufolge kostete der kommerzielle Walfang allein im 20. Jahrhundert rund 2,9 Millionen Walen das Leben!1

Walfangverbot – Walfangmoratorium

Buckelwale
Buckelwale waren einst fast ausgerottet. Dank des Walfangmoratoriums haben sie sich so gut erholt, dass sie nicht mehr als gefährdet gelten. © François Baelen/Ocean Image Bank

Das von der Internationalen Walfangkommission (IWC/International Whaling Commission) 1982 vereinbarte Moratorium des kommerziellen Walfangs ist seit 1986 in Kraft. Es gilt für alle Großwale.

Für wenige Arten gab es bereits vorher ein Fangverbot, weil ihre Bestände nahezu ausgelöscht waren. So etwa für Blau- und Buckelwale, die seit 1966 nicht mehr gejagt werden durften.

Einige Arten haben sich seitdem wieder erholt, wie der Buckelwal oder die Grauwale des östlichen Nordpazifik. Andere stehen nach wie vor auf der Roten Liste der gefährdeten Arten der Weltnaturschutzunion IUCN, wie der vom Aussterben bedrohte Atlantische Nordkaper.

Die Internationale Walfangkommission IWC

Ursprüngliches Ziel der 1946 von 14 Staaten gegründeten IWC war der Erhalt der Walbestände zur Bewirtschaftung mittels Jagd. Im Jahr 2025 sind der IWC 88 Länder angeschlossen. Sie tagt alle zwei Jahre.

Heute spielt angesichts wachsender vielfältiger Gefahren für Meeressäuger auch der Schutzgedanke eine wichtige Rolle, und zwar nicht nur für Großwale, sondern auch für Delfine und andere Kleinwale.

Walfang historisch

Die ersten Wale wurden bereits im 11. Jahrhundert bejagt. Und zwar zunächst von den Basken. Sie hatten es auf die küstennah und langsam schwimmenden Atlantischen Nordkaper abgesehen.

Nordkaper, Mutter und Jungtier
Eine Walmutter mit ihrem Nachwuchs. Es sind Atlantische Nordkaper, die Art ist vom Aussterben bedroht. Foto: NOAA

Das Fleisch der Wale diente als Nahrung, aus ihrer dicken Fettschicht gewann man Öl zur Befeuerung von Lampen und zum Schmieren von Maschinen. In der Mode kamen ihre Barten (Fischbein) für Korsettstangen und Reifröcke zum Einsatz. Das Ambra aus dem Verdauungstrakt des Pottwals fand in der Parfümindustrie und Medizin Verwendung. Den Walrat, eine wachsartige Substanz aus dem Spermaceti-Organ im Kopf des Pottwals, nutzte man hauptsächlich in der Pharmazie und Kosmetik.

Walfang ist grausam – auch heute noch. Früher, beim Küstenwalfang, verfolgte man die großen Meeressäuger mit kleineren Booten und erlegte sie mit Handharpunen. Das änderte sich in den 1860er-Jahren, als der norwegische Walfänger Svend Foyn die Harpunenkanone mit Sprengkopf erfand und man später mit größeren Schiffen auch aufs offene Meer hinausfahren konnte. So oder so – man fügt den Tieren unermessliches Leid zu. Auch heute noch sterben viele nach einer mitunter stundenlangen Jagd in einem grausamen Todeskampf.

Walfang heute

Die IWC unterscheidet drei Arten des Walfangs: kommerzieller, Subsistenz-Walfang und wissenschaftlicher Walfang. Die ersten beiden Formen sind quotengeregelt, der Letztgenannte bedarf einer speziellen Genehmigung.

Kommerziellen Walfang betreiben Norwegen, Island und Japan. Von 1986 bis 2023 starben durch Walfänger aus diesen Ländern gemäß Zahlen der IWC mehr als 41.000 Wale. Rechnet man die nicht kommerziellen und illegalen Fänge hinzu, summiert es sich sogar auf mehr als 58.000 tote Wale!

Norwegen

Norwegen hat das Moratorium nie anerkannt und vergibt eigenmächtig Quoten. Jedes Jahr sterben deshalb Hunderte Zwergwale – die einzige von norwegischen Walfängern bejagte Art.

Wurst aus Walfleisch
Wurst aus Walfleisch findet sich in Norwegen in Supermärkten. © Andrea Steffen

2024 wurden 415 Zwergwale aus der Quote von 1.157 Tieren getötet. 11 Walfangschiffe waren im Einsatz. Für 2025 erhöhte man die Fangquote um 249 auf 1.406 Wale, obwohl die Nachfrage nach Walfleisch im Land sinkt. Das Fischerei- und Ozeanministerium begründete die Erhöhung mit nicht genutzten Quoten aus dem Vorjahr.

Anfang 2025 wurde bekannt, dass schwedische Zollbehörden bereits 2022 rund 36 t Zwergwalfleisch in Hundefutter entdeckt hatten. In Containern verpackt war es auf dem Weg von Norwegen nach Finnland und speziell für Schlittenhunde bestimmt: ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES). Denn unter ihm sind alle großen Walarten geschützt, d. h. der internationale Handel mit Walen, Walfleisch und sonstigen Walprodukten ist verboten.

Island

Island jagte zunächst trotz des Walfangmoratoriums weiterhin Wale, und zwar – wie bis vor Kurzem auch Japan – unter dem Deckmantel der Wissenschaft. 1992 verließ das nur knapp 400.000 Einwohner zählende Land dann die Internationale Walfangkommission (IWC). 2003 trat man erneut bei, verweigerte jedoch die Anerkennung des Walfangmoratoriums.

Isländisches Walfangschiff Hvalur 8
Walfangschiff Hvalur 8 des gleichnamigen isländischen Unternehmens von Kristján Loftsson. © Sven Koschinski

In Island wurden zunächst Finn- und Zwergwale bejagt, bis eine der beiden Walfangfirmen 2018 den Zwergwalfang aus wirtschaftlichen Gründen einstellte. Der andere Walfänger, Kristján Loftsson mit seinem Unternehmen Hvalur hf, jagt weiterhin Finnwale, wenngleich die Tiere von 2019 bis 2021 wegen fehlender wirtschaftlicher Perspektiven verschont blieben.

Im Jahr 2022 erlegten Loftssons Walfänger 148 Finnwale. 2023 musste Hvalur die Jagd nach rund 3 Wochen wegen Tierschutzverstößen vorübergehend einstellen. 2024 erteilte die Regierung eine Quote von 128 Finnwalen, allerdings so spät im Jahr, dass sich ein Auslaufen für die Walfänger nicht mehr lohnte.

Eigentlich sollte es in Island ab 2024 keinen kommerziellen Walfang mehr geben. Das hatte die damalige isländische Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Fischerei Svandís Svavarsdóttir Anfang 2022 verkündet.

Doch die politischen Konstellationen veränderten sich und führten dazu, dass Island 2024 erneut Walfanglizenzen vergab, und zwar für Finn- und nun auch wieder für Zwergwale. Und das, obwohl sich mehr als die Hälfte der isländischen Bevölkerung gegen den Walfang ausspricht.

Bis 2029 bestehen jetzt jährliche Walfangquoten für 209 Finnwale und 217 Zwergwale. Die Lizenzen erhielten der 81-jährige Kristján Loftsson und sein Unternehmen Hvalur hf. sowie die Firma Tjaldtangi ehf.

Japan

Bis 2019 agierte Japan als Mitglied der IWC unter dem Deckmantel der Wissenschaft. Das Walfleisch landete allerdings regelmäßig in japanischen Supermärkten. 2019 verließ Japan die IWC, um fortan kommerziellen Walfang zu betreiben.

Seiwale, Mutter und Kind
Eine Seiwal-Mutter mit ihrem Jungtier. Die Art gilt als gefährdet, wird aber dennoch von japanischen Walfängern gejagt. Foto: Christin Khan/NOAA

Überleben kann der japanische Walfang nur noch dank Subventionen. 2024 stellte die Regierung laut Japan News dafür umgerechnet rund 30 Millionen Euro zur Verfügung. Damit wollte man den Verkauf von Walfleisch ankurbeln. Bereits im Jahr davor hatte man begonnen, Walfleisch in Warenautomaten zu verkaufen! Und in Schulen sollen Kinder Walfleisch als Mittagstisch bekommen!

Auf Japans Abschussliste stehen Bryde-, Sei- und Zwergwale und seit 2024 auch Finnwale.

2024 wurden 179 Brydewale, 87 Zwergwale, 30 Finnwale und 25 Seiwale getötet. Im Jahr 2025 dürfen japanische Walfänger 144 Zwergwale, 153 Brydewale, 56 Seiwale und 60 Finnwale erlegen.

Subsistenz-Walfang

Im Rahmen des traditionellen Walfangs erhalten indigene Völker in Dänemark (Grönland), Russland (Tschukotka), im Karibikstaat St. Vincent und Grenadinen sowie in den USA (Alaska und Washington State) alle sechs Jahre neu festzulegende Fangquoten für bestimmte Walarten zur Eigenversorgung. Sie erlegen– je nach Region – Grau-, Buckel-, Zwerg-, Finn- und Grönlandwale.

Rettet die Wale

„Es ist absolut unbegreiflich, dass man auch heute noch kommerziellen Walfang betreibt. Walfang ist grausam und sinnlos und muss endlich gestoppt werden!“, fordert Ulrich Karlowski, Biologe der Deutschen Stiftung Meeresschutz.

Wie fast alle der marinen Megafauna angehörenden Meerestiere sind Wale vielen Gefahren ausgesetzt: Beifang in Fischereigerät, Schiffskollisionen, Meeresverschmutzung mit Plastik und Giftstoffen, Lärmverschmutzung, Überfischung, Lebensraumzerstörung, Übertourismus und Folgen der Klimakrise.

Großwale spielen eine entscheidende ökologische Rolle. Und sie leisten sogar einen Beitrag zum Klimaschutz. Denn sie sind nicht nur langlebige, gigantische Kohlenstoffspeicher, wie der Wissenschaftler Michael Dähne vom Deutschen Meeresmuseum Stralsund betont. Zusätzlich kann ihr Kot in der lichtdurchfluteten Schicht der Wassersäule wie ein natürlicher Dünger für das Phytoplankton wirken. Damit helfen Großwale indirekt bei der Versorgung der Erde mit lebensnotwendigem Sauerstoff, denn das Phytoplankton der Ozeane ist mit weitem Abstand unsere bedeutendste Sauerstoffquelle.

Mit Projekten zum Schutz von Lebensräumen, zur Einrichtung von Schutzgebieten, Regulierung der Fischerei und nachhaltigem Whalewatching sowie mit der Unterstützung von Aktivitäten gegen den Walfang setzen wir uns für das langfristige Überleben der friedlichen Ozeanriesen ein.

  1. Emptying the Oceans: A Summary of Industrial Whaling Catches in the 20th Century , Robert C. Rocha, Jr., Phillip J. Clapham, and Yulia V. Ivashchenko ↩︎

Titelfoto: Das japanische Walfangschiff Nisshin Maru, Australian Customs and Border Protection Service

Autorin: Ulrike Kirsch im März 2025


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